Was wir glauben, prägt unsere Sicht auf die Welt mehr als alles andere. Damit meine ich nicht nur welcher Religion, Glaubensgemeinschaft, welchem Guru oder welchen Verschwörungstheorien man glauben schenkt, sondern welche Sätze man sich selbst immer wieder im Unterbewusstsein sagt.

 Persönliche Weiterentwicklung

In der christlichen Subkultur ist Glaube ja ein Hauptthema und man beschäftigt sich intensiv damit. Doch dem Thema persönliche Glaubenssätze begegnete ich zum ersten Mal während meiner Ausbildungen zur Psychologischen Beraterin vor ca. 6 Jahren.
Ich war überrascht, dass ich mir darüber noch nie zuvor Gedanken gemacht hatte. Ich dachte irgendwie, dass alles andere nicht relevant ist, wenn ich an Jesus glaube. Die persönliche Weiterentwicklung wird unter Christen sowieso sehr flach gehalten, weil der Fokus hauptsächlich auf Jesus, dem geistlichen Leben und dann vielleicht noch den Nöten der Nächsten ist. Aber wenn ich mich selbst nicht achte, nicht liebe, mich mir nicht zuwende, wie kann ich dann zu einem gesunden, selbstbewussten Erwachsenen werden? Wie kann man andere lieben und wie kann man letztendlich stark für Gott sein, wenn man im seinem innersten Kern an sich selbst zweifelt?

In letzter Zeit habe ich meine eigene, Innere Kind Heilung erneut und ganz intensiv aufgenommen und bin wieder auf das Thema Glaubenssätze gekommen. Was glaube ich eigentlich über mich und über die Welt? Welche negativen Glaubenssätze lähmen mich in meiner persönlichen Weiterentwicklung? Welche halten auch meine Beziehungen (zu Familie, Freunden, Gott, mir selbst) auf?

 Aber wie entstehen Glaubenssätze?

Glaubenssätze entstehen meist im Laufe der Kindheit. Wenn uns etwas widerfährt, was uns tief erschüttert und in unserer Weltsicht keinen Sinn ergibt oder wir uns hilflos einer Situation, einem Verhalten oder Gefahr von Außen gegenübergestellt finden, suchen wir zum Schutz eine Erklärung dafür, um vermeintlich die Kontrolle darüber zu bekommen. Denn wenn etwas für uns begreifbar wird, ist es viel weniger bedrohlich.
Doch dieser Schutz kann auch zu einem Gefängnis werden, wenn er sehr einengt und sehr häufig wieder hervorgeholt wird. Dafür muss das initiale Ereignis nicht auf die gleiche Weise stattfinden, es reicht auch unsere persönliche Interpretation um den entstandenen Glaubenssatz tief in unserem Inneren zu verankern.

 „Ich glaube, dass ich eine Last bin.“

Um das greifbarer zu machen, teile mal ein persönliches Beispiel eines negativen Glaubenssatzes, an dem ich gerade arbeite:
Ich glaube, dass ich eine Last bin. Das kann ich heute auf meine Kindheit zurückführen, in der meine Mutter viele Jahre unter einer unbehandelten Depression litt und es sehr schwer hatte. Weil ich als Kind natürlich nichts von psychischen Erkrankungen verstand, habe ich es auf mich bezogen: „Meine Mami möchte nicht aus dem Bett, weil ich ihr eine Last bin. Meine Mami hat keine Kraft zu kochen oder geschweige denn mit mir zu spielen, weil ich so anstrengend bin und meine Bedürfnisse zu viel sind. Sie hat es so schwer beim Putzen, weil ich alles so schmutzig mache.“

Ich versuchte mich immer unsichtbarer, unhörbarer und unproblematischer zu machen. War extrem ruhig und unauffällig. Doch das weitete sich auf mein gesamtes Leben aus. Ich wollte niemanden stören, deshalb meldete ich mich selten bei Freunden, mir fielen Arztbesuche schwer, weil ich meine Probleme mied und mich unwohl fühlte, wenn sich jemand mir widmete. Ich versuchte es immer allen recht zu machen, mich überall anzupassen und keine Probleme zu machen.
Dadurch konnte mein ursprüngliches Wesen, mein wildes, freies, lebendiges Herz sich nur unfassbar schwer entfalten. Bis heute gibt es nicht viele Menschen, die mich wirklich kennen, so wie ich bin. Meine kindliche Leichtigkeit ist sehr früh einer Ernsthaftigkeit und Zurückhaltung gewichen, um nicht zu stören. Um keine Last zu sein. Leise sein wurde zum Überlebensmechanismus.
Ich hasste es aber still zu sein. Ich fühlte mich wie ein Vogel in einem zu kleinen Käfig, aber hatte auch unfassbare Angst davor, was passiert, wenn ich ausbreche. Das habe ich bis heute noch. Viele nannten mich nur die Stille Claire und mein ursprünglicher Schutz wurde oft zum Problem in dieser extrovertierten, lauten Welt.

Die Glaubenssätze mit Wahrheiten ersetzen

Wie ich aktuelle daran arbeite, ist, die Glaubenssätze mit Wahrheiten direkt von Gott zu ersetzen. Für Gott war und bin ich nie eine Last. Im Gegenteil:  

Der Herr, dein starker Gott, der Retter, ist bei dir. Begeistert freut er sich an dir. Vor Liebe ist er sprachlos ergriffen und jauchzt doch mit lauten Jubelrufen über dich.Zefanja 3, 17

Diese Sätze wiederhole ich in Meditationen und lasse sie einwirken. Es dauert, es braucht Geduld, aber es lohnt sich so sehr.
Ich frage Gott, wo er in schmerzhaften Momenten meiner Kindheit war und lasse mich von ihm zurückbringen, um zu spüren, wie ich in dem Moment von ihm gehalten bin. Manchmal schaue ich mir alte Kinderbilder von mir an, weine über sie und umarme mein jüngeres Ich in Gedanken und sage ihr alles, was ich jetzt als Erwachsene verstehe: Dass es nicht ihre Schuld ist, dass Mama nicht mehr kann. Dass Mama sie trotzdem liebt und sie eine Freude ist. Dass sie so sein darf, wie sie ist und sich nicht verstecken muss, sie ist nicht verantwortlich für das Wohlergehen ihrer Mutter. Sie darf Kind sein. Wild, frei, lebendig, laut, anstrengend, geliebt, geschätzt, gehört, respektiert, gesehen, gehalten und getröstet. So lösen sich die negativen Glaubenssätze nach und nach ganz sanft auf und es bleibt ein starkes Selbst, getragen von der Liebe und Wiederherstellung Gottes.
 

Fragen:

  • Welche Glaubenssätze kannst du hinter deinem Verhalten identifizieren?
  • Wie könnten sie entstanden sein?
  • Welche Wahrheiten Gottes, Erkenntnisse, Erfahrungen sprechen dagegen, dass sie wahr sind?