Die Nacht in der unser Sohn geboren wurde war sehr stürmisch, auch die Geburt war wie ein Sturm in mir. Keiner im Raum konnte fühlen, was ich fühlte, doch alleine war ich nicht. Wir hatten Gottes Gegenwart, den heiligen Geist zu Beginn willkommen geheißen und Raum gegeben, zu wirken. Es war außerdem die längste Nach des Jahres, die Wintersonnenwende.

Was diese Nacht bedeutet, habe ich ein paar Tage nach der Geburt recherchiert, weil mich der Gedanke nicht losgelassen hat, dass es was zu bedeuten hatte. Dass er kurz vor Weihnachten geboren werden sollte wusste ich schon, aber was für eine besondere Bedeutung die Nacht seiner Geburt haben wird war mir nicht klar.

Der errechnete Termin lag bereits 4 Tage zurück, als sein Ankommen sich in den frühen Morgenstunden des 21.12.23 ankündigte. Dieser Tag fühlte sich richtig an, mit wieviel Ruhe ich in die Geburt startete. Alle schliefen noch und ich badete, mit Kerzenlicht und Wärmelampe vor der Wanne, ruhiger Musik. Dieser ruhige Morgen gab mir viele Stunden Kraft bis er kurz nach Mitternacht am 22.12. endlich das Licht der Welt erblickte.

In fast allen Kulturen gibt es schon seit tausenden von Jahren viele Bräuche, Feste und Sagen rund um die Wintersonnenwende. Das es eine besondere, kraftvolle und tiefgreifende Nacht ist, haben alle gemeinsam. Es werden die ab dieser Nacht heller werdenden Tage als Sieg über die Dunkelheit gefeiert – ein Zeichen wieder steigender Hoffnung. Es geht durch die Kulturen und Jahrtausende hinweg außerdem um die Geburt eines Sohnes ihn dieser Zeit, um die Geburt der Sonne aus dem Schoß der Erde. Die Finsternis ist besiegt, die Kraft der Sonne nimmt wieder zu, die Tage werden länger, Hoffnung für die Welt wird geboren. So wurde auch die Geburt Jesu auf diese Zeit des Jahres gelegt, weil die Symbolik seiner Geburt genau dazu passte und dies gibt der Bedeutung seiner Geburt eine ganz besondere Schönheit. Auch wenn der Winter noch lange anhält, wissen wir nun: das Licht und seine Kraft wird stärker und neues Leben wird daraus entstehen, ein neuer Frühling wird folgen. Diese Hoffnung durfte ich auch in dieser ganz besonderen Nacht gebären.

Dieses Jahr war für mich ganz persönlich gezeichnet von viel tiefem Schmerz, der sich an die Oberfläche meines Bewusstseins bahnte. Das brachte viel Leid und Dunkelheit, aber auch immer wieder die Gewissheit, dass es gut so ist, da durch zu gehen. Dass ich loslassen und vertrauen darf. Wie bei der Geburt. Vertrauen und loslassen. Weiteratmen. Mein JA finden. Hindurchgehen statt ausweichen.

Ich kann nicht beschreiben wieso, aber die Geburt meines eigenen Sohnes in der Nacht der Geburt der Sonne und der Hoffnung hat mich ganz tief verändert. Der letzte Schwall kam in dieser nacht raus, ich war eine starke, brüllende Löwin und ich war ein schwaches, ängstliches Kind. Diese Vermeintliche Diskrepanz in mir zu vereinen und willkommen zu heißen war meine Aufgabe in dieser Nacht und ist es noch immer. Nicht mehr entweder oder, sondern sowohl als auch.

Ich darf beides sein, beides darf existieren und ich bin weder nur gut noch nur schlecht. Ich bewerte nicht mehr, sondern nehme einfach wahr, was da ist und schließe es in meine Arme. Meine Liebe und Weichheit zu mir und meinen Mitmenschen ist unfassbar gewachsen. Es ist für mich persönlich so als wäre neues Licht, neue Hoffnung entstanden nach langer Finsternis und Kälte. Etwas in mir ist entfacht, ein Feuer das nicht zerstört, sondern wärmt, heilt und reinigt. Ich habe ein tiefes unerschütterliches Ja. Ich weiß ohne Zweifel, dass die Geburt meines Sohnes ein Geschenk von unschätzbarem Wert war und dass sich die Nachwirkungen dieser besonderen Nacht immer deutlicher zeigen.

Ich sehe meine Stärke, meine Fähigkeit Grenzen zu setzen und für mir einzustehen, statt es allen Recht zu machen. Ich bin gnädiger mit mir, mit Sascha, mit meinen Töchtern. Mein Herz hat sich erweitert, ist stärker und gleichzeitig weicher geworden. Ich sehe Dinge klarer als zuvor. Zum Beispiel: etwas was Sascha letztens gesagt hat, hätte mich sonst zur Weißglut gebracht doch ich sah in dem Moment sein verletztes Kind, seine Unreife anders reagieren zu können. Und plötzlich sah ich vor mir zwei Wege, wie ich reagieren könnte. Ich schaffte es innezuhalten und wahrzunehmen, was die Liebe machen würde. Und ich konnte mich bewusst für die Liebe Entscheiden.

Meine Gefühle überwältigen mich jetzt nicht mehr so schnell. Ich habe schon alles gespürt in den letzten Tagen, doch es darf weiterziehen, so wie das Wetter. Mal stürmisch, mal grau und düster, mal sonnig und warm, mal kalt und still. Es darf sein, so wie auch draußen jedes Wetter sein darf. Ich gebe allem was in mir aufkommt aus tiefstem Herzen mein „Ja!“

Im zweiten Teil reflektiere und beschreibe ich mehr Details zur Geburt. Es ist ein positiver und ehrlicher Bericht, es geht auch um Schmerzen aber hauptsächlich ums Überwinden und um die Stärke darin. Dieser Text wird nächste Woche kommen.