Hallo, „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne!“ – so heißt ein geflügeltes Wort, das ihr vielleicht schon mal gehört habt. Nun bleibt mir die Frage: „Wer oder was ist dieser Anfang und was hat er für Zaubertricks drauf?“
Ok. Ist hier anders gemeint. Ich weiß. Trotzdem finde ich diesen Satz ziemlich edel. Er drückt etwas aus, dass ich sehr gerne mag. Er bringt ein bestimmtes Lebensgefühl auf den Punkt. Dinge anzufangen ist etwas Herrliches für mich. Ich bin motiviert, fokussiert, ich habe Feuer für die Sache und denke mir so: „Wie geil! Das Ding rocken wir jetzt!“.
Und doch weiß auch ich, und ich bin dabei mein eigenes Beispiel, dass sich dieses Gefühl mit der Zeit einstellt. Nicht immer, aber manchmal. Mir hilft es gerade dann, einen Blick zurück zu werfen: „Wie war’s so?“„Was war meine Grundmotivation?“
Vielleicht hast du jetzt etwas ganz bestimmtes vor Augen. Wenn ich dir jetzt sage, an was ich dann denke, wirst du denken: „Ach komm! Vergiss es! Das kannst du mir nicht verkaufen.“ Will ich aber! Ätsch!
„Die Ortsgemeinde ist die Hoffnung der Welt!“
Vielleicht platzen dir gerade die Augen, wenn du das liest oder du denkst dir: „Der ist übergeschnappt! Idealist!“ Und vielleicht bin ich das auch. Das darfst du gerne selbst entscheiden. Aber dieser Satz hat mich selbst einstmals richtig bewegt. Und oftmals, wenn ich in meinem (Gemeinde)alltag platt bin, erinnere ich mich daran zurück, wie schön Gemeinde sein kann.
Logisch, ich kann das Gefühl nicht eins zu eins zurückholen. Aber mich für mein hier und jetzt motivieren. Bei diesem Satz blicke ich dann meist aus 2 Richtungen auf Gemeinde: Einmal, in dem ich mich von einem bestimmten Bibeltext immer wieder inspirieren lasse und dann von einer Gemeinde aus Chicago. Und es wird mir in mindestens den nächsten 3 Kolumnen darum gehen, euch ein bisschen mit in diese Denke hineinzunehmen. Ich will euch gerne zeigen, wie der „Zauber“, damit meine ich die Begeisterung und das innere Feuer, dieser beiden Zugänge mich immer wieder motiviert.
Ich weiß nicht, ob du dich an meine erste Runde erinnerst. Damals hatte ich geschrieben, dass mir 3 Dinge besonders wichtig sind: Ehrlichkeit, Bibel und Praxis. Vielleicht hast du ja Lust, dich auch beim Thema Gemeinde auf diese 3 Blickrichtungen einzulassen.

Ehrlichkeit. Ich erlebe beim Thema Gemeinde – unabhängig davon, ob derjenige, der das sagt, sich selbst als Christen bezeichnen würde oder nicht – meistens 3 verschiedene Reaktionen, die ich auch alle von mir kenne. Negative Kritik, Gleichgültigkeit und Begeisterung. Vielleicht gibt’s noch mehr Nuancen, aber ich belasse es mal bei diesen drei und die will ich gerne näher betrachten:
Kritik kommt vom griechischen Wort krínein‚ [unter-]scheiden‘, ‚trennen‘, was ich mal mit beurteilen übersetzen würde. Jeder der kritisch ist urteilt und schwingt sich – mindestens zum eigenen – Richter auf. Das mag jetzt ein bisschen juristisch und überhöht klingen. Aber nehmen wir das mal ernst. Urteile können sowohl positiv wie auch negativ ausfallen. Gesunde (!) Kritik ist demnach, meine ich, ergebnisoffen. Ich schaue mir die Sache an und dann schaue ich mal, wie ich das so beurteile. Nach bestimmten Kriterien, also Punkte an denen ich mich orientiere. Nun gibt es Menschen, die würden Kritik automatisch mit einer negativen Beurteilung gleichsetzen. Und das, so habe ich das erlebt, ist meistens relativ destruktiv. Man könnte auch sagen: „Die Haare in der Suppe hören nicht auf.“ Sie suchen das einzelne gar nicht mehr, weil die ganze Suppe nach Haaren schmeckt. Komisches Bild – ich weiß…
Bei Gemeinde erlebe ich ein ähnliches Phänomen. Wenn ich mich den ganzen Tag auf das stürzen würde, was ich an Gemeinde auszusetzen habe, dann wäre ich schnell an dem Punkt es sein zu lassen. Es gibt genügend Dinge in Gemeinden, die einfach nur nerven. Ich finde die, aber muss dann auch nach einer Weile feststellen: Schade, dass Gemeinde(n) nicht viel zugetraut wird.
Ich habe einige Freunde, die erzählen mir, aus einer jeweiligen Außen- wie auch Innenperspektive heraus, immer wieder, was sie an Gemeinde herumzumäkeln haben. Und manchmal scheint es mir so zu sein, dass sie in ihrem Denken nur schlechtes an Gemeinde sehen können. Die Gründe sind individuell, wie Leute auch verschieden sind. Manche haben tatsächlich Grund zum Klagen, weil sie nur Mist erlebt haben. Obwohl ich es mir anders wünschen würde, kann ich das nachvollziehen. Aber es gibt auch Menschen, die eigentlich wenig Grund zur negativen Kritik hätten, sie aber die ganze Zeit üben. Sie bleiben bei ihren negativ-kritischen Standpunkten und verpassen dadurch auch die Schönheit von Gemeinde. Sie schränken sich sozusagen von vornherein selbst ein, auch wenn sie genau die Einschränkung von Gemeinde manchmal kritisieren. Meine Beobachtung ist allerdings, dass es destruktive Tendenzen für Gemeinde haben kann, wenn ich an der Stelle stehen bleibe.
Ich mache es mir immer zur Aufgabe, bei jedem Gottesdienst oder jeder Gemeindeaktion, ein Highlight zu suchen. Ein Gedanke, den ich mitnehmen kann. Etwas, was mich inspiriert. Und freue mich daran. Ich finde mein Haar in der Suppe – und es schmeckt!
Gleichgültigkeit. Ob Gemeinde da ist oder nicht, macht keinen Unterschied in dem Leben derjenigen, denen Gemeinde gleichgültig ist. Auch ich kenne Gemeindeformen, die mir gleichgültig sind. Habe sie schon selbst erlebt. Die volle Bandbreite. Konfessionsübergreifend. Dort macht es keinen Unterschied, ob man sagt, dass man „Salz und Licht für die Welt sein will!“. Und indem man das dann noch besonders oft wiederholt, wird das auch nicht wahrer. Eher im Gegenteil. Der Welt wird das Salz nicht schmecken und das Licht keinen Kontrast erzeugen. Eben gleichgültig sein.
Begeisterung. Wer begeistert von Gemeinde ist, der ist dafür Feuer und Flamme. Begeisterung oder tiefe Freude über das, was Gemeinde ist, ist der Motor von Gemeinde. Ich meine damit nicht das christlich-fromme, sanguinische Weglachen aller Probleme, sondern die tatsächliche „Frohwerdung“ durch das, was ich in Gemeinde erlebe. Das ist Gnade, also ein unverdientes Geschenk Gottes. Davon bin ich überzeugt. Und ich glaube auch, dass jeder, der begeistert ist von Gemeinde und von dem, was der Heilige Geist in ihr wirkt, einen Unterschied ausmachen kann. Dort wird die Gemeinde Gleichgültigkeit überwinden und die Kraft entwickeln auch negativen Kritikpunkten positiv zu begegnen.
Und jetzt kommt das eigentliche: Wenn die Ortsgemeinde die Hoffnung der Welt ist (nicht sein will, nicht war), dann sind alle Genannten eingeladen Ortsgemeinde zu sein. Und noch spannender: Alle drei Gruppen finde ich auch in Gemeinde wieder.
Kritiker werden der Kritik müde und erleben die Kraft und Schönheit von Gemeinde. Leuten, denen Gemeinde gleichgültig ist, werden begeistert, in dem sie Jesus als die Hoffnung „ihrer“ Welt erleben und dadurch auch in seiner Gemeinde einen Platz finden. Und die Begeisterten. Die sind schon da.
Das schöne ist, dass Hoffnung nach vorne geht. Wie geht es dir damit? Ist die Ortsgemeinde die Hoffnung der Welt? Du wirst wohl zwischen einem eindeutigen „Nein“, einem „Hä?“ und einen „Naja, irgendwie schon!“ schwanken. Vielleicht bist du auch überzeugt von der Kraft und Schönheit von Gemeinde. Aber wenn die Ortsgemeinde die Hoffnung der Welt ist, wie wird das konkret? Gerade dann, wenn ich die Differenz zu meinem eigenen Leben sehe, in dem Gemeinde nicht immer die Hoffnung ist?

Was man nicht verändern kann ist das Vergangene. Das kann man auch nicht reproduzieren, aber, was man verändern kann, ist seinen Blick nach vorne: „Wie muss eine Ortsgemeinde aussehen, wenn sie Hoffnung für die Welt ist?“ Diese Frage stelle ich mir, im Übrigen, regelmäßig und finde unterschiedliche Antworten. Ich habe auch gemerkt, es gibt nicht die „eine Sache“, die man ändern sollte, damit man Gemeinde als die Hoffnung erlebt. Und es gibt auch nicht dieses „eine Modell“, was man einfach übernehmen muss, damit die Ortsgemeinde durch die Decke geht. Und wenn, ist die Frage, ob das, was in San Francisco, Sydney, München, Lagos, Zürich, London oder Chicago funktioniert, auch hier klappt?
Aber Gemeinde ist immer im Werden. Ein lebendiger Organismus, sozusagen. Der eine lebt mehr, der andere weniger. Ich glaube, es gibt darauf im Grunde nur eine Antwort: Es gibt ein belebendes Element, welches man sich bedienen sollte. Die Bibel nennt es den Heiligen Geist. Ok, der weht, wo er will. Das stimmt. Aber ich durfte ihn erleben, er hat bei mir q uasi schon mal gewollt und andere Leute sind sich auch sicher, dass das so war! Auch wenn sie es rückblickend vielleicht nicht so bezeichnen würden. Ich mag seine befreiende Kraft, die mir auch in der Bibel geschildert wird. Von daher Punkt 2:

Bibel. Ich schreibe kurz und knapp etwas zu Apostelgeschichte 2. Falls du mitlesen willst, klicke HIER. Dort kann man in den Versen 1-13 lesen, was für eine intensive Begegnung die Leute mit dem Heiligen Geist hatten. Dieses krasse Ereignis hat dazu geführt, dass sich diese ganze Jesus-Bewegung in Gang gesetzt hat und wir heute überhaupt noch so etwas wie Gemeinde haben. Was auffällt, neben den übernatürlichen Geschehnissen in dem Text, ist meiner Meinung nach, dass das, was dort gepredigt wurde, universell geworden ist. Dazu ein kurzer Rückblick.
Die Apostelgeschichte ist von einem gewissen Lukas geschrieben wurden. In welcher Funktion er Jesus bzw. Paulus erlebt hat, ist nicht ganz klar. Aber was man sagen kann ist, dass er der Verfasser des lukanischen Geschichtswerkes ist, welches das Lukas-Evangelium und die Apostelgeschichte umfasst. Und dort kann man lesen, wie Jesus erst in Galiläa, später in Jerusalem und dann auch in ganz Israel gewirkt hat. Aber auch wirklich nur dort und nirgendswo anders. Nicht, dass er es probiert hätte.
Eine Stelle, nämlich die Heilung des Geraseners (Lukas 8, 26-39) ist besonders bemerkenswert. Jesus hilft an dieser Stelle einem Besessenen und die Reaktion der Leute ist:

Daraufhin forderte die ganze Bevölkerung von Gerasa und der Umgegend Jesus auf, ihr Gebiet zu verlassen, so sehr hatte die Angst sie gepackt.

– Lukas 8, 37

Krass. Es gab offensichtlich Orte, an denen Jesus nicht so die tolle Wirkungsgeschichte hatte. Sagen wir’s mal so.
Umso spannender, was in Apostelgeschichte 2 steht! Evangelium wird universell. Ich erspare euch die Völkerliste, aber es ist cool zu lesen, wer das alles mitbekam (Vers 9-11). Nicht mehr nur Israel oder Galiläa oder Jerusalem. Nein, überall hin. Gemeinde sprengt für mich genau diesen Rahmen. Jeder ist eingeladen. Wenn Gemeinde aber die Hoffnung dieser Welt sein will, stelle ich mir die Frage, ob auch alle kommen dürfen? Auch die Kritiker? Auch diejenigen, die stinken? Auch diejenigen, die nicht unsere Sprache sprechen?

Praxis. Ich weiß nicht, ob du schon mal in der Nikolaikirche in Leipzig warst. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, besonders in den 80er Jahren. Dort hatte der damalige Pfarrer Christian Führer einen Gebetskreis angeboten, der für alle offen war. Jeder durfte kommen! Aus diesem Gebetskreis ist das Montagsgebet entstanden. Viele Leute sind 1989 auf den Straßen in Leipzig gewesen. Nach dem Montagsgebet. Friedlich – ohne Gewalt. Sie haben demonstriert.
Nun finde ich es mühsam zu sagen, nur weil die das in Leipzig gemacht haben, sollte Gemeinde genauso sein. Aber ich versteh diese Geschichte als Ermutigung. Auch für mich heute. Auch für Gemeinde heute. Und das ist cool. Das weitet meinen Blick für alle, die genauso gemeint sind mit dem Evangelium. Ähnlich wie in der Apostelgeschichte 2.
Ich glaube, wenn die Ortsgemeinde die Hoffnung der Welt sein will, dann sollte sie eine wichtige Sache nicht aus den Augen verlieren: Offen für alle sein. Das Evangelium gilt jedem! Und: Jeder ist willkommen!

Du kannst ja mal für dich überlegen, welcher von diesen drei erwähnten Typen du bist. „Warum ist das so?“„Was stört dich?“„Was ist dir egal?“„Was begeistert dich?
Ich glaube, durch das Wirken des Heiligen Geistes zu Pfingsten, haben die Jünger einen weiteren Blick für die Welt bekommen und die Botschaft Jesu wurde universell. Ich würde mich freuen, wenn wir genauso diesen Blick auch für Gemeinde haben. Dann beschränken wir nicht das Wirken des Heiligen Geistes, werden maximal weitherziger und viele verschiedene Leute finden bei uns ihren Platz.
Ich hoffe, das war wiedermal „tief“ genug. Beim nächsten Mal geht es direkt weiter mit der Hammer-Predigt von Petrus und dann kommen noch die 4 „B“s. Was das ist, dann bei den nächsten Malen! Bis dahin kann ich nur sagen:

Bleibt tief, euer Lukas.

PS: Und, wie schaut’s mit der Challenge aus? Du kannst auch jetzt noch einsteigen! Einfach jeden Tag ein bisschen Bibel lesen. 15 Minuten oder so. Am besten du startest bei Apostelgeschichte 1. Viel Spaß dabei!