Momentan ist ja eine bestimmte Krise in aller Munde. Doch um diese Krise soll es hier nicht gehen. Ich möchte von einer Krise erzählen, die ich erlebt habe. Es war sprichwörtlich eine existenzielle Krise, denn es ging letztlich um meine Existenz.

Alkoholabhängigkeit

Als Jugendlicher bin ich mit der Zeit in eine tiefe Depression gestürzt. Eine Dunkelheit, die man nicht beschreiben kann. Eine Leere, die alles auffrisst. Ein gefühlter Verlust der Identität, des Lebens an sich. Gott war für mich eine böse Gestalt und Christen waren für mich die größten Heuchler, die der Lüge der Freude und Hoffnung verfallen waren, denn so etwas wie Freude und Hoffnung existierte für mich nicht.
Um der ganzen Situation zu entgehen, fing ich an Alkohol zu trinken. So oft es ging und so viel es ging. Das führte mit der Zeit zu einer psychischen Abhängigkeit. Ich habe mir antrainiert, gerade vor meinen Eltern zu stehen, um mir nichts anmerken zu lassen. Ich habe gelogen, Grenzen missachtet und mich innerlich verbarrikadiert, um der Scham zu entgehen.
Einmal hat mein Papa mich abends abgeholt. Ich war bei einem Metalkonzert, ich habe sehr viel getrunken, sehr viel geraucht, gekotzt und dementsprechend gestunken. Ich saß im Auto neben meinem Papa, konnte kaum klar denken. Es gab keinen Vorwurf. Mein Papa fragte mich, ob ich geraucht habe. Ich sagte nein, die anderen hätten geraucht. Und ich schämte mich sehr. Es gab mehrere solche Situationen, in denen ich gelogen habe.
Natürlich wussten meine Eltern, dass ich nicht die Wahrheit sage. So oft haben sie versucht zu mir durchzudringen, aber ich habe mich zu sehr verbarrikadiert. Ich kann mir nicht vorstellen, was für Schmerzen ich meinen Eltern zugefügt habe. Nicht nur meinen Eltern, auch meiner Schwester, die irgendwann nicht mehr zu Hause gewohnt hat und hilflos aus der Ferne um mich fürchten musste.
Was war aus mir geworden? Aus dem lieben, lustigen, tiefgläubigen und lebensfrohen Jungen, der keiner Seele etwas antun konnte.

Meine Eltern

Eines Tages wurde ich mit einem Krankenwagen wegen einer Alkoholvergiftung glücklicherweise nach Hause gebracht. Ich habe mich natürlich geschämt und ich habe wohl die ganze Zeit geflüstert, dass es mir leid tut. Ich habe stundenlang nur erbrochen, konnte auch am nächsten Tag noch nicht mal Wasser bei mir behalten, war extrem dehydriert und hatte gelbe Augen. Doch statt dass mir Vorwürfe gemacht wurden, saß meine Mama bei mir, hat mich gestützt und mir über den Kopf gestrichen. Ich durfte mich ganz fallen lassen in die liebevollen Arme meiner Eltern, habe dankbar die mir auferlegten Grenzen und Einschränkungen angenommen, denn ich konnte einfach nicht mehr. Ich musste Entgiftungstabletten schlucken und mich in Therapie begeben. Der Verarbeitungs- und Bearbeitungsprozess konnte beginnen.

Gottes Nähe

So sehr diese ganze Situation Leid und Schmerz in meine Familie brachte, so sehr brachte sie uns letztendlich zusammen und vor allem näher zu Gott. Meine Familie konnte nicht anders, als sich selbst und die ganze Situation in Gottes Hand zu legen. Ohne unseren lebendigen Gott wären wir wohl alle daran zerbrochen. Doch weil meine Eltern die Liebe und Kraft ihres und unseres liebenden himmlischen Vaters erfahren durften, konnten sie auch mir in dieser Liebe und Vergebung begegnen und die Schmerzen irgendwie ertragen. Und auch weil sie mir in dieser Liebe begegneten, durfte ich ganz neu die Liebe und Vergebung meines himmlischen Vaters entdecken und annehmen. Letztendlich hat Gott aus dieser ganzen Sch**ße Gold gemacht.

Von Gott abwenden

Auch in der Bibel wird berichtet, wie der Mensch sich von Gott abkehrt. Wie Adam und Eva dachten, Gott enthält ihnen etwas und er sei nicht der, für den er sich ausgibt. Als er sie damit konfrontierte, schämten sie sich. Und dann fing der Verarbeitungs- und Bearbeitungsprozess an. Doch der Mensch entfernte sich immer weiter von Gott. All seine Annäherungsversuche, all seine Versuche zu uns durchzudringen, sind letztendlich gescheitert. Der Mensch konnte nicht glauben, dass Gott wirklich der ist, der er behauptet zu sein.
Weil der Mensch nicht zu Gott kommen wollte, kam Gott zu uns. Jesus, Sohn Gottes, kam zu uns, wurde Mensch und nahm die Schuld, die Abkehr des Menschen, auf sich, damit wir wieder zu unserem Vater kommen können.
Jesus hat gesagt, dass derjenige, der ihn sieht, den Vater sieht. Jesus deckt also all unsere Lügen über unseren Vater auf, damit wir verstehen, wie er wirklich ist und keine Angst haben müssen, umzukehren. So wie ich an meinem schamvollsten und tiefsten Punkt meines Lebens in die liebevollen Arme meiner Eltern sinken durfte, können wir, kannst du, in die liebevollen Arme Gottes laufen. Du musst einfach loslassen. Deine Scham, deinen Stolz, an dem du dich noch verzweifelt festklammerst.

Die Freiheit in der Liebe

Persönliche Krisen führen meistens zu einer tiefen Scham. Man ist von sich selbst enttäuscht, man enttäuscht andere. Diese Scham führt schnell zu einer inneren Verbarrikadierung und innerhalb dieser Barrikade entsteht schnell ein falscher Stolz, dass man es ja auch alleine schafft und keine Hilfe braucht. Die Fassade, die man aufgebaut hat, ist vielleicht das letzte, was einem geblieben ist und was einen vor der Scham einer Kapitulation bewahrt. Aber das ist anstrengend. Ich durfte erfahren, wie entlastend und befreiend es ist, vor Gott zu kapitulieren und seine Liebe zu mir zuzulassen und die Vergebung und meinen Status als Kind Gottes anzuerkennen.

Ich weiß nicht, durch was für Krisen du schon gegangen bist oder in was für Krisen du dich gerade befindest. Doch ich wünsche dir, dass du loslassen kannst. Vielleicht hast du es ja schon erlebt, wie gnädig Gott dich aufnimmt und hast es nur wieder vergessen oder in deiner Scham verdrängt. Doch Gott nutzt deine Scham nicht aus. Er möchte dich davon befreien und mit dir zusammen deine Krise bearbeiten. Seine Hand ist liebevoll ausgestreckt, du darfst sie ruhig nehmen und seiner Liebe vertrauen, die uns in Jesus Christus offenbart wurde.