Hallo ihr Lieben! Willkommen zur neuen Ausgabe meiner Kolumne Zuflucht. Ich weiß nicht, ob ihr es mitbekommen habt, aber am Sonntag war internationaler Frauentag. Ehrlich gesagt, ging er auch ziemlich schleichend an mir vorüber. In meinem Umfeld hat niemand eine große Sache daraus gemacht. Aber online, insbesondere auf Instagram, sind mir einige Posts, vor allem von US-amerikanischen Stars, aufgefallen.
Frauentag heißt da: Feier dich! In jeder Hinsicht.
Das perfekte Bild ist dann eine Frau, die – typisch Instagram – durchtrainiert ist, Kurven hat und sich selbst und ihren Körper liebt. Aber was wenn ich meinen Körper nicht lieben kann? Ganz abgesehen von Photoshop, Fitness-Gurus etc. Und in der ‚ganz normalen Welt‘. Was ist, wenn ich das nicht kann?
Wichtig, und deswegen gleich hier am Anfang: Ich will das Thema gar nicht auf Frauen begrenzen. Ich weiß, dass es wahrscheinlich auch sehr viele Jungen und Männer gibt, die dieses Problem haben und ich denke, dass das Thema gerade in männlichen Kreisen viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Trotzdem kann ich selbst natürlich nur von meinen Erfahrungen als Frau berichten.
Mein eigener Körper
Im Großen und Ganzen kann ich mich mittlerweile recht gut als Person annehmen. Mit Schwächen, Stärken und gelegentlichen Aussetzern verschiedenster Arten. Aber was ich nicht gut kann, ist es, meinen Körper zu akzeptieren. Vielleicht kennst du das. Jedes Mal wenn ich vor einem Spiegel stehe, muss ich Schläge in die Magengrube hinnehmen. Natürlich nicht wortwörtlich, aber so fühlt es sich an.
Ich habe mir seit meiner Jugend angewöhnt nicht in Spiegel zu gucken, wenn ich an ihnen vorbeigehe. Das zieht mich dann zu schnell runter. Wenn ich etwas esse, was nicht nur aus Gemüse und Obst besteht, bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Manchmal finde ich mich richtig eklig dafür, dass ich etwas Bestimmtes gegessen habe.
Erst vor wenigen Wochen habe ich wieder angefangen Hosen zu tragen. Warum? Leggings und Röcke kaschieren besser. Ich vergleiche mich ständig mit jeder anderen Frau im Raum und komme oft zu der Erkenntnis: Wie kann jemand etwas mit dir zu tun haben wollen, wenn du so aussiehst?
Bin ich gut genug?
Seit ein paar Wochen mache ich einen Kurs in einem Schwimmbad hier in Halle mit meiner Mama zusammen. Das ist jedes Mal eine Überwindung. Fotos von mir versuche ich auch zu meiden. Man kann sie machen, aber ich schaue sie mir ungern danach an. Es sei denn, es sind Selfies und ich kann möglichst viel von mir verstecken.
Ich habe keine Modelmaße und ich könnte noch ein bisschen mehr Sport machen, klar. Es wird auch immer jemanden geben, der dünner, schöner, makelloser aussieht als ich. Das weiß ich auch. Und ich weiß auch, dass mein Aussehen nicht meine Identität ist. Das durfte ich schon erkennen und mir immer wieder klar machen. Und trotzdem denke ich mir so oft: „Stell dir vor du wärst.., „Iss doch einfach mal nichts..“, und so weiter. Ich habe mich mehrmals versucht herunterzuhungern. Wenn du das vorhast – Spoiler! – funktioniert nicht.
Generationsübergreifend
In meiner Familie ist das Thema Gewicht ein Thema voller Schmerzen. Auch wenn sie das vielleicht nicht so mitbekommen, weil ich immer versuche es herunterzuspielen: Meine Oma und meine Mama sind diejenigen, die diesen Gedanken in mir gepflanzt haben. Bei beiden geht es unheimlich viel ums Abnehmen, das Fett, die zu engen Hosen und es fühlt sich an als wäre das Ziel des Lebens ein möglichst dünner Körper. Dann bist du liebenswert. Das meinen sie natürlich nicht so und, sollten sie das hier Lesen, dann bitte ich sie um Verzeihung, dass ich sie hier erwähnt habe im Zusammenhang mit einem Thema, was sie so sehr herausfordert. Aber es war mir wichtig. Warum?
Weil ich nicht will, dass – sollte ich einmal mit Kindern gesegnet werden – sie genau das auch sagen. Ich will den Kreislauf zerbrechen. Was über drei Generationen geht, muss nicht in die Vierte vererbt werden. Kleine Mädchen wollen hören, dass sie schön sind und nicht, dass sie eben nicht die Dünnste in ihrem Freundeskreis sind. Teenager mit Gewichtsproblemen wollen keine Vorwürfe hören, sondern erstmal so angenommen werden, wie sie sind. Mir fallen gerade so viele schmerzliche Erinnerungen ein, die sich bei mir eingebrannt haben, dass mir die Tränen laufen. Wie sehr kleine Momente oder Bemerkungen Risse im Herzen verursachen können!
Worte des Lebens
Aber was bringen dir meine Gedanken und meine Wunden? Vielleicht hast du sie auch. Oder Ähnliche. Dann will ich dir nochmal sagen, was du wahrscheinlich schon weißt. Aus dem Grund, weil ich fest daran glaube, dass es eines Tages von deinem Kopf in dein Herz rutschen wird. Gott hat dich gemacht und Er macht keine Fehler. Im Schöpfungsbericht 1. Mose 1 heißt es, dass Gott nachdem er alles geschaffen hatte, sah, dass es sehr gut war. Und ich glaube, Er hat auch nachdem er dich geschaffen hat, gesagt, dass du sehr gut bist.
Vielleicht hast du aber keine solchen Wunden. Dann bist du so gesegnet! Aber ich möchte dich dafür sensibilisieren, was kleine Aussagen für riesige Wellen schlagen können. Sei behutsam mit anderen.
Ich glaube, dass das gar nicht auf das Thema Körper zu beschränken ist. Jeder von uns trägt kleine oder größere Wunden mit sich herum, die ganz unbewusst geschlagen wurden.
Wer unvorsichtig redet, sticht wie ein Schwert; aber die Zunge der Weisen ist heilsam.
– Sprüche 12, 18
Lasst uns versuchen Worte des Lebens auszusprechen. Aufbauende Worte, die Leben schenken. Mit allem anderen weißt du nie, in welche Wunden du vielleicht schlägst.
Vom Kopf ins Herz
Aber zurück zum Körperbild. Ich will das alles eigentlich nicht. Ich will nicht, dass meine Entscheidungen unterschwellig von meiner Angst getroffen werden, mich könnte jemand hässlich oder abstoßend finden. Wenn das jemand aufgrund meines Äußeren so sieht, möchte ich mit demjenigen nichts zu tun haben. Und obwohl es diese Leute vermutlich gibt, muss ich lernen, dass sie nicht 90% der Weltbevölkerung ausmachen und mein Körper mich gleichzeitig auch nicht ausmacht. Ich könnte ewig so weiterschreiben. Aber ich denke, ihr versteht was ich meine.
Viel Wahrheit, aber wenig davon ist in meinem Herzen angekommen. Aber ich hoffe und bete für ein kleines Stück mehr, immer wieder.
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