Vielleicht kennst du das, wenn dir plötzlich Dinge auffallen, die nicht in Ordnung sind. Nicht bei anderen, sondern bei dir selbst. Kennst du das, wenn du etwas denkst und plötzlich realisierst du es und fragst dich: „Wo kam das denn her?“ Vielleicht ist dir auch schonmal aufgefallen, dass du in ähnlichen Situationen Strategien anwendest, die gleich sind, und damit meine ich gleich schlecht.
„Wen willst du hier eigentlich verarschen, Marie?“
Ich mach’s mal konkreter. Ich hatte in letzter Zeit immer wieder Momente, in denen ich irgendwas gemacht oder gesagt habe und mir im Nachhinein nur dachte: „Hä?“
Ein akutes Beispiel dafür:
Ich war gerade im Urlaub in Dänemark und kurz vorher war mein Leben ein bisschen stressig und ich hatte viele Dienste in der Gemeinde. Also Dienste, die mir Spaß gemacht haben und für die ich dankbar bin aber es war doch etwas viel. Gegen Ende war ich schon ein bisschen kraftlos und brauchte mal einen Tapetenwechsel.
In den letzten 2 Wochen vor dem Urlaub habe ich dann festgestellt, dass die Freizeit der Junge-Erwachsenen-Arbeit der Gemeinde ganze 5 Kilometer von meinem Urlaubsort fast exakt zur gleichen Zeit stattfindet. Und was war meine Reaktion? „Ach du sch**ße.“
Dazu muss man wissen – das sind meine Freunde. Da kann man sich also schon mal fragen: „Hä?“
Als mich Leute vor meiner Abfahrt gefragt haben, ob ich denn bei der Freizeit mitfahre oder sie besuchen werde, habe ich rumposaunt: „Ne! Ich will mal eine Woche Abstand von der Gemeinde. Bloß nicht!“
Jedenfalls, als ich dann vor Ort war, habe ich natürlich an die anderen gedacht. Ich habe noch dazu den Gemeindepodcast gehört. Ich war auch zu Besuch im Ferienhaus der anderen..
Als ich also an einem Tag laufen war und die mittlerweile gefühlt hundertste Folge Podcast im Ohr hatte und mich auf meinen Besuch im Ferienhaus meiner Freunde freute, hallten in mir die Worte wider: „Ne! Ich will Abstand von der Gemeinde,“ und ich dachte mir – „Wen willst du hier eigentlich verarschen, Marie?“
In dem Moment habe ich dem Problem nicht ganz auf den Grund folgen können. Ich wusste schon irgendwie, dass es etwas mit Angst zu tun haben muss. Aber für die tiefer liegende Lösung brauchte ich noch ein Puzzle-Teil.
„Diese Frage habe ich mir viele Jahre verboten zu stellen.“
In letzter Zeit haben mich einige Leute nach der Zukunft gefragt. Was wünsche ich mir? Wo soll es hingehen? Was kommt nach dem Studium? Das sind alles relevante Fragen, die mir aber Angst machen. Warum? Weil ich keinen wirklichen Plan habe. Also ich hab schon eine Ahnung, in welche Richtung es gehen soll und in welche nicht, aber meine Pläne sind eher abstrakt und lassen sich nicht so gut anhand von Stichpunkten festhalten.
Also habe ich mich natürlich auch selbst gefragt, was ich denn eigentlich will – vor allem in der Hoffnung, diesmal etwas Handfesteres herauszubekommen. Deswegen habe ich mich gefragt, wovon ich träume. Diese Frage habe ich mir viele Jahre verboten zu stellen. „Ist zu optimistisch. Sind eh nur Hirngespinste. Guck lieber auf das, was du vor dir hast,“ habe ich gedacht. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich einfach nicht getraut. Aber warum? Hier ist mein nächstes „Hä?“
Aus Angst, dass sie nicht erfüllt werden? Ja. Auf jeden Fall. Aber woher kommt das?
Als ich eben am Morgen die Stille gesucht habe und mir vorgenommen habe, meine Gedanken zu sortieren, hatte ich plötzlich ein Bild im Kopf, dass ich wieder vergessen hatte. Was habe ich gesehen? Es fällt mir gerade unheimlich schwer das zu schreiben und mir kommen direkt Tränen in die Augen, weil ich so Angst habe. Wovor – dazu gleich mehr. Erst muss ich das kurz schreiben, damit es mich nicht einengt.
Ich habe eine Halle gesehen mit großer Bühne. Es stehen hunderte Menschen im Raum und alle machen gemeinsam Lobpreis und ich leite sie an. Klingt nice! Vielleicht ist es das, was Menschen einen Traum nennen würden. Wenn ich ehrlich bin, ist es auch nicht der Einzige.
Aber jetzt, da ich es geschrieben habe, habe ich das Gefühl es wird niemals passieren. Ich habe es gerade kaputt gemacht.
Warum? Ich glaube ich habe eine erste Antwort, die sogar beide Dinge verbindet.
„..weil ich denke, dass Gott es nicht gut mit mir meint“
Beim Dänemark-Beispiel habe ich Angst (?) zuzugeben, dass mir die Gemeinde am Herzen liegt und will mich innerlich distanzieren. Weil ich dann einen Teil meines Herzens bei mir behalte. Weil ich dann nicht so tief fallen kann, wenn ich aus irgendwelchen Gründen nicht mehr dabei sein könnte. Rede ich mir ein, dass ich eigentlich gar nicht wirklich dazugehöre? Ja. Ich rede mir auch ein, dass mich eigentlich alle nur tolerieren. Das ist Quatsch – ich weiß. Aber manchmal sehe ich das nicht.
Beim Traum-Beispiel habe ich Angst zuzugeben, dass ich Träume habe. Vor mir selbst, anderen und vor Gott.
Was beide Dinge verbindet ich das Zugeben. Ich will mein Herz nicht offenbaren, weil ich Angst habe. Und dann kam ich an den Punkt, der echt bitter ist:
Ein Teil von mir hat Angst zuzugeben, was mir am Herzen liegt, weil ich denke, dass Gott es nicht gut mit mir meint und mir genau die Dinge nehmen wird bzw. sie nicht passieren werden. Daran ist so viel problematisch.
Erstens, Gott kennt mein Herz eh schon. Das ganze Unterfangen ist also zwecklos. Es könnte mich höchstens davor bewahren, dass andere Menschen es nachvollziehen können.
Zweitens, warum sollte Gott es nicht gut mit mir meinen? Ich bin sein Kind und er liebt mich und ich hab das Gefühl ich habs nicht verstanden. Oder wieder vergessen.
Hinter allem steckt Angst
Ich habe also wieder Mauern aufgebaut. Ich belüge mich selbst, versuche Dinge vor Gott geheim zu halten und hinter allem steckt Angst.
Das ist demütigend und ich find’s echt kacke. Aber ich habe es erstmal erkannt und kann jetzt anfangen mein Denken von der Wurzel her zu verändern. Da steckt ein falsches Gottesbild in mir. Ich will nicht, dass mich falsche Gottesbilder gefangen halten. Das sind Lügen. Woher dieses konkrete Bild kommt? Ich habe keine Ahnung.
Vielleicht habe ich meine eigenen Gedanken projiziert. Vielleicht gönne ich mir die Dinge selbst nicht, weil ich denke ich habe sie nicht verdient. Wie könnte Gott sie mir dann gönnen, wenn er mich doch noch besser kennt als ich selbst. Das ist sicher noch nicht alles, was dazu beigetragen hat. Deswegen will ich jetzt herausfinden, was dahinter steckt und meine Gedanken mit Gott gemeinsam verändern lassen.
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