Hallo zusammen!
Das Jahr nähert sich langsam dem Ende und in den letzten Wochen schaue ich immer wieder in mein Büchlein und blättere zum Anfang des Jahres zurück. In mein Büchlein schreibe ich Mitschriften von Predigten, Gedanken, die mir wichtig sind, kritzele oder versuche meine Gebete aufzuschreiben und die Antworten, die Gott mir gibt.
Mein Gebet des Jahres
Eine Sache zieht sich wie ein roter Faden durch meine Gebete seit Januar: das Gebet, meinen Platz einzunehmen. Mal habe ich es einfach in einem Nebensatz erwähnt, mal hat es jemand anders für mich gebetet. Es taucht jedenfalls überproportional oft auf. Auch als ich an meinem Geburtstag Vorsätze fürs neue Lebensjahr aufgestellt habe, war das einer davon.
Jetzt sagt sich das echt einfach, klingt auch schön fromm und ist doch mega kryptisch. Meinen Platz einnehmen. Wie denn? Als was? Heißt das, ich bin noch nicht da? Tausend Fragen, keine klaren Antworten und um ehrlich zu sein habe ich mich meistens sowieso gewundert, warum ich das gerade bete.
Eins steht bei dieser Aussage fest. Es muss einen oder mehrere Plätze geben, an die ich gehöre. Das ist erstmal gut nachvollziehbar. Ich glaube, dass Gott uns Plätze vorbereitet, an denen wir unsere Fähigkeiten und Gaben einbringen sollen, damit wir wachsen und unsere Umgebung auch zum wachsen bringen. Klingt schon wieder ziemlich anstrengend. Aber ich glaube, dass das immer Orte oder Aufgaben sind, die uns auch Freude bringen, denn Gott kennt uns ja genau. Auch wenn sie im ersten Moment vielleicht doof klingen, steckt Segen in ihnen.
Ich könnte jetzt noch darüber schreiben, warum ich glaube, dass Gott gnädig ist und dir hilft, dass du diese Plätze nicht verpasst. Und darüber, was passiert, wenn wir an unseren Plätzen aufblühen.
Habe ich es verdient?
Worum es mir aber eigentlich geht ist Folgendes: Ich glaube, ich weiß wo Gott mich haben will aber ich weigere mich die von ihm gegebenen Aufträge zu erfüllen. Weil ich sie nicht haben will. Weil ich denke, ich habe sie nicht verdient.
Und damit sind wir mitten im Thema: Minderwertigkeit. Ich habe schon gefühlte 1000 Male darüber geschrieben und ich wünschte auch, dass es anders werden würde aber es ist die Realität. Ich dachte die ganzen letzten Monate, dass ich mittlerweile auf einem guten Weg bin aber wenn ich ehrlich bin, dann habe ich es einfach nur gut zur Seite geschoben.
Gott hat mich vor wenigen Tagen daran erinnert, dass ich nichts tun kann, um ihm mehr zu gefallen, als ich ihm sowieso gefalle. Er liebt mich nicht mehr, wenn ich mehr für ihn tue oder besser handle. Das find ich manchmal richtig scheiße. Warum? Weil ich nicht annehmen kann, dass mich Gott so schon so sehr liebt. Ich will in meinen Augen meinen Wert steigern, damit die Aussage „Gott liebt mich“ irgendwann Sinn ergibt, wenn mein Selbstwert hoch genug ist. Was für ein Quatsch!
Ich versuche meinen Wert zu steigern
Dann versuche ich in allen Bereichen meines Lebens das Beste rauszuholen, damit ich mir zugestehe, dass mir jemand zugetan sein kann. Ich achte sehr darauf was und wieviel ich esse, wieviel Bewegung ich bekomme, wieviel ich für mein Studium schaffe, ob alle To Dos abgearbeitet sind – einfach damit ich am Ende des Tages denken kann: Heute warst du gut, Marie. Und Gott damit indirekt zu verstehen gebe, dass er mich heute lieben darf. Heute hab ichs dann mal verdient.
Dazu fällt mir nur eins ein: wie unfassbar anstrengend! Das Schlimme ist nur, dass mir dieser Strudel gar nicht aufgefallen ist, bis ich mittendrin war und mich nur gewundert habe, warum ich plötzlich so gestresst bin. Ein zerbrochener Selbstwert, den ich versuche mit Leistung zu flicken, bleibt immer zerbrochen. Die Antwort ist Jesus.
Es hört aber nicht damit auf, dass mich das alles einfach stresst und ich nicht auf mich selbst und Gottes Liebe klarkomme. Gott hat mir Bereiche anvertraut und mir Aufgaben gegeben. Plätze, die ich einnehmen soll. Aber auch da denke ich immer wieder nur: Das hab ich nicht verdient. Ich kann das nicht. Das passt nicht zu mir.
Erst wenn ich mir durch genug Äußerliches selbst gezeigt habe, dass ich das verdienen könnte, erlaube ich, dass Gott mir das zuspricht. Beispiel: Die Lobpreisbereichsleitung. Ich glaube, dass Gott mich hier hingestellt hat. Kognitiv. In meinem Herzen denke ich aber ständig, dass er entweder einfach niemand Besseren gefunden hat oder ich dem Anspruch nicht gerecht werden kann. Dann starte ich Versuche durch mein Aussehen, durch Wissen oder irgendwelche anderen Dinge meinen Selbstwert zu steigern und mich wacklig an den Platz zu schieben, den ich eigentlich voller Freude einnehmen darf.
Das absurdeste ist: ich hab ja eigentlich Bock drauf. Aber ich habe eine Stimme in meinem Kopf, die sagt „das darfst du nicht“. Und, wenn die Stimme dann mal aufhört und ich sehe, was für abgefahren coole Dinge ich eigentlich machen darf, dann rührt es mich zu Tränen.
Was kann ich also tun?
In meinem Kopf wohnen Lügen und ich habe hiermit wieder eine neue Sorte entdeckt. Also werde ich wieder versuchen sie loszuwerden. Nicht alleine, sondern mit Gott gemeinsam. Die Wurzel habe ich noch nicht ganz gefunden. Aber ich bleibe dran.
Was auch wichtig ist: ich muss Buße tun. Ich erhebe mich über Gott und versuche selbst zu entscheiden, was ich verdiene und was nicht. Wann ich es wert bin und wann nicht. Damit fange ich an. Ich muss meine Gedanken Gott unterordnen und wenn ich nicht verstehen kann, warum mir Gott Dinge zutraut und, dass er mich liebt, dann bete ich, dass er es mir zeigt.
Ich stehe also da, an Plätzen, die ich mega finde, mit Aufgaben, die ich liebe und Gott an meiner Seite, der mir wohlgesonnen ist und mit mir losgehen will und ich kann es nicht genießen und bleibe wie angewurzelt stehen. Als wäre ich ein Kind, das Feuerwehrautos mag und mein Papa geht mir zu einer Feuerwehr und ich bekomme das Angebot mitzufahren und Abenteuer zu erleben und stattdessen sage ich: „Nein, danke. Das hab ich nicht verdient.“ Völlig seltsam.
Ich will wieder lernen mich zu freuen an den Dingen, die Gott für mich vorbereitet hat. Anstatt grummelig mitzugehen und am Ende festzustellen, dass er doch Recht hatte und es doch gut mit mir meint, will ich jetzt schon verstehen, dass Gott nur das Beste für mich will. Eigentlich wäre ich gerne furchtlos und frei. Eine Frau, die von Klippen springt, eintaucht ins stürmische Wasser, auf Mauern herumtanzt und jeden Schritt genießt, weil sie weiß, dass Gott mit ihr ist.
Das ist mein Gebet.
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