Hallo, schön, dass du da bist! Irgendwie habe ich das Gefühl, dass mir Gott immer rechtzeitig zu einer neuen Kolumne die Augen für eine Wahrheit öffnet oder mir einen Missstand zeigt. Hallelujah!
Dieses Mal ist es ein Missstand, über den ich noch nie nachgedacht hatte bzw. von dem ich dachte, dass er andere betrifft, aber doch nicht mich. Tja, soviel dazu.

Gott kennt mich

Röntgenblick habe ich mir als Überschrift ausgedacht. Warum? Weil wir ihn nicht haben und weil das vielleicht auch manchmal ganz gut so ist. Und ich meine nicht um Knochenbrüche ausfindig zu machen, sondern um seelische Wunden, Bedürfnisse oder schlicht und einfach Meinungen zu sehen. Klar, manchmal bekommen wir Einblicke durch Fenster und können erahnen, was dahinter liegt, aber so richtig vollkommen hinein sehen kann wohl keiner von uns. Das ist allein Gott vorbehalten. In 1. Chronik 28, 9 heißt es: „Denn der HERR erforscht alle Herzen, und alles Gebilde der Gedanken kennt er.“ Wie geht’s dir damit? Mir wird da fast etwas mulmig manchmal, aber darum soll es nicht gehen.

Auf Distanz gehen

Ich stelle fest, dass ich mit der seltsamen Annahme durch die Welt laufe, dass meine Gedanken doch jedem klar sein müssten und dass alles, was ich denke, fühle und mache dadurch super offensichtlich ist. Was für ein Quatsch! Und was für eine Erkenntnis. Ich wurde gerade heute damit konfrontiert, dass ich manchmal denke, Sachen gesagt zu haben und dem gar nicht so ist. Einfach weil ich sie ja gedacht habe und dann alles klar sein müsste. Ist ja offensichtlich.
Ich glaube, dass ich solchen Vorstellungen große Gefahren lauern, weil ich automatisch von Menschen in meinem Umfeld erwarte, mich zu durchschauen – mit eben diesem Röntgenblick. Ich erwarte also, dass klar ist, wie auf mich reagiert werden sollte und wann mir z.B. mal etwas nicht passt und warum. Das ist unfair.

Ich erwarte ja auch, dass mir jemand sagt, wenn ich ihm Unrecht getan habe. Ich erwarte Ehrlichkeit. Was ich mache, ist Schweigen. Aus Angst Leute durch Wahrheit zu vertreiben. Aus Minderwertigkeit, also, weil ich denke, meine Bedürfnisse sind nicht so wichtig. Und weil ich das wohl schon so lange mache, dass ich mich selbst anlüge, indem mir das alles gar nicht mehr bewusst ist. Puh. Da hat Er den Nagel auf den Kopf getroffen.

Aus meinem Verhalten entstehen immer mehr Wunden, weil ich vieles dulde, was mich verletzt. Aus meinem Verhalten entsteht Distanz, weil ich meine Gedanken nicht teile. Meine Schutzmauern bleiben erhalten. Und es kreiert den Anspruch, den ich schon erwähnt habe, der nicht fair ist und Menschen früher oder später bewusst wird und sie dadurch auch vertreiben kann.

Offen reden

Ich fühle mich, als würde ich mich im Kreis drehen. Meine erste Kolumne hieß Aus der Deckung und es ging darum meine Gedanken zu teilen und ‚aufzumachen‘. Anscheinend sitzt das Problem ziemlich tief. Aber ich glaube, zu merken, wie es immer weiter geht und ich immer mehr an den Kern komme. Und zum Glück muss ich das ja nicht allein machen, denn Gott hilft mir dabei. Er hat mir einen Mund gegeben, um zu reden und das muss ich jetzt lernen. Und ich habe Gott in seiner Rolle, dass Er meine Gedanken kennt, schon fast missbraucht. Ich habe mir so oft angemaßt, ihn zu bitten, meinem Gegenüber zu sagen, was ich denke oder wie ich mich fühle. Und das tut mir Leid! Ich will und muss also lernen zu reden, denn Beziehungen funktionieren nicht ohne Kommunikation – weder zu Gott, noch zu irgendeinem anderen Wesen auf der Erde.