Schau raus! Hast du die Sonne gesehen?
Als ich ihre Wärme das erste Mal wieder gespürt habe, hat es mir die Tränen in die Augen getrieben. Der Winter ist vorbei. Der längste Winter?
Für mich fühlt es sich an als sei schon seit Ewigkeiten Winter. Ich mag zwar den Schnee und zugefrorene Eisdecken haben auch ihren Reiz aber nichts geht über die hoffnungsvollen Sonnenstrahlen des Frühlings.

Für mich macht Frühling Lust auf mehr. Ich bin direkt erfüllt von Hoffnung, Erwartung und Vorfreude. Was werden die nächsten Monate wohl bringen?
Ich liebe dieses Aufbrechen. Die Blumen fangen an zu blühen. Vögel und Insekten fliegen umher und die Luft riecht nach Freude.

Das Aushalten

Das Leben in einer Pandemie ist hart. Ich bin privilegiert. Ich habe um nichts zu bangen und kann mir sicher sein, dass die aktuelle Situation mir nicht die Existenz rauben wird. Dafür bin ich dankbar. Und trotzdem ist eine Pandemie hart. Wir hören täglich Zahlen voller Leid und mittlerweile höre ich nur noch Zahlen. Dass Menschenleben dahinter stehen, darüber denke ich nicht mehr nach. Es ist einfach schon zu lange zu viel. Abgestumpft und resigniert fühle ich mich oft. Ich sage nicht mehr gerne „wenn Corona vorbei ist“, denn um ehrlich zu sein, habe ich die Hoffnung darauf schon ein bisschen verloren. Nach einem Jahr voller unerfüllter Hoffnungen auf Alltag ist das auch ziemlich normal, finde ich.
Und so war der Winter nur ein Aushalten. Leider. Eigentlich war er auch ein Reflektieren und Neu-Denken für mich. Trotzdem sehr passiv.

Hoffnung liegt in der Luft

Jetzt, wo ich die Sonne sehe wie sie auf meinen Balkon scheint und wie sich die Natur wieder zu erheben scheint, sieht die Welt irgendwie ein bisschen anders aus. Ich kann es kaum erwarten im Sommer in die Saale zu springen – einfach, weil es schön ist. Ich kann es kaum erwarten in Sommerklamotten die Abende ausklingen zu lassen und noch abends um 10 nicht zu frieren. Der Geruch von Hoffnung liegt in der Luft.

Winter sind für mich schwer. Ich gelange oft in Sackgassen und will nicht mehr weiter. Es sieht alles endlos trist aus und ich sehe keinen Sinn mehr. Und ja, ich habe oft das Bedürfnis einfach vom Balkon zu springen oder einfach nicht mehr zu existieren. Einfach verschwinden. Das wäre schön. Winterwahn.

Für Menschen wie mich, die mit ihrer psychischen Gesundheit zu kämpfen haben, ist der Frühling die Rettung. Alles hat plötzlich wieder einen Sinn. Ich will spüren, erleben, erfahren. Überwältigt von Schönheit und Aufbruch.
Das ist alles, was ich sagen will: Lasst uns hoffen! Hoffen auf die Zukunft, auf das Gefühl von Sommer, auf Leben.

 

(Hier gibt es noch ein Gedicht von Hermann Hesse, meinem Lieblingsautor.)

Frühling

Es fahren leise junge Wolken durchs Blaue,
Kinder singen und Blumen lachen im Gras;
Meine müden Augen, wohin ich schaue,
Wollen vergessen, was ich in Büchern las.

Wahrlich alles Schwere, das ich gelesen,
Stäubt hinweg und war nur ein Winterwahn,
Meine Augen schauen erfrischt und genesen
Eine neue, erquellende Schöpfung an.

Aber was mir im eigenen Herz geschrieben
Von der Vergänglichkeit aller Schöne steht,
Ist von Frühling zu Frühling stehen geblieben,
Wird von keinem Winde mehr weggeweht.