Feminismus und Stereotype

Jap. Ich schreibe heute über Feminismus. Zumindest kommt er mehr oder weniger in dem vor, was ich heute teilen möchte. Und ja, auch bei mir löst der Begriff „Feminismus“ nicht nur Freude aus, sondern entlockt mir ab und zu ein genervtes Ausatmen. Schon wieder die alte Leier. Da wurde doch schon alles gesagt. Ich kanns nicht mehr hören. Heutzutage sind wir doch alle gleich. usw. Das sind die Gedanken, die dann aufploppen und mich hindern wollen zu schreiben, was ich sagen will. 

Ich glaube, es wurde noch nicht alles gesagt. Und selbst wenn, dann nicht laut genug. Denn ich höre in meinem Kopf noch die Stimme, die ich schon mein ganzes Leben lang gehört habe. Und ich glaube, kleine Mädchen von heute hören sie leider auch. 

Hübsch siehst du aus. So eine Süße. Lass die Jungs mal kämpfen. Warte, lass lieber ihn das Glas öffnen. Was bist du denn so zickig? Komm, stell dich nicht so an. …

Alles Stereotype. Und ich will nicht sagen, dass die Stereotype über Mann und Frau immer komplett daneben liegen. Natürlich gibt es Dinge, die objektiv betrachtet mehr von Männern gemocht werden, oder eben von Frauen. Ob das jetzt anerzogen wurde oder genetisch programmiert ist, möchte ich hier nicht diskutieren. 

Was mir aber wichtig ist, ist Folgendes:

In meinem Kopf spielt sich ab, was ich in der Gesellschaft oft wahrnehme. Wenn ich eine Frau sehe, die zielstrebig ihren Idealen folgt und Erfolg hat, dann dauert es nicht lange, bis ich sie gedanklich als „Bitch“ abstempele. Die ist bestimmt egoistisch. Wer glaubt sie eigentlich, dass sie ist? Wenn ich einen Mann mit den gleichen Eigenschaften sehe, passiert das nicht. 

Zu Frauen in meinem direkten Umfeld spüre ich ganz oft eine Art Konkurrenz. Ganz unterbewusst. Trotzdem ist sie da. Dann überbewerte ich jede Reaktion, dann versuche ich mich unterbewusst besser darzustellen. Dann spreche ich meinem Gegenüber innerlich die Kompetenz ab oder rede mir ein, dass sie mich nur übertrumpfen will.
Wenn ich emotionale Frauen sehe, die wütend sind oder weinen, dann stempele ich sie schnell als hysterisch oder weinerlich ab. Für Männer nutze ich das Schimpfwort „Pussy“. Wie ironisch.

Ich könnte bestimmt noch ewig weiterschreiben und immer mehr Beispiele dafür finden, was sich da abspielt. Das ist internalisierter Sexismus. Vielleicht kommen dir meine Beispiele bekannt vor und du hast das eine oder andere auch schon gedacht. Naja, das ist eben ein Resultat unserer Umwelt. 

Ich nehme andere Frauen selten so ernst wie Männer.

Ich nehme ja nicht mal mich selbst ernst. Als würde ich wollen, dass die Welt für mich entscheidet und nicht ich, so inkompetent wie ich bin. Und dann bin ich super verletzlich und fühle mich bei jeder Kleinigkeit ganz schnell nicht ernst genommen und ziehe mich zurück. Ich bin ja klein, unbedeutend, nur eine Frau.

Ich habe schon gesagt – ich glaube, das ist alles normal durch die Umwelt, in der wir aufwachsen. Trotzdem will ich mich nicht damit zufrieden geben. Ich will nicht schlecht über Frauen denken oder sie verurteilen. Ich will keinen Unterschied machen zwischen Mann und Frau, wenn es um Dinge wir Erfolg und Willen geht. 

Und jetzt?

Gott hat nicht nur die Männer dazu berufen voranzugehen und mutig mit ihm zu leben. Gott hat auch Frauen berufen. Auch mich. Wenn ich einen Tag lang jede Frau segnen würde, über die ich schlecht denke, dann würde ich so viel Segen aussprechen. Stell dir mal vor wir würden Frauen nur ermutigen und sie als starke Kämpferinnen sehen.
Wichtig ist mir hier: Das geht auch im Umkehrschluss. Stell dir vor, wir würden Männer nicht komisch ansehen, wenn sie weinen. Stell dir vor, es wäre normal, dass Männer ihre Schwäche zeigen dürfen (und dabei Stärke beweisen, denn Stärke in der Schwäche und so… 😉 )

Ich will anfangen neu zu denken. Ich will die Frauen in meinem Umfeld mehr mit einem liebenden Blick sehen und weniger mit einem Blick der Verurteilung oder der Konkurrenz. Ich will ermutigen und Erfolge feiern, anstatt faule Wurzel dazuzudichten.
Weißt du was, es gibt kein Problem mit den Frauen. Es ist alles im Kopf – in deinem und meinem.