Hey Leute, willkommen zurück! Wie angekündigt, kommt heute Autorität Teil 2.

In der letzten Kolumne ging es darum, was Autorität ist, wie sie zustande kommen kann (nämlich durch u.a. Konsens, Amt oder Gott). Ich habe darüber geschrieben, welche Instanzen über mein Leben Autorität haben und warum ich es wichtig finde, mich damit auseinanderzusetzen. 

Jetzt will ich darüber schreiben, wie es ist, wenn wir selbst Autorität haben oder zugesprochen bekommen. Ich kann natürlich nicht für die ganze Menschheit schreiben und das will ich auch nicht.
Hier kommt also ein Bericht, wie es mir mit meiner eigenen Autorität geht und was mich daran hindert, sie gut auszuüben.

Autorität über mein Leben

Dass ich Autorität besitze, war mir nicht immer klar. Ich habe beim letzten Mal schon geschrieben, dass ich mir z.B. nicht darüber bewusst war, dass ich für mein Leben verantwortlich bin. Vielleicht war es mir manchmal kognitiv klar. Aber im Herzen in das nicht angekommen und noch weniger im Handeln. 

Ich habe mich selbst als Opfer betrachtet, dem immer nur Dinge passieren – manche schön und manche blöd – aber so ist das eben, wenn man getrieben wird im Strom des Lebens. Wie ein Blatt im Wind mit jedem Luftstoß ein bisschen weiter. Mal aufwärts, mal abwärts. Und wenn du Glück hast, dann kommt ein ganz schönes Leben dabei heraus. 

Das klingt gleichzeitig tragisch und entspannt. Auf der einen Seite bleibst du immer das Opfer und kannst nicht aktiv handeln. Dein Leben passiert irgendwie und du musst eben damit leben. So kann man leben. Das funktioniert. Auf der anderen Seite ist es auch entspannt. Du kannst ja nichts ändern, also musst du auch nichts ändern. Du musst keine Entscheidungen treffen, nicht klar Stellung beziehen und es lebt sich auch ganz nett, wenn man alles auf andere, das Schicksal oder Gott schieben kann. 

Ich sag es nochmal: So kann man leben. Und als ich so gelebt habe, ging es mir nicht schlecht. Das ging alles lange gut so wie es war. Aber irgendwann regte sich ein leiser Funke in mir, den ich die Jahre vorher immer nur zu gut vergraben hatte. Und ich konnte ihn nicht aufhalten und es platzte aus mir raus: Rebellion. 

Ich wurde wütend auf alles und jeden. Auf Gott, meine Freunde, meine Familie, die Gesellschaft, die Gemeinde, die Christenheit, alles. Mein Vorwurf war, dass ich plötzlich glaubte, alle wollen mich in eine vorgeprägte Bahn lenken, in der es gut läuft, aus der ich aber nie wieder herauskomme. Und das machte mir Angst. 

Ich kürze das mal ein wenig ab: Mittlerweile weiß ich, dass die Bahnen, Ketten oder Käfige, die ich den anderen vorgeworfen habe, selbstgebaut waren. Ich habe mir all die Jahre nicht zugestanden aktiv zu leben, sondern habe das Leben passiv „konsumiert“. Und dann hab ich plötzlich meine selbstgeschmiedeten Ketten gesehen und musste verstehen, dass ich es war, die sie mir angelegt hat. 

Warum habe ich aber meine Augen davor verschlossen und mich freiwillig in Ketten gelegt? 

Angst. Ich hatte Angst vor Verantwortung, davor Autorität auszuüben und ich habe mich selbst nicht geliebt und war mir egal. 

Selbstliebe ist immer noch so ein Ding – es geht langsam vorwärts. Yay! Ich weiß mittlerweile, dass ich geliebt bin und es nicht egal ist, ob ich existiere oder nicht. Noch viel mehr: ich habe Träume, Hoffnungen. Und ich weiß, dass mein Leben es nicht wert ist, einfach vorbeizufliegen und so zu werden, wie es von außen bestimmt ist. Mein Leben ist es wert gelebt zu werden. Aktiv. 

Das macht mir immer noch Angst. Aber die Komfortzone ist selten ein guter Ort. Und wir sind auch nicht für Komfortzonen gemacht – das wäre ja langweilig. Schau mal in die Bibel – Komfortzonen sind da fehl am Platz!

Autorität in anderen Bereichen

Jetzt habe ich aber nicht nur Autorität über mein eigenes Leben. Ich habe die Autorität in die Leben einiger meiner Freunde zu sprechen. Wenn ich vor einer Schulklasse stehe, verleiht mir mein Amt Autorität. Diese zwei Situationen finde ich persönlich nicht so schlimm. Warum? Weil ich mir ziemlich sicher bin, dass mich meine Freunde mögen und mir auch Fehler verzeihen. Und weil das Amt der Lehrperson Sicherheit verleiht. Man sitzt am längeren Hebel. Natürlich muss damit auch gut umgegangen werden. Allein mein Alter, mein Wissen und meine Position heben mich aber von den Schülerinnen und Schülern ab und machen die Situation weniger gruselig. 

Auf den Punkt gebracht: Hier brauche ich wenig Selbstvertrauen, um meine Autorität auszuüben.

Der wunde Punkt: Lobpreis

Kommen wir mal zu meinem wunden Punkt. Ich bin Lobpreisleiterin. Als ich damit begonnen habe, Lobpreis zu leiten, fand ich das ganz schrecklich, aber ich wusste, dass Gott es für mich vorgesehen hat. Ich war und bin mir dessen sehr sicher. Dem gegenüber stehen aber meine Ängste und Komplexe. 

Selbstbewusstsein

Wer bin ich denn schon? Ich bin noch nicht mal lange Christ. Ich habe keine musikalische oder geistliche Ausbildung. Ich kann kein Instrument besonders gut spielen, hatte nie Gesangsunterricht. Bei 90% der Fachbegriffe habe ich absolut keine Ahnung, was damit gemeint ist. Ich kann keine Noten lesen. Ich kenne auch keine Größen in der Lobpreis-Bubble. Ich hab mich einfach eines Tages hingestellt und gesagt: Ich würde das gerne machen. 

Ist schon cool, dass ich das durfte. Ich mache es ja auch super gerne. Ich glaube auch, dass ich darin immer mehr wachse. Aber wenn ich ehrlich bin, dann hätte ich gerne alle Schriebse der Welt, um mein Ego aufzupolieren.

Was ich dabei nicht sehe – es geht nicht darum, was ich kann, sondern wer ich bin und darum, dass Gott mich an diesen Ort gestellt hat. Er sagt mir so oft „Du hast alles, was du brauchst“ aber wenn ich ehrlich bin, dann glaub‘ ich’s nicht. Das ist fatal, weil ich immer noch mit meiner Identität hadere und Lügen mehr Aufmerksamkeit schenke als Gottes Gedanken.
Das ist aber noch schlimmer, wenn ich Autorität habe, die sich auf andere Leute auswirkt und ich sie nicht wahrnehme, weil ich mich an solchen Fragen aufhalte wie, ob mich die Gemeinde überhaupt leiden kann. 

Ich habe die Autorität, den Auftrag die Gemeinde in den Lobpreis zu führen. Ich darf einen Raum bereiten, in dem Gott und seine Gemeinde sich begegnen. Und anstatt mutig loszugehen, frage ich mich, ob das nicht jemand anders besser könnte. 

Ich glaube, dass es okay ist, wenn wir mal zweifeln, solange wir Gott nicht aus den Augen verlieren. Aber ich glaube auch, dass es fatal ist, wenn wir unsere Autorität, die uns gegeben wurde, nicht wahrnehmen oder falsch mit ihr umgehen. Dann entstehen Machtvakuume, die mehr Chaos verursachen als alles andere. 

Wenn ich mich also dann überwunden habe und ganz okay auf mich selbst in einer Leiterposition klarkomme, dann kommen aber meistens die nächsten Lügen. Wieder: Angst.

Ich, der Tyrann

Im nächsten Schritt rede ich mir dann ein, eine „Diktatorin“ zu werden. Macht korrumpiert und ich bin bestimmt die erste, der es so gehen wird. Ich werde Leute schlecht behandeln, sie werden sich von mir abwenden und ich werde grausam. Diese Angst verfolgt mich noch mehr in meiner Rolle als Bereichsleiterin. Deswegen bin ich da gerne untätig und tue so, als könnte ich nichts ändern. Weil ich Schiss hab!

So oder so – ich dreh mich im Kreis. Wenn Gott mich berufen hat, dann wird er mich auch mit allem ausrüsten, was ich brauche. Wenn ich mit ihm in Beziehung bin, dann ist die Gefahr, dass ich zum „Diktator“ werde, viel geringer. Ich kann trotzdem scheitern. In beiden Dingen. 

Was zählt!

Was zählt ist, was Gott über mich denkt. Er hat mich eingesetzt – das glaube ich. Jetzt muss ich „nur noch“ glauben, dass er es gut meint und mich fest in seiner Hand hält. Manchmal gelingt es mir schon. Oft noch nicht. Ich will aber nicht mehr, dass meine Befindlichkeiten Gottes Wirken im Weg stehen – und ich glaube genau das tun sie, wenn ich meinen zugewiesenen Platz nicht ausfülle. Also bete ich um Gottes Blick und seine Weisheit und um Mut.

Erkennst du dich darin wieder? Oder geht es dir ganz anders?
In welchen Bereichen hast du Autorität? Übst du sie angemessen aus?
Vielleicht magst du dir darüber Gedanken machen. Du kannst mir auch gerne schreiben, was du dazu denkst. (marie@keineinsamerbaum.org) Ich bin gespannt!

Ansonsten – bis zu nächsten Mal. Sei gesegnet!