Kennst du das?

Du betest in oder für eine Situation und dann geschieht, wofür du gebetet hast und du bist einfach nur schockiert. In letzter Zeit geht es mir oft so. Eigentlich Hallelujah, denn der Herr erhört anscheinend mein Gebet. Aber was ich wirklich denke ist: „So ein Zufall.“

Bei mir hat sich über die letzten Monate etwas eingeschlichen.

Stück für Stück hat es mich durchflutet und sich immer tiefer ins Innere hineingefressen, bis ich es für normal gehalten habe. Unglaube. Damit meine ich aber nicht, dass ich nicht mehr glaube, dass es einen Gott gibt oder dass Jesus für meine Schuld ans Kreuz gegangen ist oder dass ich in ihm die Freiheit und das ewige Leben habe. Das sitzt noch immer tief in meinem Herzen.

Was ich gerade irgendwie nicht glaube, ist, dass Gott wirklich lebendig aktiv etwas tut und es dabei auch noch gut mit mir meint. Das Bild eines Herrschers hat sich eingeschlichen, der auf seinem Thron sitzt, nichts von den Untertanen mitbekommt und wenig mit ihnen zu tun hat. Jemand, der mächtig ist und würdig und heilig aber eben so fern. Ich komme noch zu Gott und lege ihm meine Sorgen, Nöte und Zweifel hin, aber da hört es dann irgendwie auf. Ich erwarte nichts mehr.

Wie es so weit kommen konnte?

Wenn ich ehrlich bin, dann war das alles immer schon da. Mal mehr, mal weniger. Im Kern hatte ich aber immer ein Problem damit, Gott vollkommen zu vertrauen. Zwischen ihm und mir steht Angst. Angst, dass er sich doch gegen mich entscheiden könnte. Angst, dass er es nicht gut mit mir meint. Angst, dass ich nicht genug für ihn bin. Tausend Gedankengebäude, die mir weh tun und dafür sorgen, dass ich resigniere und mich klein halte. Dann wird es vielleicht nicht so schlimm, wenn rauskommt, dass ich damit Recht habe.

Verdrehungen

Ich versuche mich also pessimistisch darauf vorzubereiten, dass Gott mich eines Tages fallen lässt und ich dann sagen kann: „Ich habs gewusst.“ Scheiße ey. Was für ein Chaos und wie viele Lügen.

Rein objektiv betrachtet ergibt schonmal ein Großteil der Dinge absolut keinen Sinn. ‚Angst, dass er sich doch gegen mich entscheidet.‘ Das ist so eine Verdrehung, so eine Täuschung. Jesus war doch schon am Kreuz. Er ist gestorben. Vor über 2000 Jahren. Für ALLE Menschen, auch für mich. Das kann niemand wieder rückgängig machen.

Auch ’nicht gut genug‘ ist so eine menschliche Denkweise, die so anders ist als Gottes Wesen. Das weiß ich ja alles. Aber mein Herz hat es vergessen.

Ich sehe ja, was Gott tut. Ich sehe, dass er wirkt. Und ich sehe auch, dass er sich um seine Geschöpfe kümmert. Liebevoll. Wie kann ich dann denken, ich könnte so anders sein und ihm so egal sein. Da verdrehe ich wieder, was ich so oft tue. Nicht ICH entscheide, wer es verdient hat, geliebt zu sein. Sondern ER. Nicht ich bin der Richter. Auch nicht über mich.

Was macht das also mit mir?

Diese Art, zu denken, dass sich Gott nicht für mich interessiert, dass er mich doch nur fallen lassen wird, vertrocknet mein Herz. Es wird steinern, kalt und klein. Statt voller Wärme und Kraft zu pulsieren, wird es leise und unauffällig. Und meine Seele wird schwer. Das ist mir in letzter Zeit so oft aufgefallen. Auf mir liegt oft ein dunkler Schleier, der mich runterzieht und alltägliche Dinge schwer macht.

Rein praktisch ist passiert, was passiert, wenn man sich nicht gut genug fühlt. Ich habe begonnen mich zu optimieren, um die Chance von Gott verworfen zu werden möglichst gering zu halten. Meine Ansprüche an mich selbst sind ins Unermessliche gestiegen. Ich versuche immer mehr zu schaffen, sei es an der Uni oder bei Alltagsaufgaben. Ich will mithalten können mit den Leuten, die ich für produktiv halte und bei denen ich denke: „Krass, wie stark du bist.“

Und dann wächst mir alles über den Kopf und ich stelle fest, dass ich meinen Ansprüchen nicht gerecht werde. Dann werde ich traurig und denke: „Ich kann eigentlich gar nichts.“ Und dann beginnt die Spirale erneut. Werkgerechtigkeit nennt man das. Aber ich bin nicht meine Leistungen und Leistung spricht mich nicht gerecht.

Was Er sagt

Wir werden von Gott gerecht gesprochen, indem wir an Jesus Christus glauben. Dadurch können alle ohne Unterschied gerettet werden.
Denn alle Menschen haben gesündigt und das Leben in der Herrlichkeit Gottes verloren.
Doch Gott erklärt uns aus Gnade für gerecht. Es ist sein Geschenk an uns durch Jesus Christus, der uns von unserer Schuld befreit hat.

(Römer 3, 22-24 – Neues Leben)

„Sola fide“, hat Luther gesagt. Allein durch Glauben sind wir gerettet. Durch den Glauben an Jesus Christus. Es ist eigentlich so simpel.
Wenn ich die Verse lese, denke ich mir: „Das steht da seit knapp 2000 Jahren für alle Menschen zugänglich. Das kann man einfach lesen. Aber wie oft wurde das nicht verstanden und wie wenig verstehe ich es.“

Alle Menschen haben gesündigt und das Leben in der Herrlichkeit Gottes verloren. Das ist ernüchternd. Es zeigt mir: Ich werde kein besserer Mensch, wenn ich Sport mache. Gott nimmt mich nicht mehr an, weil ich weniger esse oder mehr arbeite. Ich falle so oder so immer wieder vom Pferd – auf der einen oder der anderen Seite. Es zeigt mir aber auch, dass ich weder besser, noch schlechter als andere Menschen bin. Jeder sündigt. Das ist nicht schön. Aber es zeigt mir, dass auch ich nicht verworfen werde.

Dass Gott uns gerecht spricht, ist Gnade. Es ist ein Geschenk. Ohne Gegenleistung. Ohne Kleingedrucktes. Ohne Abofalle. Und ohne Haken. Es ist da. Wir dürfen es einfach nur annehmen und glauben, dass es uns gilt.

Das ist so nice! Und während ich das hier schreibe, ist meine Schutzmauer Gott gegenüber noch hoch, ich spüre aber wie sich ganz langsam kleine Steinchen lösen und sie zu Boden fallen. Es bröckelt.

Und jetzt?

Ich wünsche mir ein offenes, verletzliches Herz. Ich wünsche mir, dass ich ohne Rückhalt und ohne Zögern zu Gott komme und ihm alles von mir zeige und gebe. Er sieht es ja sowieso. Und Gott hält das aus.

Ich will auch wieder erwarten, dass er Großes tut. Ich will nicht denken: „So ein Zufall.“ Mein Innerstes sehnt sich nach seiner Hoffnung und ich will mich ihm entgegen strecken.

Nur, wenn ich wirklich an seine Güte glaube, wird mein Glaube lebendig. Dann hat er Raum zu wirken und ich darf staunen. Ich will nicht weiter resigniert in der Ecke sitzen und mit versteinertem Herzen vor mich hin leben. Ich bete für ein erwecktes Herz.

Wer könnte es besser mit mir meinen als der, der mich geschaffen hat und sein Leben für mich gab?