Da ich die letzte Kolumne während meines unerwarteten Krankenhausaufenthaltes geschrieben habe, kommt nun sozusagen die Fortsetzung. Denn mittlerweile ist natürlich sehr viel passiert.

Leise Vorahnung

Der vorzeitige Blasensprung bescherte mir sozusagen eine Zwangspause, die mir eigentlich echt gut tat und vieles in meinem Leben in eine neue Perspektive rückte. (Darüber schreibe ich hier.) Nach mehreren Tagen künstlicher Geburtseinleitung, die ohne große Wirkung blieben, ging es mir jedoch körperlich nicht mehr so gut. Ich merkte schon früh am Morgen des vierten Einleitungs-Tages, genau eine Woche nachdem ich ins Krankenhaus eingewiesen wurde, dass etwas nicht stimmte und bekam schon etwas Angst. Was ich jedoch in den Tagen seit dem vorzeitigen Blasensprung viel geübt hatte, war die bewusste Entscheidung negativen und angstschürenden Gedanken keinen Raum zu geben, mich bewusst davon abzuwenden und mich auf Gottes Frieden zu fokussieren.
Also blieb ich ruhig, wusste aber: Heute wird anders verlaufen als die vorherigen Tage.

Die Entscheidung

Im Laufe des Vormittags ging es mir schlechter, ich bekam Fieber und die Herztöne meines Babys waren auffällig ruhig. Auch meine Blutwerte deuteten eine anbahnende Infektion an.
Ich hatte schon im Gefühl, dass ich mich wahrscheinlich von einer natürlichen Geburt verabschieden musste, aber fokussierte mich nicht auf diesen Gedanken, sondern schrieb Sascha noch eine Nachricht, dass alles ruhig aussieht und ich noch keine Wehen von dem Gel bekomme.
Ich hatte gerade das Handy zur Seite gelegt und mich auf weitere zwei Stunden des Wartens auf Wehen eingestellt, als die Ärztin den Raum betrat und sich zu mir setzte und in Ruhe erklärte, dass vieles jetzt dafür spräche, das Kind sofort zu holen, wenn ich dem zustimmen würde.
Ich war zwar überrumpelt und mein Herz klopfte wie wild, doch ich war immer noch wie von einer Wolke des Friedens eingehüllt und ich wusste, dass dieser Weg der Geburt in diesem Moment wirklich das Beste für uns ist. Also stimmte ich zu.

Plötzlich ging alles schnell…

Als ich Sascha nicht erreichen konnte, brach ich dann doch in Tränen aus, weil ich ja gerade noch geschrieben hatte, dass alles ruhig ist, hatte er wohl das Handy auch erstmal weggelegt und nicht mit einer „Komm JETZT!! In zehn Minuten wird unser Kind rausgeholt!“ Nachricht gerechnet.
Nach vielen Versuchen ging er dann endlich ran und machte sich schnell auf den Weg. Er kam wenige Minuten bevor ich in den OP ging an und wir konnten uns noch kurz halten. Das gab mir in dem Moment so viel Kraft und auch während der Geburt war er an meiner Seite und stärkte mich, lenkte mich ab, wenn meine Gedanken sich zu detailreich ausmalten, wie es wohl gerade hinter diesem Vorhang aussieht und ich zu zittern begann.

Plötzlich war da eine Stimme, die ich noch nie gehört hatte und doch kam es mir vor, als hätte ich sie schon immer gekannt. Dann dämmerte es mir, dass dieser schrei von hinter dem Vorhang kam. Mein Herz hämmerte gegen meine Brust als ich zu Sascha blickte und sagte: Das ist sie. Sie ist so stark, sie kann so laut schreien, ich wusste es, sie ist so stark. Und dann wurde sie mir gegeben und ich hielt sie, versunken in ihrem kleinen, runden Gesichtchen vergaß ich alles um mich herum.

Ein Wunder

Das alles so gut verlaufen ist, war ein Wunder durch und durch, denn sie wog mit 2710g deutlich mehr als alle bei einer Geburt in der 35. Woche erwartet hatten. Sie atmete problemlos von alleine, ich konnte sie stillen und sie trank so kräftig und viel, als hätte sie nie was anderes gemacht.
Die Infektion, so wurde mir im Nachhinein berichtet, war bereits im Nabelschnurblut nachweisbar gewesen, doch bei unserer Tochter war alles in Ordnung, es waren keine Antibiotika nötig. Das zu hören hat für mich bestätigt, dass Gebete tatsächlich Berge versetzen können und auch dass der Kaiserschnitt die richtige Entscheidung in letzter Minute gewesen war.

Wir konnten glücklicherweise, nachdem ich aus dem OP kam, zu dritt noch eine ganze Weile im Kreißsaal zusammen sein, was angesichts der Tatsache, dass Väter aufgrund der Corona Schutzmaßnahmen in den allermeisten Fällen direkt nach der Geburt schon weggeschickt wurden und während den Tagen auf der Wochenbettstation nicht zu Besuch kommen durften, ein unbeschreiblich wertvolles Geschenk war.

Gott hat mein Gebet gehört

Es war so unwirklich, meine kleine Tochter plötzlich zu halten, ohne die ganzen Wehen, ohne das Pressen und ohne das Kämpfen einer natürlichen Geburt.
Doch gekämpft hatte ich für sie. Sehr anders als bei meiner ersten Geburt, doch während dem Krankenhausaufenthalt hatte ich täglich im Gebet für sie gekämpft, für ihre Gesundheit, für Kraft, für die Zeit, die sie noch in meinem Bauch brauchte.
Der Kaiserschnitt selbst ist außerdem auch ein Kampf, insbesondere in den Tagen unmittelbar nach der Geburt. Details dazu lasse ich jetzt aus, denn der Fokus soll auf den positiven Aspekten der Geburt bleiben. Und das war es im Endeffekt: Eine positive Geburt.
Ich habe erneut so einen bewundernden Respekt gegenüber der Stärke und dem Wunder des weiblichen Körpers bekommen und halte meine zweite, absolut wundervoll geschaffene, kerngesunde Tochter auf dem Arm und kann den Reichtum in meinem Leben kaum fassen.

Ich bin so dankbar nach meinen letzten beiden Geburtserfahrungen, einer natürlichen Geburt in der 42 Woche und einer Fehlgeburt in der 12. Woche, nun auch die Erfahrung eines sekundären Kaiserschnitts in der 35. Woche gemacht zu haben. Ich fühle mich durch dieser Erfahrung bereichert und habe wirklich viel über mich, meinen Körper, Heilen und Ruhen, sowie meiner Haltung zum Thema Geburt gelernt. Wir konnten sogar schon am dritten Tag, trotz Kaiserschnitt und Frühgeburt nach Hause. Bis ins kleinste Detail ist die gesamte Zeit von Wundern und Gottes Beistand durchwoben und es hat mich nachhaltig verändert, demütiger, geduldiger und vor allem dankbarer gemacht.