Was man macht, beziehungsweise arbeitet, wird in unserer Gesellschaft eine sehr hohe Bedeutung zugeschrieben – darum ging es bereits in der letzten Kolumne. Doch was mich in den letzten Wochen wirklich beschäftigte, war die Frage: Was ist, wenn man nichts macht?

Oft ist es einfacher geschäftig zu sein, den Alltagsaufgaben nachzugehen, und sich durch seine Arbeit in die Gesellschaft einzugliedern, als sich der enormen Frage zu stellen, was denn bleibt, wenn man das alles nicht mehr kann/will/darf?

In Sprüche 31, 10-31 wird die Idealversion einer Frau beschrieben.

Sie spürt den Erfolg ihrer Arbeit, auch des Nachts erlischt ihre Lampe nicht.

– Sprüche 31, 18

Dieser und viele weitere Verse in dem letzten Abschnitt der Sprüche loben die tüchtige Frau und ihre Stärke und ebenso ihre Großzügigkeit den Armen gegenüber, sowie ihre professionellen Geschäftsfähigkeiten. Ehrlich gesagt, hat mich diese Stelle oft gestört, weil der Wert der Frau auf Tüchtigkeit, Ausdauer, Aufopferung und Fleiß reduziert wird. Zumindest habe ich das so zuerst verstanden. Das wäre aber ziemlich traurig, weil wir uns spätestens zur Zeit des Schuleintritts Leistungsdruck, Vergleichen, Konkurrenzkämpfen, Bewertungen und Wettbewerb stellen müssen. Das gilt nicht weniger für die Jungs, im Gegenteil. Aber das Wesen, was in Sprüche 31 beschrieben wird, kam mir übertrieben vor, unecht und irgendwie von Burnout bedroht.

Ich persönlich liebe es aktiv zu sein, Projekte anzugehen, sie fertigzustellen und mich Herausforderungen zu stellen.

Mir war nicht bewusst, wie sehr ich meinen Selbstwert an meine Leistungen und meinen Job geknüpft habe, bis ich im voherigen Monat eine berufliche Pause einlegen musste, weil die Kombination meiner (glücklichen) Umstände und die Arbeitsbedingungen als zu risikoreich eingestuft wurden. Es war schwer aus dem Schwung herauszukommen, meine bereits vollgeplanten Wochen sich leeren zu sehen und plötzlich jeden Tag meine Zeit, und was zu tun ist, völlig frei gestalten zu können – und das mehrere Monate lang. Mein Überschuss an Freizeit und die Beschwerden darüber kamen mir vor wie ein echtes Luxusproblem. Der Grund dafür war allerdings nicht Langeweile oder ein Mangel an Ideen und Projekten, die ich lange machen wollte, sondern in gewisser Weise fehlte mir das Hamsterrad. Ich hatte verlernt mir selbst Aufgaben zu geben und den Tag produktiv zu gestalten, wenn es keiner von mir verlangt.

Die Frage wer ich bin, wenn ich nichts mache, wenn ich einfach ruhe, einfach bin, hat mich so beschäftigt – und darin sehe ich den tieferen Sinn dieser beruflichen Auszeit: Genau das herauszufinden. So wichtig eine erfüllende, sinngebende Arbeit auch sein mag (s. Kolumne vom 20.03.17), wichtiger ist es sich bewusst zu sein, wer man ist, unabhängig von allem, was man macht, lässt, isst oder trägt.

Ich traute mich endlich wieder an den Kern meines Wesens zurück. Ein Ort, an den ich mich lange nicht mehr herangetraut habe, denn ich war ja „zu beschäftigt“ und es „lief doch alles so gut“.

Von daher bin ich mehr als dankbar diese Zeit geschenkt zu bekommen und werde in den nächsten Wochen die Fragen nach wahrer Identität verarbeiten und auch hier mit euch teilen.

  1. Wie geht es dir, wenn du Sprüche 31, 10-31 liest?
  2. Womit identifizierst du dich vorrangig?
  3. Wer bist du, wenn du ruhst?