Um diese Zeit des Jahres machen sich viele, ob gläubig oder nicht, Gedanken zum Fasten.

Ich habe mich dieses Jahr kurzerhand entschlossen die meisten Apps von meinem Handy zu löschen und es nur noch zu Komunikationszwecken zu gebrauchen. Es ist erstaunlich, wie viel mehr Zeit ich dadurch in den kleinen Ruhemomenten des Tages für bewusstes Abschalten, Meditieren, Beten, Sport und einfach mit meiner Familie kuscheln habe. Ich werde wahrscheinlich gar kein Bedürfnis mehr haben, die Apps wieder herunterzuladen nach dieser Fastenzeit, weil die Lebensqualität wirklich enorm steigt, wenn man sich nicht ablenkt, schon gar nicht mit beeindruckenden Instagram Beiträgen (hier kommt die altbekannte Vergleichs-Falle wieder zum Tragen).

Generell kann man sagen, dass man beim Fasten logischerweise etwas weglässt, was einem im Übermaß schadet oder ablenkt. Bei vielen ist das ungesundes Essen, Alkohol oder Rauchen, bei anderen, so wie mir teilweise auch, ist es sinnloser Internetkonsum, Serien etc. Der Fokus liegt dabei auf dem bewussten Weglassen.

Doch die Bibel beschreibt in Jesaja einen anderen Gedanken zum Fasten, den ich sehr faszinierend finde.

Ist nicht das ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg!

Heißt das nicht: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!

– Jesaja 58, 6-7 (Lutherbibel 2017)

Es geht hier nicht um das Weglassen von negativen Einflüssen, sondern um das Hinzufügen von aktiven, positiven Handlungen. In den Versen zuvor wird kritisiert, wie das Volk sich durch die Fastenzeit quält und Gott sucht und fragt, warum er denn nicht reagiert. Zugleich unterdrücken sie Schwächere, streiten und zanken, wollen aber Gottes Gunst mit diesem religiösen Fasten erlangen. Dieses Fasten ist auch heutzutage noch überaus häufig. Das kritisiert Gott scharf und beschreibt dann das Fasten nach seinem Sinne und die Verheißungen, die damit einhergehen. (Wunderschöne Verheißungen! Es lohnt sich die Stelle nachzuschlagen und damit zu meditieren.)
Doch was bedeutet es, Gefangene freizusetzen, Hungrigen Essen zu geben, den Obdachlosen eine Unterkunft, etc?

Da scheint es zuerst fast leichter, selbst nichts zu essen, statt dieser Aufforderung nachzugehen. Doch genau das ist der Punkt. Beim Fasten sollte es nicht um uns selbst gehen. Es soll nicht darum gehen, Gottes Gunst zu erlagen, auch nicht ein Wort oder Handeln Gottes herbeizuführen und schon gar nicht um zusätzliche Pfunde loszuwerden und sich toll dabei zu fühlen. Das kann natürlich passieren – so als Nebenprodukt quasi – aber der Fokus beim Fasten sollte immer auf Gott liegen.
Wie werde ich Jesus ähnlicher? Wie werde ich selbstloser? Wie sehe ich Gottes Schönheit und Wesen klarer? Was spricht er über diese Welt? Was möchte er durch mich hier auf Erden tun? Das ist es, was in dieser Bibelstelle über Fasten ganz klar wird.

Wie sieht das konkret aus? Wen genau soll ich denn befreien? Ist das im wörtlichen Sinne gemeint?
Meine Gedanken dazu sind, dass man oft im übertragenen Sinne Menschen durch Unvergebung, Diskriminierung und ungerechtes Handeln ‚gefangen‘ hält. Menschen können in unserem Umfeld nicht frei sein, wenn wir sie nicht frei sein lassen, sondern urteilen, richten und schlecht reden. Doch unser Auftrag besteht darin, Menschen zu lieben, richten kann nur Gott sie. Es ist so schade, dass Christen heutzutage nachgesagt wird, sie seinen voller Hass, Intoleranz und Vorurteile. Ich denke, das sind alles Dinge, die Jesus nie nachgesagt wurden..

Wie können wir als Christen jeden Sonntag die Kirchenbänke warmsitzen, während ‚unser Fleisch und Blut‘ vor unserer Tür im Elend lebt? Das geht nur, wenn man ausschließlich seinen eigenen Komfort im Sinn hat. Es ist nicht bequem, alles, was man hat, mit Bedürftigen zu teilen. Vor allem die geistlich Hungrigen und Obdachlosen sehen wir alle jeden Tag um uns herum. Wir sollen die Nackten kleiden, das heißt diejenigen, die in Scham leben, würdevoll behandeln und schützen. Das, was uns gegeben wurde, materiell, sowie spirituell, ist nicht nur für unseren eigenen Genuss, sondern damit wir dieser schmerzenden Welt Gottes Liebe demonstrieren.

Dieses Jahr sehe ich die Fastenzeit daher in einem ganz neuen Licht. Ich möchte Gott in dieser Zeit ganz bewusst näher kommen, einen Hauch seines Herzschlags, seiner Sehnsucht und seines Schmerzes über diese Welt spüren und ihn mutig in meinem Umfeld repräsentieren.

Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen.

– Jesaja 58, 8 (Lutherbibel 2017)
  1. Wie denkst du über die Fastenzeit?
  2. Was bedeutet Fasten für dich, was sind deine Erfahrungen dazu?
  3. Wie reagierst du auf das Leid dieser Welt?