In der letzten Kolumne habe ich bereits über das Thema „Kreativität“ geschrieben und es kamen jetzt noch einige Gedanken dazu und auch, wie ich auf das Thema gekommen bin, wollte ich gerne noch mit euch teilen.
Mir ist nämlich letztens etwas bewusst geworden: Je mehr ich mich mit den Inhalten anderer Leute im internet zuschütte, desto schwächer und lascher wird meine eigene kreative Energie etwas zu schaffen. Ich habe mir lange eingeredet, dass der tägliche Konsum von Instagram zum Beispiel gut sei, weil ich mich dabei entspannen kann (→ unanstrengender Zeitvertreib) und zudem inspiriert werde (→ mein Leben ständig mit den polierten, gefilterten Bilderbuch Momenten zu vergleichen und nach und nach unzufriedener werden). Ich weiß, das ist nichts Neues. Die meisten haben mitbekommen, dass Facebook und Co depressiv machen können, aber ich habe tatsächlich bis jetzt gebraucht, um mir das auch einzugestehen.
Ich dachte immer, ich hätte meine „Inspirationsquellen“ gut ausgewählt, so dass ich wirklich nur Inhalte sah, die mich interessierten. Wenn andere sagten, dass sie Instagram nicht mehr nutzen, weil es sie unglücklich macht, dachte ich immer, dass sie sich mit den hübschen Bikini Models vergleichen und deshalb unglücklich werden. Ich dachte dann: Na, mich betrifft das nicht. Erstens folge ich keinen Bikinimodels und zweitens habe ich keine so krassen Unsicherheiten (mehr) mit meinem Körper, dass mich der Anblick eben dieser Ladies unglücklich machen könnte.
Doch ich lag wirklich fern der Wahrheit in dem Punkt, dass ich mich nicht trotzdem ständig vergleiche. Viel bedeutender als die perfekte Standfigur, ist für mich ein spannendes, erfülltes, farbenfrohes Leben voll Freude und Leichtigkeit. Ich habe zum Beispiel einer jungen Familie auf Instagram gefolgt, die mit einem umgebauten Bus um die Welt reist und alles scheint so einfach und perfekt. Bei jedem Bild von ihrem Schlafplatz in Richtung Strand, Dschungel oder Bergen, hat es mir einen kleinen Stich verpasst. Das möchte ich doch auch, dachte ich dann und sah mich zugleich so weit entfernt davon. Ich sah auch wie andere die Welt erkunden, sich unfassbar farbenfroh und gesund (vegan-rohköstlich) ernähren, super fit sind oder mit ihren harmonischen Familien im großen durchgestylten Haus fröhlich vor sich her leben. Ich würde mich gerne einfach für diese glücklichen Menschen freuen. Mir ist dabei klar geworden, wie schwer mir das fällt und wie sehr ich doch, wenn ich ehrlich bin, um mich selbst kreise und irgendwie auch im Selbstmitleid bade. Mein Leben erschien mir, wenn ich die App schloss, plötzlich so grau, langweilig und unfrei, auch wenn ich das vorher gar nicht so empfunden habe, sondern sehr glücklich und dankbar für alles in meinem Leben war.
Am Ende ist jedoch die App nicht Schuld daran. Was uns durch und durch vergiften kann, ist der ständige Vergleich mit anderen. Das kann auch ohne irgendwelche Apps oder sozialen Medien passieren und zwar täglich. Auf der Arbeit, in der Uni oder einfach auf der Straße, wenn man Filme schaut, Bücher liest etc. In diesem Zeitalter ist es so extrem geworden, weil durch das Internet viel mehr Einfluss und Bilder und eben perfekte Fassaden auf uns einprasseln.
Ich habe Instagram mindestens 10 mal de- und wieder reinstalliert. Warum, weiß ich nicht. Irgendwie hatte ich Angst, was zu verpassen. Aber vor allem wusste ich oft nicht, was ich so auf die Schnelle in einer ruhigen Minute machen sollte und nach Inspriationsquellen habe ich mich gerade dann gesehnt, wenn ich merkte, dass meine eigene Kreativität nachlässt.
Das führt mich zurück zu dem „Kreativitäts“-Thema der letzten Kolumne. Dort habe ich geschrieben, dass es so viel leichter ist zu konsumieren, als zu kreieren. Und das ist der Grund, warum man so hängenbleiben kann, an dem, was andere einem vorleben. Während wir selbst immer mehr im Selbstmitleid versacken – sozusagen.
Das klingt jetzt vermutlich alles sehr negativ, aber ich bin im Grunde unfassbar dankbar für diese Erkenntnis und zugleich ist es mir wichtig, die ganze Sache mit den Sozialen Medien nicht zu verteufeln. Es passiert so viel Gutes dadurch und es gibt unfassbar viele Möglichkeiten und das ist ein Segen unserer Zeit. Aber für mich persönlich wurde es einfach schädlich und ich gewöhne mich gerade an den Abstand davon und vor allem in den ruhigen Minuten, anstelle des Handyzückens, ein Notizbuch oder Skizzenblock zu nehmen und etwas aufs Papier zu zaubern. Außerdem fehlt es mir enorm, meine Gedanken in ein Journal zu schreiben und einfach dem, was in mir ist, Raum zu lassen.
Auch im puncto Glauben ist es einfach passiv zu konsumieren.
In vielen Gemeinden ist dieses passive Konsumieren sicherlich auch ein Grund, warum es an Lebendigkeit und übernatürlicher Kraft fehlt. Es ist leicht sich zu beschweren oder weiterzuziehen und sich spannendere Gemeinden zu suchen, während etwas zu starten, zu verändern, zu kreieren viel anstrengender ist. Ich hab so oft darüber nachgedacht zu YWAM zu gehen, weil die Bewegung schon so groß ist und man viel machen kann, auch nach Berlin zu ziehen, war für mich immer so reizvoll, weil man da ja so viel machen kann, die Möglichkeiten sind so groß. Sascha hat mich dann immer auf den Gedanken gebracht, was ich denn hier in Halle an Möglichkeiten nutze bzw. was ich denn starten könnte, wenn mir was fehlt. Natürlich habe ich das nie gern gehört, aber er hatte Recht.
Ich wollte so gern Teil einer großen Bewegung sein, weil es so einfach ist. Doch der richtige Weg ist nicht immer (oder fast nie) der einfachste und wenn wir zu schwach sind, ist Gott in uns stark. Denn nicht wir, sondern Er soll durch unser Leben verherrlicht werden. Deshalb ist es wichtig unseren Fokus immer wieder auf ihn zu richten und alles andere (inklusive uns selbst und unser Selbstmitleid) wird tatsächlich plötzlich unbedeutend, wenn wir seine Herrlichkeit sehen.
Doch der Herr hat zu mir gesagt: »Meine Gnade ist alles, was du brauchst, denn meine Kraft kommt gerade in der Schwachheit zur vollen Auswirkung.« Daher will ich nun mit größter Freude und mehr als alles andere meine Schwachheiten rühmen, weil dann die Kraft von Christus in mir wohnt.
– 2. Korinther 12, 9 (NGÜ)
- Vergleichst du dich auch oft mit anderen?
- Was in deinem Alltag bremst deine Kreativität?
- Gibt es etwas, was dir am Herzen liegt, wofür du dich aber zu schwach fühlst?
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