Warum sind viele Mütter so müde? Zuerst mag man da an Schlafmangel denken, den neue Erdenbürger oftmals mit sich bringen. Aber ich bin mit der Zeit zu dem Schluss gekommen, dass die Müdigkeit von Müttern tiefer geht. Das Problem liegt nicht nur bei den nächtlichen ‚Störungen‘, sondern vielmehr daran, dass Kraftquellen während des Tages fehlen.
Ich bin erstaunt, wie beschäftigt Mütter sind. Viele, mit denen ich seit Monaten versuche ein Treffen zu organisieren, haben einfach keine Zeit, wie sie mir sagen. Weil ich selbst während dem ersten Jahr als Mutter unglaublich viel Zeit hatte, frage ich sie dann manchmal ganz dumm, was sie denn die ganze Zeit machen. Oftmals ist es dann eine Krabbelgruppe hier, eine musikalische Frühförderung da, ein Elternkindcafé dort und dann noch der Haushaltsvormittag einmal die Woche. Dann ist die Woche um. Viele sagen mir dann, dass ihnen und dem Kleinen sonst die Decke auf den Kopf fällt. Ja, das verstehe ich auch, mir geht es auch oft so. Aber selbst wenn man etwas am Vormittag unternimmt, wo bleiben die ganzen restlichen Stunden des Tages? Woher kommt dieser Dauerstress? Ich habe den Eindruck, dass die wirklich vielen Aufgaben, die als Mütter ständig auf einen warten, für die meisten überwältigend sind. Aber, wenn man das Muttersein so sieht, als ein Haufen von Arbeit und nicht genug Zeit, ist das doch total schade. Man verpasst so viel dieser wertvollen Zeit. Deshalb sagt man wohl so oft, dass die Babyzeit regelrecht an einem vorbei rast.
Mein Alltag ist die Kindheit meiner Tochter. Diese Tatsache mache ich mir immer wieder bewusst. Deshalb leben wir achtsam und intensiv, anstatt uns nur zu beschäftigen. Wenn wir aufwachen, rennen wir nicht gleich los, sondern bleiben meist noch eine Stunde im Bett und kuscheln, lachen, schauen Vögeln und der Nachbarskatze aus dem Fenster zu und genießen es einfach keine Eile zu haben. Unser Frühstück geht oft weit in den Vormittag hinein und auch wenn wir danach zu Treffen, Kursen, ins Café, etc gehen, lassen wir uns Zeit, auch wenn wir spät dran sind. Ich mache mir ganz bewusst keinen Zeitdruck; wozu denn auch?
Genau da steckt eine meiner Kraftquellen. Für Freunde nehme ich mir immer Zeit, auch sehr spontan viele Stunden lang; warum nicht? Oft sind sie dann beim Wickeln, Spielen, Essen machen, ja, sogar beim Einschlafen mit dabei und ich liebe das, tägliche Aufgaben mit Gemeinschaft zu verbinden. Deshalb verstehe ich nicht, warum so viele (nicht nur Mütter) angeblich nie Zeit haben? Um Gemeinschaft zu haben, muss man sich nichts ‚freischaufeln‘. Wir alle haben die gleiche Stundenanzahl. Für was wir sie einsetzen, ist unsere Wahl.
Ich erinnere mich noch an das erstes Mal, als ich mit meiner etwa zwei Monate alten Tochter in einer Runde mit anderen Müttern saß. Ich hörte zunächst eine Weile schweigend zu, wie sie sich über Alltäglichkeiten austauschten und fragte dann plötzlich in die Runde, was sie denn tun würden, um aufzutanken, wie es mit der Zweisamkeit mit ihrem Partner und vor allem mit Gott aussieht. Wie geht es ihrem Herzen seit sie Mutter sind?
Ich fühlte mich daraufhin extrem schräg angeschaut und so richtig beantwortet hat mir die Frage niemand. An diesem Tag ging ich verwirrt und traurig nach Hause, weil ich plötzlich Angst hatte mein Herz und alles, was mich ausmacht, hätte keinen Platz mehr, jetzt wo ich Mutter bin. Mit der Zeit fand ich jedoch meinen eigenen Weg, wie ich ganz und gar für meine Tochter da sein kann, ohne mich selbst, meinen Partner und Gott aus den Augen zu verlieren.
Es ist herausfordernd. Sehr sogar. Bevor ich schwanger wurde, bin ich nach dem Aufstehen immer raus gegangen, um zu Laufen, mit Musik oder Predigt im Ohr oder oft auch einfach im Gespräch mit Gott. Das hat mir am Anfang am meisten gefehlt, weil das meine stille Zeit mit Gott war. Jetzt fühle ich mich körperlich überhaupt nicht mehr fit und morgens kuschel, spiele und frühstücke ich lieber in Ruhe mit meiner Tochter als Sport zu machen. Ich werde oft verwundert angeschaut, wenn ich erst mittags so richtig den Tag mit der Kleinen beginne, aber ich stehe dazu. Dadurch dass wir morgens lange ausschlafen, gehe ich oft erst nach Mitternacht ins Bett und genieße die Stunden am Abend mit meinem Mann und kreativen Projekten.
Viele (Mütter) haben anscheinend das Gefühl, der Tag müsste prall gefüllt sein, damit es ein guter, erfolgreicher und lehrreicher Tag war. Aber dabei geht etwas ganz Wertvolles unter: Einfach zu sein. Ich möchte, dass meine Tochter lernt, dass sie einfach sein darf. Mit ihr das Leben zu erkunden und genießen, ist für mich der schönste Lobpreis. Es erfüllt mich zutiefst mit Gottes Gegenwart. Ich bete gerne über sie, während sie schläft, spielt und auch mal weint. Außerdem hören wir Zuhause viel Anbetungsmusik, zu der wir tanzen, die Arme heben oder sie einfach im Hintergrund den Raum erfüllen lassen. Oft mache ich einen Podcast mit inspirierenden Predigten an, während ich koche oder aufräume. Es ist nicht so, dass ich Zeit für Gott freischaufeln muss, genauso wie mit meinen Freunden, ist es auch mit Gott. Er ist einfach dabei, wenn wir unser Leben gestalten und das ist die größte Kraftquelle in meinem Leben: Gemeinschaft mit Gott.
- Fühlst du dich oft müde?
- Wie beginnst und füllst du deinen Tag?
- Was sind deine Kraftquellen im Alltag?
Weitere Texte
11. März 2019
Wahres Fasten
Um diese Zeit des Jahres machen sich viele, ob gläubig oder nicht, Gedanken…
12. September 2022
Großlieben
Über Erziehung kann man sich streiten, aber nicht darüber, dass wir unsere…
25. März 2019
Verletzlich sein
Das Thema Verletzlichkeit ist mir seit Anfang des Jahres besonders wichtig…