Wenn Eltern ihr Neugeborgenes mit nach Hause bringen, bekommt man oft von Freunden und Verwandten gesagt: „Schöne Kennenlern- und Kuschelzeit.“ Ich finde das sehr schön und hab mir das damals auch bewusst vorgenommen, jeden Moment mit meiner Tochter zu genießen. In ihre Augen zu schauen, ihren Duft einzuatmen, ihrem ruhigen Atmen zu lauschen, ihre winzigen Fingerchen um meine zu spüren.
Mit den Monaten und Jahren habe ich dann fasziniert und aufmerksam beobachtet, wie sie spielt, die Welt entdeckt, Neues lernt, mal mutig und mal ängstlich ist, wie kreativ und wie schlau sie ist. Als wir unsere zweite Tochter bekamen, war es so spannend eine zweite Persönlichkeit kennenzulernen, die so vollkommen anders ist.

Wir Mütter sind unseren Kindern von Anfang an näher als jeder andere Mensch. Wir nähren sie, tragen sie unter unserem Herzen, spüren ihre Bewegungen tief in der Nacht, geben alles, was in uns steckt, um sie auf dieser Welt in die Arme zu schließen. Doch kennen wir dieses winzigen, perfekt geformte Wesen, wenn wir es zum ersten Mal halten überhaupt?

Kennenlernen hat zwei Richtungen

Das Kennenlernen beginnt in diesem Moment erst richtig. Stunde für Stunde. Tag für Tag. Träne für Träne.

Doch mir ist letztens aufgefallen, dass ich mir dieses Kennenlernen, von dem alle sprechen und das mich komplett und auf wunderbare Weise eingenommen hat, eher einseitig vorstellt hatte. Ich lerne halt meine Kinder kennen. Doch habe ich dabei außer Acht gelassen, dass sie mich ja auch kennenlernen wollen.

Ich dachte immer ja, dass passiert irgendwie automatisch und am Anfang tut es das ja auch. Das Baby lernt deinen Duft kennen, den Klang deiner Stimme, die Weichheit deiner Haut, deine Augen, die auf ihren ruhen. Dazu muss ich nicht großartig beisteuern, was nicht sowieso natürlicherweise passiert. Wenn sie dann aber größer werden, Kleinkinder und Kinder werden, wie lernen sie mich dann weiterhin kennen?

Lass deine Kinder dich kennenlernen

Für uns hört das Kennenlernen unserer Kinder ja (hoffentlich) nicht mit dem Babyalter auf und genauso gilt es auch für sie. Je bewusster sie die Welt erkunden, desto wichtiger wird die Frage: Mama (Papa), wer bist du? Was magst du? Was macht dich glücklich, was macht dich traurig? Wahrscheinlich wird eine 3-jährige das nicht so wortwörtlich fragen, doch ist es so so wichtig, dass sie DICH auch kennenlernen dürfen.

Wenn du für sie einzig und allein die kochende, haushaltschmeißende, bespaßende, Streit schlichtende Mutter bist, die sie halt zum Großteil im Familienalltag erleben, aber nie erfahren, was du gerne außerhalb dieser Aufgaben machst, weil das ja nur nach der Bettzeit ausgelebt werden kann oder wenn sie anderweitig beschäftigt sind, dann lernen sie dadurch kein ganzheitliches Bild von dir kennen.

Man könnte sagen, dass sich das mit den Jahren, wenn sie älter werden noch ergibt und man wieder mehr machen kann, aber ich finde es jetzt schon im Baby- und Kleinkindalter so so wichtig, die Kinder mitzunehmen – sofern es möglich und sicher ist. Man kann mit Kindern wandern, malen, reisen, forschen, tanzen, etwas aufbauen, beten, singen, musizieren und so vieles mehr. Was machst du gerne? Was macht dich aus? Wer warst du bevor du Mutter wurdest? Nimm deine Kinder mit hinein in das, was dich begeistert.

Selbst wenn Extremsport deine Leidenschaft sein sollte, erzähle ihnen davon, zeig Bilder und Videos von dir bei dem was du liebst und lass sie wissen, dass ihnen die ganze Welt offen steht.

Was ich mir als Mama wünsche

Wenn meine Kinder gefragt werden, was ihre Mama gerne macht, will ich dann, dass die sagen ich wische gern den Küchenboden? Nein, ich wünsche mir, dass sie mein wildes Herz kennen, meine Beziehung zu Gott für sie erkennbar ist, sowie meine Liebe zu meinem Mann. Was ich für Musik mag, welche Länder ich bereist habe und noch vor habe zu bereisen, dass ich gerne wandern gehe und beim Joggen den Endorphin-Kick liebe. Dass sie meine besten Freunde kennen und wissen was und warum ich arbeite. Dass ich unfassbar gerne lebendige, einzigartige Kunst mache, dass ich eine Gebetskämpferin bin und ich echten Lobpreis und Soaking liebe. Dass ich künstlerische Sommerfestivals mag, gerne picknicke und ein Zelt immer einem Hotel vorziehe. Dass mich Seen und Flüsse am Abend unfassbar beruhigen und ich in einen Wald oder bei einem atemberaubenden Sonnenuntergang automatisch zu beten beginne, weil ich Gott so intensiv spüre. Dass ich es liebe ausgelassen durch die Küche zu tanzen. Dass ich gerne Hörbücher höre und dass Psychologie, sowie ganzheitliche Heilung mich fasziniert.
Wie sollen sie all das und so viel mehr, was mich ausmacht, kennenlernen, wenn ich es ihnen nicht erzähle, zeige und vorlebe?

Fragen:

  • Wer bist du?
  • Was sind deine Leidenschaften?
  • Was glaubst du, würden deine Kinder sagen, wenn sie gefragt werden, wer du bist und was du machst?