Wir Frauen neigen sehr schnell dazu uns zu schämen. Oft unbewusst. Aber es fängt schon damit an, dass uns schnell etwas peinlich ist, wir uns oft Gedanken machen, wie wir wirken oder wir fühlen uns oft unwohl in unseren Klamotten und Körpern. Viele Frauen halten ihre Stimmen zurück, ihre wilden Herzen sind gezähmt, angepasst an die Erwartungen anderer.

Ich möchte Make-up per se nicht schlechtreden, allerdings sollte man schon mal hinterfragen, warum man sich schminkt. Viele sagen, sie wollen damit ihre Schönheit unterstreichen oder es macht einfach Spaß und ist eine Form der Selbstfürsorge. Ich habe vor einigen Jahren allerdings gemerkt, dass bei mir persönlich Scham der eigentliche Grund war, mich zu schminken. Viel habe ich nie benutzt, aber einige Dinge benutzte ich so gut wie täglich: Der Abdeckstift um Unreinheiten zu verbergen, Puder, um glänzende Haut zu verstecken und Eyeliner, um meine Augen schwungvoller und offener wirken zu lassen. Ich kam irgendwann an den Punkt, dass ich einfach mal auf kalten Entzug ging und die Unsicherheit die aufkam, hinnahm und im Endeffekt überwand.
Sascha hat mir den Ansporn gegeben, als er am Anfang unserer Beziehung sagte, dass er mich ohne Make-up viel schöner findet. Erst dann habe ich angefangen meine Motivation zu hinterfragen und bin jetzt so dankbar dafür. Heute ist es für mich undenkbar Make-up zu benutzen. Mir fiel erst im Nachhinein auf, wie sehr es mich gestört hatte. Ich sehe mich jetzt an und nehme mich vor allem an und fühle mich nicht erst nach einer Stunde im Bad schön.

Auch Religiosität kann zu Scham in unserem Leben führen, weil unsere Fehler, die Sünde sozusagen, wie ein großes, schweres Schild über den Köpfen hängt. Deshalb versucht man Gott-gefällig zu sein und es aus religiösem Eifer wieder gut zu machen. Doch das kann nicht klappen, denn der nächste Fehltritt kommt bestimmt und kann einem den Berg wieder runterpurzeln lassen, wie in der Sage von Sisyphos. Das Resultat ist, man steckt noch tiefer in der Scham.

Doch woher kommt die spezifisch weibliche Scham? Die Geschichte von Adam und Eva hat jeder schon mal gehört. Was war die Konsequenz von Evas handeln? Sie war die Schuldige. Sie hat die ‚erste Sünde‘ begangen, wenn man so will. Doch mit der Sünde kam die Scham. Adam und Eva versteckten sich vor lauter Scham und bedeckten ihre nackten Körper. Bis heute haben wir Scham ’nackt‘ voreinander zu sein, vor uns selbst und vor Gott. Wir verstecken uns, und das Fatale daran ist, dass wir dadurch nur tiefer in die Scham rutschen. Denn Scham isoliert uns von genau der Liebe, Gnade, Annahme, die wir brauchen, um frei zu sein. Der Gedanke unwürdig, minderwertig, schlecht zu sein, ist überwältigend und eine Folge von Scham. Es bringt uns dazu uns zu verschließen.

Die Wurzel dahinter ist Angst. Angst vor der Meinung anderer, bloß gestellt, verurteilt zu werden, alleine zu sein..

Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze. Und sie hörten Gott den HERRN, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des HERRN zwischen den Bäumen im Garten. Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich.

– 1. Mose 7-10 (Luther 2017)

Die besten ‚Therapiemöglichkeiten‘, die ich für mich persönlich gefunden habe sind: Mich verletzlich zu machen, meine Geschichte zu erzählen und in Form von Kunst zu veröffentlichen, meine Gedanken laut zu äußern, auch wenn sie auffällig und nicht angepasst sind, ehrlich und nicht immer nur nett zu sein (Christen Problem?!).
Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass es hilfreich ist, mir meiner Schwachpunkte bewusst zu sein und genau diese nicht vehement zu verstecken.
Humor spielt auch eine große Rolle. Wie befreiend ist es, wenn man über sich selbst lachen kann? Ein arabisches Sprichwort lautet: „Mit diesen beiden Kamelen kommt man durch jede Wüste: Geduld und Humor!“
Es ist wichtig sich immer wieder herauszufordern und an die persönliche ‚Schmerzgrenze‘ zu gehen, denn Scham macht passiv. Deshalb ist es so wichtig, die Scham im Hintergrund zu erkennen und dann bewusst gegen die Bequemlichkeit handeln.

  1. Was sind deine Gedanken zum spezifisch weiblichen Scham?
  2. Findest du dich darin wieder?
  3. Versteckst du dich?