Letztens habe ich einen Artikel darüber gelesen, dass Frauen sich viel zu oft entschuldigen. Das habe ich zwar schon öfter gehört, aber erst seit kurzem achte ich selbst mehr darauf und mir ist tatsächlich aufgefallen, dass es stimmt.

Warum entschuldige ich mich eigentlich andauernd?

In gewisser Weise ist es kurzfristig erleichternd sich zu ent-SCHULD-igen, damit der andere bloß nicht schlecht von mir denkt. Doch ist das die beste Methode dies zu erreichen? Oder anders gefragt, warum will ich überhaupt, dass die andere Person nicht schlecht von mir denkt?
Denkt sie überhaupt schlecht von mir, wenn ich nicht direkt auf eine Nachricht antworte, wenn ich mich verspäte, wenn ich an der Kasse länger brauche? Wenn ich mich in einem Meeting melde, wenn ich ehrlich meine Meinung sage, wenn ich ich jemandem auf dem Gehweg ausweiche, wenn mein Kind laut ist, wenn ich meine Nase putze, wenn ich eine Frage habe, wenn ich absage, wenn jemand mir hilft, ja sogar wenn meine Beine unrasiert sind oder mein Pulli Flecken hat? Es ist wirklich absurd das durchzudenken, denn das sind beim besten Willen keine Dinge für die ich mich entschuldigen muss, oder?

Woran bin ich überhaupt schuldig geworden? An meiner bloßen Existenz? Tatsächlich habe ich mich seit meiner Kindheit, klein und still gemacht, bloß nicht negativ auffallen, wenn ich mich melde. Ich hatte immer Angst zu stören. Anrufe zu tätigen sind bis heute unfassbar schwer für mich und ich weiß, damit bin ich nicht alleine und ich weiß, dass es ein Problem ist.

Warum haben gerade viele Frauen das Gefühl nicht laut, bestimmend, einnehmend, auffällig und auch mal anstrengend sein zu dürfen?

Man kann es ein klassisches „introverted-phänomen“ nennen. Ich stehe ja dazu sehr introvertiert zu sein, dennoch geht das sich-ständig-entschuldigen eindeutig zu weit und das gilt ebenso für viele extrovertierte Frauen.

Was oft als eine schöne Alternative zu dem unbewusst gehauchten „Sorry“ geraten wird, ist ein entspanntes und selbstbewusstes „Danke“. Zum Beispiel „Danke, dass ihr gewartet habt“, statt  „Sorry, dass ich zu spät bin.“ Statt sich selbst klein und schlecht zu machen, wertschätzt man sein Gegenüber und es hinterlässt eindeutig ein besseres Gefühl.

Eine Entschuldigung kann mächtig sein

Nichtsdestotrotz gibt selbstverständlich auch Situationen, in den ist es angebraucht und sogar wichtig sich zu entschuldigen, wenn man jemanden verletzt oder sich wirklich daneben benommen hat. Und das Komische daran ist, dass es mir gerade dann unfassbar schwer fällt mich zu entschuldigen. Stattdessen gebe ich vorschnell anderen die Schuld und lasse die Wut über meine eigen Fehler an meinen Nächsten aus. Das bekommt mein Mann Sascha viel zu oft zu spüren und er fordert in unseren Konflikten so oft eine Entschuldigung von mir, die ich nicht so einfach über Lippen bekomme. Ihm fällt es sehr viel leichter als mir sich im Streit schnell zu entschuldigen und oft sind meine Emotionen noch am Kochen während er sich entschuldigt und weiter seines Weges geht.

Doch sich nicht entschuldigen zu können, fühlt sich schnell wie ein Käfig an, in dem ich grummelnd sitzen bleibe und wenn ich es dann doch einsehe, dass ich mich nicht gut verhalten habe und ein ehrliches „Entschuldigung“ ausspreche, springt die Tür auf und es kommt so viel Licht und Leichtigkeit in die Situation.

Sich zu entschuldigen kann also eine sehr mächtige Methode sein, aus einem Streit herauszukommen und sich selbst in gesunder Demut bewusst zu werden, dass man nicht nur Opfer ist, sondern die Entscheidung treffen darf, sich selbst zu reflektieren und sich seine Fehler einzugestehen, ohne unter ihrer Last zu zerbrechen. Wenn ich mich durch Fehlverhalten wirklich schuldig gemacht habe und ich es verschweige, verdränge und die Schuld für den Konflikt nur bei meinem Gegenüber suche, wird es sehr schnell toxisch für die Beziehung und auch für mich. Denn es lässt mich in der Opferrolle stecken bleiben und gibt dadurch einerseits die Erleichterung nichts ändern zu müssen aber auch die Unfreiheit nichts ändern zu können. Es ist wie gesagt ein Käfig, zu dem ich selbst die Schlüssel in der Hand halte.

Erwartet Gott eine Entschuldigung von mir?

Doch wie ist das eigentlich in der Beziehung mit Gott? Wenn ich so drüber nachdenke, fällt mir auf, dass mich auch im Gebet sehr oft erstmal entschuldige. Dafür dass ich so lange nicht gebetet habe und dafür dass ich mal wieder zu abgelenkt bin und alten Lastern nachgegeben habe, einfach dafür dass ich menschlich bin…
Ich mache das ganz oft automatisch, doch was antwortet Gott darauf? Erwartet Gott meine Entschuldigung? Ganz oft habe ich das Gefühl, dass ich mitten im Satz durch ein einfaches aber mächtiges „Ich liebe dich“ von Gott unterbrochen werde. Dann werde ich still und erkenne, dass das alles ist was zählt. Darin steckt die Antwort auf jede Frage. Darf ich sein? Bin ich zu viel, zu laut, zu still, bin ich im Weg, bin ich nervig, schwach? Ich bin mir sicher, dass Gott keine Entschuldigung von mir erwartet, vor allem nicht für mein menschlich-sein.

Doch Gott gibt uns die Möglichkeit Buße zu tun wenn wir wirkliche Schuld auf uns geladen haben.  Es bedeutet es anzuerkennen und umzukehren. Ich empfinde Buße trotz des etwas schwermütig und religiös klingenden Konnotation als unfassbar wertvolles Geschenk. Denn vergeben wurde uns bereits durch Jesu Tod und Auferstehung. Wir dürfen dies frei annehmen und daher müssen wir uns nicht mehr „entschuldigen“. Die Schuld muss nicht mehr auf mir lasten. Ich darf sein, mit Fehlern, Macken, Fragen, Zweifeln.. und ich bin geliebt so wie ich bin.

Darum geht es an Osten, wie schön, dass wir uns das diese Woche wieder ganz neu bewusst machen können.

Fragen:

  • Beobachte dich selbst eine Weile. Entschuldigst du dich oft? Was für Glaubenssätze könnten dahinter stecken?
  • Wie gehst du mit Fehlern deinerseits um?
  • Was löst das Wort „Buße“ in dir aus? Was hat es mit Ostern zu tun?