Die heutige Ausgabe von ‚Vom Wilden Herzen einer Mutter‘ wurde von einer unglaublich starken und mutigen Frau geschrieben, die es sich gewünscht hat, anonym bleiben zu dürfen. Diesen Wunsch haben wir ihr natürlich nicht abgeschlagen und sind so unendlich dankbar für ihren Beitrag und ihr Zeugnis. Für ihre Offenheit und ihre Ehrlichkeit in einem so schwierigen und herausfordernden Thema.
– CLAIRE
Das Leben fordert mich heraus! Zu entscheiden, zu kämpfen und Position zu beziehen!
Ich habe mir schon immer von Herzen Kinder gewünscht. Doch dass die Schwangerschaften so schwierig sein würden, hätte keiner vermutet.
Konkret ging ich Ende des 5. Monats mit Geburtswehen ins Krankenhaus und nach bangen Untersuchungen standen die Möglichkeiten fest. (Ein Baby ist ca. ab Anfang des 7. Monats überlebensfähig.) Der Arzt sagte uns, wir könnten versuchen, eine Notoperation durchzuführen, um das Baby weiter im Bauch zu halten. Es gäbe aber keine Garantien auf Erfolg und es würde ein komplett ungewisser und im besten Fall langer Weg werden. Die andere Variante wäre, ich stehe jetzt auf und fange an zu hüpfen, damit es schnell vorbei ist.
Da lag ich also und meine Welt brach wieder zusammen. 4 Wochen zuvor konnten die Hebammen fälschlicherweise keine Herztöne finden und wir mussten bereits zu diesem Zeitpunkt vom Schlimmsten ausgehen. Ich entschied mich, zusammen mit meinem Mann und den Ärzten, für die Notoperation. Und dafür, unserem Baby eine Chance auf ein Leben zu geben, auch wenn die Prognose katastrophal war.
4 Wochen später lag ich immer noch mit strikter Bettruhe im Krankenhaus und das Baby in meinem Bauch hatte nun ungefähr eine Überlebenschance von 50%, wenn es in diesem Moment auf die Welt gekommen wäre. Es war ein großes Wunder und ein schmerzhafter Weg, sowohl körperlich als auch seelisch. Und die eine Frage lies mich und meinen Mann nicht los: Warum unser Kind, das doch noch keinen Fehler in seinem Leben gemacht hat, einer ungewissen Zukunft ausgesetzt ist und eventuell niemals leben darf oder mit enormen Einschränkungen leben muss.
Ich klagte Gott an. Ich war unfassbar enttäuscht. Ich konnte es einfach nicht verstehen.
Es war ein riesiges Wunder, dass dieses Kind bei meiner Fertilitätsprognose überhaupt natürlich entstehen konnte und Gott hatte es geschenkt. Warum lässt er das jetzt zu? Ich kam an den Punkt, wo ich vermeintlich keine Beziehung mehr zu Gott haben konnte. Ich wusste, es gibt Gott und ich konnte seine Existenz nicht verleugnen. Doch das, was mit mir und unserem Kind passierte, überstieg meine christliche Toleranzschwelle um Welten.
Irgendwann fing ich trotzdem an, wieder mit Gott zu reden, zu streiten, unfair zu sein.
Tief in meinem Herzen wusste ich, dass er mich und meine kleine Familie in seiner Hand hält und einen guten Plan für uns hat. Auch wenn den keiner in dieser Situation erkennen konnte.
Die Wochen vergingen und ich lag und lag und lag. Weißt du wie demütig man wird, wenn man permanent auf Hilfe angewiesen ist? Nichts war mehr selbstverständlich für mich! Ich war fast nie allein und doch immer allein. Meine Tränen sammelten sich in meinem Herzen, aber da waren kein Raum und keine Privatsphäre!
Irgendwann durfte ich zu Hause weiter liegen und dort konnten die Tränen fließen, meine Gefühle und mein Herz fanden dadurch eine Möglichkeit sich zu erleichtern.
Trotzdem war jeder Tag seit der Notoperation ein Tag des Betens, Hoffens und komplett ungewiss. Wird unser Kind heute auf die Welt kommen? Setzen sich die Wehen wieder durch oder kann man sie wieder stoppen?? Welche Lebensperspektive hat unser Baby dann und haben wir als Eltern richtig entschieden???
Ich versuche, hier etwas in Worte zu fassen, was ich nicht fassen kann. Ich kann euch die Ängste, die Schmerzen, diese Grenzerfahrungen nur in Bruchstücken wiedergeben und euch mitnehmen in einen Teil meiner Gedanken.
Am Ende ist unser Baby eine Woche nach dem ursprünglich errechneten Termin auf die Welt gekommen. Heute ist es 3 Jahre alt, kerngesund und das Wertvollste in unserem Leben. Ihr könnt euch vorstellen, wie dankbar wir über dieses unbeschreibliche Wunder sind und doch blieb lange der innere Kampf mit Gott. Der Kampf eines Mamaherzens zwischen riesiger Dankbarkeit, unbeschreiblicher Liebe und Unverständnis über den Seiltanz mit dem Leben unseres Kindes.
Eine Mama zu sein, die Gott liebt und ehrt, ist für mich so leicht und gleichzeitig so schwer!
Ich danke Gott, dass er mich immer im Arm hält und mir die Gewissheit darüber schenkt.
Ich spüre seine Liebe, seine völlige Annahme, egal mit welchen Gefühlen ich ihn konfrontiere oder wie ich gerade aussehe. Und als letztes möchte ich IHM danken – für seinen göttlichen Frieden und seine Zusage für ein weiteres wundervolles Kind und den Mut und die Kraft, die er mir schenkt, um in diesem Vertrauen meine aktuelle, schwere Schwangerschaft zu durchkämpfen.
Danke, mein treuer Wegbegleiter.
Anonym
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