In den letzten Wochen ging es indirekt jedes mal um Freiheit. Freiheit von der Identifikation mit dem Job/Studium, Freiheit von dem ewigen Antrieb produktiv sein zu müssen und die Freiheit einfach nur zu sein, wie ein Kind.

Freiheit ist für uns, gerade unter Christen, kein Fremdwort und wir alle meinen danach zu streben und betrachten ein Leben in dieser Freiheit als das Ideal. Deshalb interessieren sich viele wahrscheinlich auch für Romane, Spielfilme und Videospiele in denen einfach alles möglich ist. Die Helden solcher Geschichten sind meist frei und wagen vollen Mutes das Abenteuer ihre Welt zu retten. Geld, Sicherheit, Gewohnheit – davon sind sie frei und das fasziniert uns.

Kann es sein, dass diese Faszination, Anziehungskraft und Bewunderung für die Freiheit mutiger Helden darin begründet ist, dass wir im Grunde weit davon entfernt sind frei zu sein?

Ihr seid berufen, liebe Freunde, in Freiheit zu leben – nicht in der Freiheit, euren sündigen Neigungen nachzugeben, sondern in der Freiheit, einander in Liebe zu dienen.

– Galater 5, 13

Was macht dieser Vers mit uns? Lesen wir ihn, wie so oft, einfach im Vorbeigehen? Im Sinne von: “Ah, ja. Freiheit ja klar, ich weiß bescheid…“ Ich glaube, wenn wir uns mal mit wahrer Freiheit befassen würden und uns ehrlich fragen, ob wir frei sind und inwieweit Freiheit in dieser Welt, in diesem System, in diesem Körper, überhaupt möglich ist, würden wir solche Stellen anders wahrnehmen.

In einem spannenden Buch, in dem ein Psychotherapeut am Ende seiner langjährigen Laufbahn zusammenfasste, was er mit und durch seine Patienten gelernt hatte, schrieb er unter anderem von den drei Dingen, die den meisten Menschen, denen er in seiner Praxis gegenüber saß, tief im Inneren Angst bereitete. Dies sei die Angst vor Einsamkeit, Sinnlosigkeit und die Angst vor Freiheit. (Link zum Buch) Ich weiß noch wie mich diese Aussage des Therapeuten sehr verwunderte, weil, bis dato, war Freiheit, in meiner Vorstellung zumindest, eines der erstrebenswertesten Zustände, die ich mir vorstellen konnte.
Auch wenn dem so ist, ändert es nichts daran, dass Freiheit im alltäglichen Leben tatsächlich überfordern kann. Alle Möglichkeiten offen zu haben, ist für viele nicht erstrebenswert. Daher ist auch die Frage, was man mit diesem seltsamen Nischenstudiengang machen wird, oder warum man sich ganz gegen ein Studium entscheidet, um die Welt zu bereisen, ein Startup zu gründen oder einfach nur Kunst zu machen, plausibel. Mit der Freiheit kommt eine enorme Verantwortung und wie geht man damit überhaupt um? Lieber unter vorgefertigten Bestimmungen, Regeln, Normen, Gesetzten – ja sogar religiösen Überzeugungen leben. (Eine Randbemerkung dazu: Glaube ist nicht gleichzusetzen mit Religiosität. Ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Aber das würde hier zu weit führen und wird sicher in den nächsten Wochen zum Thema hier werden).

Wenn wir in unserer Komfortzone bleiben, sind wir vermeintlich sicher, aber sind wir auch frei? Das bedeutet nicht unbedingt automatisch, dass jeder, der einem sicheren Job nachgeht und pünktlich seine Steuererklärung einreicht, unfrei ist. Es geht darum, in seiner Bestimmung zu leben. Ein Schiff, das im Hafen liegt ist zwar sicher, doch es wurde für das offene Meer gebaut. Es kann sein, dass du deine Bestimmung, dein offenes Meer, in einem Bürojob oder Beamtentum findest und das ist wichtig. Genauso wird es Menschen geben, die das hinter sich lassen müssen und ihre Freiheit in der Unsicherheit finden, wie auch immer diese aussehen mag.
Wahre Freiheit geht jedoch noch viel weiter als die tägliche Beschäftigung. Eine der spannendsten Stellen zu diesem Thema steht im Johannesevangelium.

Jesus sagte zu den Menschen, die nun an ihn glaubten: »Wenn ihr euch nach meinen Worten richtet, seid ihr wirklich meine Jünger. Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.« »Aber wir sind doch Nachkommen Abrahams«, sagten sie. »Wir sind nie Sklaven von irgendjemand gewesen. Warum redest du dann von „frei machen“? Was meinst du damit?« Jesus erwiderte: »Ich versichere euch: Jeder, der sündigt, ist ein Sklave der Sünde. Ein Sklave ist kein Familienmitglied; ein Sohn dagegen gehört für immer zur Familie. Nur dann, wenn der Sohn euch frei macht, seid ihr wirklich frei.

– Johannes 8, 31-36

Darin wird deutlich, dass unsere Freiheit von der Erkenntnis der Wahrheit abhängt und Unfreiheit in unserem falschen Handeln („Sünden“) begründet liegt. Was genau diese Sünde ist, lässt sich für keinen Menschen pauschal beantworten, auch wenn man vielleicht meint zu wissen, was sich dahinter verbirgt. Denn im Grunde bedeutet es “am Ziel vorbeischießen“. Und das ist etwas, was wir alle mehrmals gemacht haben und bestimmt noch machen werden. Wenn wir uns aber darin verfangen, uns daran gewöhnen und sogar behaupten es läge einfach an unserer unveränderlichen Persönlichkeit, dass wir so und so handeln, sind wir unfrei.
Als Kind Gottes gehörst du, wie die Bibelstelle schon sagt, zur Familie. Nur so kannst du die Freiheit die dir zusteht immer mehr erfahren, indem du siehst, wie groß Gott ist und das deine alten Verhaltensweisen und Überzeugungen aus der Unfreiheit nicht mehr für dich gelten. Es ist möglich hier und jetzt in einer Freiheit zu leben, die diese Welt übersteigt und vor dieser Freiheit brauchen wir keine Angst zu haben.

  1. Was verstehst du unter Freiheit?
  2. Wie geht es dir wenn du dich damit beschäftigst?
  3. Wie sieht dein persönliches offenes Meer aus?