Als ich noch ein Kind war, hörte ich einmal meinen Vater sagen, dass die wenigsten Berufstätigen eine Arbeit haben, die sie wirklich gerne machen. Ich weiß noch wie sehr mich das schockiert hat. Als Kind geht man meist davon aus, das arbeiten Spaß macht. Man will Pilotin sein, Tierärztin oder Sängerin weil man eben gerne fliegt, Tiere liebt und super singen kann. Dass die meisten Erwachsenen sich tagtäglich zur Arbeit schleppen und am Montag schon das Wochenende herbei wünschen, war für mich echt traurig. Ich habe mir damals im Stillen versprochen, dass ich mit Sicherheit später einen Job haben werde, den ich gerne mache und nicht nur um zu überleben.

Was hat der Mensch für Gewinn von aller seiner Mühe, die er hat unter der Sonne?

– Prediger 1, 3

Später im Studium ist mir dann aufgefallen, dass man sehr oft mit dem was man macht/seinem Beruf identifiziert wird. Die Frage, die mir unfassbar oft gestellt wurdem als ich noch studierte, war: „Und was bist du dann, wenn du fertig bist?“. Meine, für mich eher untypisch, schnippische Antwort darauf war eigentlich immer dieselbe: „Na hoffentlich immer noch ich selbst.“

Ich erwische mich auch nicht selten dabei, bei neuen Bekanntschaften gleich zu Beginn wissen zu wollen „was derjenige macht“. Deshalb nehme ich mir oft vor alles Mögliche zu fragen, nur nicht was mein Gegenüber arbeitet/studiert. Nicht weil es mich nicht interessiert oder unwichtig ist, sondern weil ich den Fokus für mich persönlich auf die Person an sich umlenken möchte. Was mag sie an sich? Woran glaubt sie? Wohin war sie schon verreist? Wovon träumt sie? Welche Jahreszeit mag sie am liebsten? Welches Tier wäre sie gerne? Wovor hat sie Angst? Und was für Spleens hat sie? So oft habe ich schon Konversationen mitgehört oder selbst geführt, die nach dem üblichen „…und was machst du so“, „Ich bin…“ sofort wieder verebbt sind, weil man aus dem Studiengang oder Beruf geschlussfolgert hat, dass man einfach keine Gemeinsamkeiten hat. Schade ist’s, wenn man das Interesse an der Person dadurch verliert.

Tatsächlich hatte ich dann nach meinem Studium einen Job, an dem ich absolut keine Freude hatte und den ich nur gemacht habe, um meine 2-jährige, etwas kostspielige Weiterbildung zu finanzieren. Damit habe ich mich immer getröstet und mir selbst gesagt, nur solange du die Ausbildung machst, dann kannst vielleicht was machen, wann die mehr liegt.
Nach 1 1/2 Jahren musste ich mir eingestehen, dass ich mir gar nicht mehr zugetraut habe, als diesen Job. Ich habe nicht einmal versucht mich woanders zu bewerben, weil ich dachte, ich müsste noch die und die Weiterbildung in der Tasche haben, sowie mehrere Praktika absolviert, insgesamt selbstbewusster und lebenserfahrener werden, um einen ernsthaften Job beginnen zu können. Wie weit das von der Realität entfernt war, stellte sich raus, als ich mich aufraffte und es einfach mal versuchte und mehrere positive Bewerbungsgespräche hatte.
Seither arbeite ich in einem Job den ich von ganzem Herzen gerne mache, bei dem ich herausgefordert werde, kreativ sein kann, persönlich und charakterlich wachse, mutiger werde, stärker, erfahrener und selbstbewusster. Mein stilles Versprechen, das ich mir als Mädchen machte, ist für mich also wahr geworden.

  1. Wovon hast du als Kind geträumt und lebst du das heute?
  2. Inwiefern identifizierst du sich selbst mit deinem Studiengang/Job?
  3. Was würdest du einer neuen Bekanntschaft über dich erzählen, wen ich „was du machst“?