„My life has been filled with terrible misfortune; most of which never happened.“

Als ich letztens auf dieses Zitat von Michel de Montaigne gestoßen bin, dachte ich viel über Sorgen und Angst nach. Unter anderem hatte ich das in letzter Zeit sowieso oft im Sinn, weil ich mich gerade mit schmerz- und angstfreier Geburt auseinandersetze. Dass es möglich ist, einen Menschen ohne Schmerzen auf die Welt zu bringen, halten viel für unmöglich. Doch dagegen stehen die zahlreichen Berichte von Frauen auf der ganzen Welt, die das tatsächlich so erlebt haben. Sie erzählen von einem intensiven, ja spirituellen Erlebnis, in dem sie über sich selbst hinauswuchsen und ihnen innewohnende Kräfte entwickelten, die sie nie vermutet hätten. Diese Kraft und das Eins-sein mit dem Körper und den Vorgängen der Geburt ermöglichten das Wunder eines entspannten und sogar schmerzfreien Geburtsverlaufs. Das Geheimnis liegt hier ganz klar darin, den Angst-Verkrampfungs-Schmerz Kreislauf zu durchbrechen. Wie der Name schon sagt, führt Angst zu Verkrampfungen, diese wiederum erschweren die Geburt und führen zu einem erhöhten Schmerzempfinden, was wiederum zu noch mehr Angst führen kann usw.
So oft führen die schlimmsten Szenarien, die wir uns ausmahlen dazu, dass wir mehr leiden als wir müssten, weil unser Gehirn vor allem auf emotional gefärbte Visualisierungen sehr stark reagiert, so als würde es in Wirklichkeit passieren. Wenn mann da den Kreislauf nicht bewusst wahrnimmt und daraufhin durchbricht, kann man schnell in reale Angst verfallen. Sicherlich kennen die meisten von uns solche Momente, in denen ein negativer Gedanke zum Nächsten führt und man sich irgendwann wimmernd, mit pochendem Herzen unter der Bettdecke wiederfindet (oder so ähnlich).
Deshalb ist es so wichtig, beim ersten Gedanken an eine eventuelle negative Begebenheit die in der Zukunft liegt, innehält und sich in den gegenwärtigen Moment zurückholt. Ich finde dafür eine bewusste, tiefe Atmung sehr hilfreich um den Körper zu spüren.
Da unser Gehirn ja auf emotionale Visualisierungen abfährt, kann man sich das auch zu nutzen machen und sich Wunsch-Szenarien vorstellen. „Was wünsche ich mir für eine Situation?“„Wie möchte ich reagieren?“ Ohne den Druck, dass es auch genauso passieren muss, haben wir trotzdem etwas gewonnen: Und zwar werden wir uns dadurch bewusst, was wir uns wirklich wünschen und wo unsere (kleinen und evtl. auch großen) Ziele liegen. Und es geht uns im Regelfall dabei sogar gut, weil es ja schöne Vorstellungen sind. Ganz im Gegensatz zum sich sorgen und die schlimmsten Szenarien visualisieren. Das ist nichts als vergeudete Energie, weil es nichts Gutes in uns auslösen kann, wenn man Düsteres vor Augen hat.
Deshalb sind auch in der Bibel so viele Erinnerungen für uns, dass wir uns um nichts sorgen sollen, sondern den Frieden suchen, beten und Gott vertrauen.

Seid um nichts besorgt, sondern in allem sollen durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden; und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus.

– Philipper 4, 6-7

Wer von euch kann dadurch, dass er sich Sorgen macht, sein Leben auch nur um eine Stunde verlängern?

– Lukas 12, 25

Doch was ist, wenn man wirklich in beklemmenden Situationen steckt oder Bedrohungen unmittelbar bevorstehen? Man könnte in dem Fall zynisch sagen, dass es ja einfach sei sich keine Sorgen zu machen, wenn man keinen wahren Gründe dafür im Leben kennt. Doch auch hier ist die Sichtweise unfassbar wichtig. Mit welcher Brille betrachten wir unser Leben und auch die Welt um uns herum? Ich muss dazu gerade an die vielen besorgten Bürger denken, die in letzen Jahren unfassbar große Sorgen und Angst aufgrund der Zunahme an Flüchtlingen in Deutschland hatten. Doch da stellte sich mir immer, wenn ich einen Kommentar im Internet las, die Frage, was es der Person denn bringt sich schlimmste Situationen vorzustellen, die größtenteils völlig fernab der Realität stehen und bemerkte dann auch immer wieder, dass sie sich unter Artikeln tummelten, die anscheinend ihre ängstlichen Erwartungen bestätigten. Während sie sich bedroht und benachteiligt fühlten, haben viele andere mit den Geflüchteten gekocht, gelacht, gesungen und getanzt. Im selben Jahr und im selben Land. Wie kann die Wahrnehmung so weit auseinandergehen, wenn die Situation an sich ja die selbe ist?
Wir sehen sehr oft genau das, was wir erwarten – so als würde es uns dann entgegenspringen. Das kann sowohl im Negativen wie auch im Positiven so sein und daher sollten wir uns einfach mal vornehmen unsere Sorgenbrille abzulegen, dunkle Gedanken aufzulöschen und ganz tief zu Atmen. Das ist zumindest ein guter Anfang.

  1. Welche „Sorgenbrillen“ setzt du dir manchmal auf?
  2. Wie geht es dir, wenn du auf positive Erwartungen meditierst?
  3. Welche Methoden könnten dir helfen aus einem Angst Kreislauf herauszukommen?