Momente zu genießen, fällt mir oft schwer. Allgemein den Sinn des Genießens von etwas habe ich lange nicht verstanden. Vielen Menschen genießen Essen. Da ging es mir früher mehr um Masse als um Qualität. So auch beim Trinken von z. B. Wein. Warum Wein trinken, wenn er nicht die dementsprechende Wirkung zeigt? Ebenso das Spazieren gehen war mir ein Rätsel. Warum so langsam durch die Gegend gehen, wenn mit dem Fahrrad schneller und beim Laufen deutlich sportlicher bin? Wenn ich den Zweck einer Sache nicht sehe und es keinem sichtbaren Ziel dient, erachte ich es schnell als sinnlos. So habe ich meine Schwierigkeiten, den Moment in der Gegenwart zu genießen, der vielleicht einfach nur schön sein kann. Der Spaziergang muss keinen höheren Sinn haben. Es zu genießen, kann reichen. Das Glas Wein kann auch einfach gut schmecken.

Warum mir genießen schwer fällt

Ich glaube in manchen Situationen geht es um mehr als „nur“ ein mehr oder weniger sichtbares Ziel zu erreichen, um sich dann selber auf die Schulter klopfen zu können. Und dann gibt es vielleicht noch Situationen, in denen gar kein konkretes Ziel erreicht wird. Was ist, wenn es in manchen Momenten einfach nur darum geht, in der Gegenwart zu sein, statt ein Ziel zu erreichen und etwas zu schaffen? Oder anders gefragt: Kann das Erleben des Moments das Ziel sein?
In meinen Gedanken bin ich viel mit der Vergangenheit und noch mehr mit der Zukunft beschäftigt. Mir bewusst in meinen Gedanken Zeit für die Gegenwart zu nehmen passiert leider nicht so oft. Ich mache mir Sorgen über das, was eintreten könnte, aber wahrscheinlich nicht passiert. Ich wäge Möglichkeiten ab, möchte möglichst viel Kontrolle haben. Dann denke ich oft an die Vergangenheit. Was wäre gewesen, wenn … hätte ich doch mal eher …, da war ich aber auch dumm …
Es bringt mich in eine bedrückte, pessimistische Stimmung und dazu immer das Optimum rausholen zu wollen. Ich verschwende Gedanken an Dinge, die ich nicht beeinflussen oder nicht mehr ändern kann. Durch möglichst gute Pläne versuche ich Kontrolle zu bekommen, die ich eigentlich nie hatte. Natürlich kann ich mein Leben aktiv durch Entscheidungen gestalten. Und es ist auch nicht falsch, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Doch wenn es in Angst und Sorgen endet, läuft was falsch. Was genau?

Vertraue ich Jesus?

Leider ist mein Vertrauen Gott gegenüber oft sehr klein. Jesus fordert mich immer wieder neu heraus, ihm vollständig zu vertrauen. Er hat die Kontrolle und den Weitblick. Er kennt Zeitpunkte und Zeitspannen – das reicht aus. Auch wenn mein Vertrauen ihm gegenüber noch sehr ausbaufähig ist, möchte ich jetzt schon versuchen, danach zu handeln, als wenn es deutlich größer wäre. Denn durch das Erleben, dass es sich lohnt, wächst es – so hoffe ich.
Diese Art der Kontrollabgabe erlebe ich als Entlastung und gleichzeitig als sehr herausfordernd. Wenn ich meine Ängste und Sorgen für die Zukunft aufgebe, vertraue ich Jesus. Das heißt auch, dass ich meine eigenen Pläne aufgebe und für Jesus die Bühne freimache. Ich merke, wie ich mich immer wieder dazu bewusst entscheiden muss, besonders wenn ich unsicher bin. Aber vielleicht liegt genau da die Spannung und Kunst drin, ihm zu vertrauen.

Lernen zu genießen

Wenn ich Jesus meine Zukunft anvertrauen, führt das meistens dazu, dass ich die Gegenwart mehr genieße. Ich kann den Moment mit Jesus wahrnehmen. Ich nehme mir bewusst Zeit, atme tief ein und aus, werde mit ihm ruhig, sitze mit ihm da. Manchmal schweigen wir zusammen, es ergibt sich ein Gespräch oder Jesus sagt etwas, was mich direkt ins Herz trifft. Bei Jesus zählt nicht höher, schneller und weiter. Er freut sich, wenn ich mit ihm bin, ihn wahrnehme, denn er ist immer da. Dazu braucht es das Vertrauen bei ihm Sein zu können, dass ich ihm genug bin, so wie ich und die Situation im mich rum gerade ist. Dann kann ich den Moment genießen und es lebt sich leichter. Jesus nimmt die Last und sorgt sich um das Morgen. Wie schön das doch ist. Wie oft bin ich davon noch entfernt, wirklich konsequent danach zu leben. Gott sei Dank ist Jesus mit mir deutlich geduldiger, als ich es oft bin.