Zuerst wollte ich diese Ausgabe „Schamlos“ nennen, aber dieses Wort ist eher negativ besetzt.
Wobei, wenn man es ins Englische übersetzt, unter anderem das Wort „barefaced“ aufgelistet wird. Und genau das trifft es für mich ganz gut. Ohne Scham zu sein, bedeutet, ein unverhülltes Gesicht haben.

Wir waren letztens als Familie auf Reisen und ich hörte Gott in der Zeit ganz deutlich zu mir sprechen. Irgendwie bin ich unterwegs empfänglicher dafür als Zuhause im Alltag.

Als ich eines Abends an der Schwedischen Küste den Vollmond über das Meer aufsteigen beobachtete und die Reflexionen wie ein Lichterschwarm auf der Wasseroberfläche tanzten, vernahm ich diese unverkennbare Nähe des Höchsten, dieses Flüstern in meinem Herzen, welches lauter wurde als alles andere, die wunderschöne nächtliche Szenerie verschwinden und mich auf die Knie fallen ließ.

Er sagte zu mir: „Claire, du bist gut so. Schäme dich nicht du zu sein. Ich habe dich erdacht. Du bist gut so.“

Plötzlich wurde mir bewusst, unter wie viel Scham ich bisher gelebt habe. In den Tagen und Wochen darauf bemerkte ich, dass ich große Probleme habe, Menschen länger in die Augen zu blicken, meine Meinung zu sagen, negativ aufzufallen, im Gottesdienst Eindrücke mitzuteilen, meine Kunst auszustellen bzw. zu verkaufen, um Hilfe zu bitten, Sprachnachrichten zu machen, während jemand Fremdes direkt hinter mir läuft oder überhaupt irgendjemand anwesend ist und sogar mit meiner Tochter rumzutoben, mache ich viel wilder, wenn ich mich unbeobachtet fühle.
Das alles hat seine Wurzeln in der Scham begründet, ganz frei ich selbst zu sein. Vor allem das mit dem Blick in die Augen ist so aussagekräftig, weil ich doch irgendwie Angst habe gesehen und dann abgelehnt zu werden. So oft habe ich quasi mein Gesicht verhüllt, eine Maske aufgesetzt, um dies zu verhindern. Um bei diesem Bild zu bleiben: Es ist doch enorm schwer unter dieser Maske zu atmen, zu sprechen und geschweige denn wirklich gesehen zu werden. Es ist ermüdend und im Endeffekt auch unnötig, weil was wirklich zählt ist, was Gott von mir denkt. Doch selbst vor Gott kenne ich Gedanken der Scham all zu gut. Wenn ich obenauf bin, fällt es mir viel leichter zu beten und seine Gegenwart zu genießen, als wenn ich etliche Fehltritte hinter mir habe. Genau deshalb hat mich diese Aussage, dass ich gut bin und mich nicht schämen muss so zerbrochen (im guten Sinne).

[..] Denn es ist nicht so, wie ein Mensch es sieht: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.

– 1. Samuel 16, 7 (Lutherbibel 2017)

Außerdem hatte ich auf dieser Reise zweimal unfassbar intensive Träume, durch die Gott ganz klar zu mir gesprochen hat. In beiden Träumen konnte ich komplett ohne Zögern und ohne Scham auf Menschen zugehen, um dem Impuls nachzugehen für sie zu beten oder einen Eindruck zu teilen, was große Wirkungen und tiefe Herzensveränderungen und Heilungen nach sich zog. Ich habe mich im Traum so frei gefühlt, als könnte ich zum ersten Mal seit Langem ungehindert atmen. Als ich aufwachte, wusste ich, dass es mein Ziel ist, genau so frei und ohne Scham zu leben und das weiterzugeben, was Gott, seit er mich erdacht hat, in mich gelegt hat. Und ich ermutige dich, es auch zu wagen.

  1. Kannst du Menschen ohne Scham begegnen?
  2. Kannst du Gott ohne Scham begegnen?
  3. Was hat Gott tief in dein Herz gelegt als er dich erdacht hat?