Hallo Freunde,
heute starten wir nach der Sommerpause wieder bei „In die Tiefe“ durch. Und in den nächsten Wochen möchte ich mit euch über Evangelium nachdenken. Was ist „das“ Evangelium? Warum gibt es „die“ Evangelien? Und was wird manchmal als „Evangelium“ verkauft, ist es aber gar nicht. Und ich will zu Beginn erst einmal einen Überblick über ein paar Begrifflichkeiten geben.
Erstmal zur Wortbedeutung: Evangelium stammt aus dem Griechischen und heißt „Gute Nachricht“ oder „Gute Botschaft“. Geschrieben wird es so: εὐαγγέλιον. Gelesen wird es eigentlich „Euangelion“. Aus dem „εὐ“ wurde durch ein wenig Sprachgeschichte und Abwandlungen das ein „ev“. Aber: Man kennt die Silbe „eu“ durchaus noch, bei Worten wie: „Euphorie“ oder „Euphemismus“. Oder Europa (SCHERZ!!!). Wenn in einem deutschen Wort „Eu“ zu Beginn steht, muss diese Silbe mit gut- oder wohl- übersetzt werden. Das griechische Wort „Eu-logeo“ zum Beispiel, heißt wörtlich: „gut-sprechen“ und man übersetzt es mit segnen.
Das zweite Wort αγγέλιον heißt Botschaft oder Nachricht. Da ist das Wort Angelos abgeleitet, was auf Deutsch Engel heißt. Engel sind Botschafter Gottes. Nur mal am Rande.

Das Wort zusammengesetzt heißt dann: Gute Botschaft. Es wurde zum Beispiel genutzt, wenn ein Königssohn geboren wurde. Ich stell mir dann gerne immer einen Läufer vor, der zu den verschiedenen Orten läuft und die gute Botschaft überbringt „Ein neuer Prinz ist geboren!“ oder „Wir haben den Krieg gewonnen“ oder „Der FC Bayern hat die Champions League gewonnen“. Irgendwie sowas. Und die Leute wussten dann von der guten Botschaft Bescheid und haben es weitergegeben. So hat sich die Botschaft verbreitet und viele sind informiert gewesen. In dieser Zeit gab es ja keinen technischen Fortschritt oder dergleichen mehr. Und übrigens: Es gab auch keinen FC Bayern.

Als Jesus auf diese Welt kam, da hat er den Leuten das Evangelium gebracht, dass Gott die Welt nicht aufgegeben hat, sondern sie liebt. Und das ist eine gute Botschaft gewesen, in einer Welt, die gedacht hat, dass Gott sie vergessen hat. Aber das wäre nicht „DAS EVANGELIUM“ allein. Da gehört noch etwas mehr dazu. Der Punkt ist, dass Jesus im Mittelpunkt des Evangelium steht. Er ist die gute Botschaft. Quasi als Person. Jesus nimmt jeden an, liebt jeden, hat sein Leben gegeben, damit jeder, der an ihn glaubt, von Sünde und Schuld befreit sein darf. Und wie ein Leben dem Evangelium gemäß aussieht, hat uns Jesus durch sein Leben vorgelebt. Er hat mit Bettlern, Zöllnern und Huren gegessen, hat sich gegen die Unterdrücker der Armen gewandt, hat jeden herausgefordert, Gott mehr zu folgen, als sich selbst, er hat geheilt, getröstest, gefeiert. Jesus ist das gelebte Evangelium.

Und deswegen ist neben diesen beiden Bedeutungen – die griechische und die Botschaft von Jesus – eine dritte Botschaft wichtig. Menschen, Zeitzeugen und Jünger von Jesus haben versucht, sein Leben aufzuschreiben. Anhand seiner Biografie zu erklären, wie sehr Gott diese Welt liebt und wie er manche Dinge meinte, die er schon früh gegeben hat, aber die Menschen falsch interpretiert haben. Diese Biografien oder Geschichten Jesu, nennt man Evangelium. In deiner Bibel findest du vier Stück. In der Geschichte gab es allerdings noch einige andere mehr.

Und jetzt kommen, zu Recht, einige Kritiker, und sagen: Hätte nicht ein Evangelium gereicht? Hätte es nicht gereicht, wenn wir das Markusevangelium gehabt hätten – und fertig?
Das wäre auf verschiedenen Wegen schade.

1.) würden wir heute nicht Weihnachten feiern. Für manchen wäre das eigentlich schon Evangelium, ich weiß. 🙂 Aber die Weihnachtsgeschichte und auch andere Gleichnisse, Geschichten und Begegnungen stehen nicht im Markusevangelium. Markus ist höchstwahrscheinlich das älteste Evangelium. Es ist also am nächsten an den Ereignissen Jesu dran. Wahrscheinlich kannten die Autoren der anderen Evangelien auch dieses Evangelium, nahmen es als Basis und ergänzten die Geschichten, die ihnen bekannt waren. Und das zeigt vielleicht etwas das Problem: Lese ich „nur“ eines der Evangelien, fehlen mir andere Geschichten, die mein Bild von Jesus insgesamt runder und schöner und voller machen. So gut die 4 Bücher sind. Ich mag sie alle. Aber ich mag sie vor allem, weil sie unterschiedlich sind und unterschiedliche Blickwinkel auf Jesu Leben richten.
2.) Neben den vier Evangelien wollten natürlich auch andere Leute etwas vom „Kuchen des Neuen Testaments“ abhaben. Es gibt einige Evangelien mehr, die nicht in der Bibel stehen. Aus guten Gründen. Entweder weil sie Irrlehren verbreiten haben oder nicht „gut genug“ waren, um einen Platz im Neuen Testament einzunehmen. Wer das entschieden hat? Wenn man Dan Brown ernst nehmen würde, könnte man denken, dass Kaiser Konstantin das war. Das ist natürlich Quatsch. Aber umstritten waren die Bücher schon, vor allem im 1. und 2. Jahrhundert in der Zeit nach Christus. Aber diese vier Bücher haben sich relativ schnell nach ihrem Bekannt-werden in der Christenheit als DIE 4 Evangelien durchgesetzt. An vielen Stellen wurden sie gelesen und andere nicht. Deswegen müssen die nicht per se falsch sein, aber diese 4 hatten schon sehr früh eine große Autorität. So ähnlich war es mit der Apostelgeschichte, den Paulusbriefen oder dem 1. Johannesbrief. Andere Bücher des Neuen Testamentes waren umstrittener, wie die Apokalypse (Offenbarung), der Hebräerbrief (weil der Paulus nicht zugeschrieben werden konnte…) der Jakobusbrief, der 2. Petrusbrief, der 2. und 3. Brief des Johannes, der Judasbrief.
Teilweise anerkannt, aber schließlich nicht ins Neue Testament aufgenommen wurden der 1. und 2. Clemensbrief, die Didache, der Barnabasbrief, der Hirte des Hermas, das Hebräerevangelium und die Offenbarung des Petrus. Wie dem auch sei: im 2. und 3. Jahrhundert wurden die Bücher der Bibel diskutiert und dann immer mehr festgelegt. Die Bücherliste, wie wir sie heute kennen, ist durch Konzile dann bestätigt worden.
3.) Wir würden nicht mehr so viel diskutieren. Ok, der Grund mag ein ganz praktischer und ziemlich subjektiver sein. Aber ohne Witz: Ich mag es mit anderen Leuten über ihre Jesus-Vorstellungen zu reden. Manche sagen auch, wenn man die Bibel zu lesen beginnt, muss man mit dem Johannesevangelium beginnen, andere mit Matthäus, mancher mit Markus. Ich würde, demütig wie ich nun mal bin, immer Lukas sagen. 😛 Diese Bücher bestechen aber allesamt durch verschiedene Schwerpunkte. Alle zu sehen und zu beachten ist wichtig und nicht den einen gegen einen anderen auszuspielen.

Ihr seht, jetzt wird es eigentlich richtig spannend. Wir haben die 3 Bedeutungen, was das Wort Evangelium bedeutet: 1. Die ursprüngliche Wortbedeutung, 2. Die literarische Gattung und 3. die theologische bzw. Glaubens-Bedeutung des Wortes. Fest steht, dass es ein genialer Begriff ist, der viel verbindet und vereint und der uns auch immer wieder vor die Wahl stellt, zu entscheiden: Wollen wir die gute Botschaft Gottes hören und sagen wir einfach: Nö!
Ich fordere dich heraus in den nächsten Wochen hier wieder vorbeizukommen und mal zu lesen, was die einzelnen Schwerpunkte sind und wie sich die Bücher aufbauen. Falls es dir bis dahin langweilig wird, dann ließ doch ruhig die Bücher mal durch und informiere dich über die bekannten Quellen. Eine will ich aber noch nennen, die unschlagbar gut ist: www.dasbibelprojekt.de. Da bekommt man einen kurzen kleinen Einblick und der lohnt sich.
Viel Spaß beim „Vorarbeiten“ und bis demnächst!

Segen-Regen, Lukas!