Hallo, in den nächsten 3 Ausgaben möchte ich mir mal was gönnen! *zwinker* Ja, das klingt sehr egoistisch, aber ich möchte gerne 3 Ausgaben meiner Kolumne dafür nutzen, Bibeltexte, die mir besonders ans Herz gewachsen sind, ins Zentrum zu stellen. Manchmal ist es wie heute, dass ich gar nicht viel dazu sagen möchte. Manchmal möchte ich zu einzelnen Wörtern ganz viel sagen. Und manchmal möchte ich einfach nur die Worte auf dich und mich wirken lassen.

Heute werde ich dabei einen längeren Text nehmen und einfach meine Gedanken, die ich dazu habe, Vers für Vers dir mitgeben. Schön wäre es, wenn ich dich dadurch mit auf eine Reise nehmen könnte. Eine Reise durch einen prachtvollen Text, mit vielen sprachlichen Nuancen und Schönheiten. Schätze, die du heben kannst. Dinge, die mir auffallen, ergänzen vielleicht deine Entdeckungen. Wissen kommt dazu, dass dir den Psalm neu erschließt. Und am Ende hast du jeden Vers gelesen.
Dabei gebe ich dir aber noch einen kleinen Tipp: Schnapp dir deine Bibel und lies den Text zu Beginn einmal durch. Als Grundlage dafür nutze ich den Text der Neuen Genfer Übersetzung (den Bibeltext mache ich immer kursiv, damit du weißt, dass es der Text und nicht meine Gedanken sind.). Es gibt andere, auch sehr schöne Übersetzungen dieses Liedes. Die Lutherübersetzung habe ich oft gehört und sie liebgewonnen. Daher wollte ich mal einen anderen, für mich eher neueren Text nehmen. Das kann dir die Worte und Zeilen nochmal neu aufschließen. Und jetzt rein in Psalm 103!

Psalmen sind Lieder und Gebete des Volkes Israels, gesammelt in einen Buch. 150 Gebete. Gesungen. Gesprochen. Geklagt. Weinend gebetet. Verzweifelt ausgesprochen. Groß und herrlich und nah und zutiefst menschlich. Das Buch der Psalmen zeigt, dass Gott den Menschen in seinen Bedürfnissen begegnet. Ob die Feinde um mich herum sind und toben, oder ob ich mich freue, weil Gott so herrlich zu mir ist. Das Buch der Psalmen ist ein echtes Buch. Es ist authentisch. Nah. Tief und hoch. So wie unser Leben auch Tiefen und Höhen hat. Es gibt nicht nur „Herr du bist gut“ – Psalmen, auch Verse, die mich verstören. 65 Klagepsalmen, die genauso dazugehören wie Psalm 23 und sein „Der Herr ist mein Hirte“. Zeilen, die ich auswendig kann. Worte, die für mich nach Heimat klingen. Nach Annahme. Nach Verständnis. Und es gibt Phasen, und eine gute Freundin hat mir das mal erzählt, da bleibt dir der Atem weg. Weil etwas in dir schmerzt und wehtut. Und ihr blieb damals nur dieses dicke, alte Buch. Verstaubt vielleicht. Wenig aussagekräftig. Aber echt. Authentisch. Meiner Situation ein ‚Gesicht-gebend‘.

Und das liebe ich an dem Buch. Du musst nicht verstecken spielen. Du musst nicht davonrennen. Im Buch der Psalmen fühle ich mich gehört. Meinem Empfinden werden Worte gegeben. Sie entsprechen mir. Bei Weitem nicht alle. Und es gibt nichts Schlimmeres, als einen Happy-Clappy-Psalm vollmundig zu singen, und gleichzeitig den Mund nicht aufzubekommen, weil mein Leben dunkel und finster ist. Aber auch dafür gibt es Psalmen! Du merkst vielleicht, dass das Buch der Psalmen ein wunderbarer Schatz für unser Leben sein kann.

Und dazu gehört auch einer meiner Lieblingspsalmen. Psalm 103 habe ich das erstmal bewusster wahrgenommen, als ihn Xavier Naidoo am Ende eines seiner Alben gelesen hat. Zugegeben: Das ist schon ein paar Jahre her und irgendwie ist der Mann echt immer abgedrehter geworden. Seine Musik war – früher – echt gut. Und ich habe ihn gerne gehört. Und ich hatte damals das Gefühl, er liest mir gerade Psalm 103 zu. Nur für mich. Warum? Psalm 103 zeigt so viel von Gottes Wesen. Von seinem Frieden. Seiner Größe. Und seiner Gnade. Und das gleich zu Beginn:

Vers 1 und 2:„Preise den Herrn, meine Seele, ja, alles in mir lobe seinen heiligen Namen! Preise den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Wenn man sich einen Psalm heraussuchen möchte, der als Grundlage vieler Lobpreislieder dienen könnte, dessen Sätze du vielleicht schon mal irgendwo gehört oder gesungen hast, dann ist Psalm 103 ein guter Kandidat! Preise oder lobe den Herrn. Zu Beginn steht eine Aufforderung. Aber für mich kommt sie nicht ‚voll auf die Zwölf‘ daher, sondern eher sanft. Lobe den Herrn. Seinen heiligen Namen. Und dann kommt der Satz, der mein Kurz-, Mittel- und Langzeit-Gedächtnis aktiviert. „Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Vergesse es nicht, weil Gott so viele schöne und gute Dinge in deinem Leben getan hat, dass du allen Grund hast, ihn zu loben. Gott zu loben für seine guten Taten, anstatt dir einfach nur auf die eigene Schulter zu tippen, und zu sagen: Ich bin stolz wie Bolle auf mich und was ich Gutes getan habe.
Aber, wenn du mal ehrlich bist: So viel kannst du gar nicht dafür. Sondern Gott hat dich in diese Zeit hier hinein geboren. Er hat dich gemacht. Er versorgt dich. Er schenkt dir die Menschen in deinem Umfeld. Und so weiter. Und das ist ein Grund ihn zu loben. Ihm zu sagen: Du hast wirklich gute Dinge in meinem Leben getan.

Vers 3„Er vergibt dir all deine Schuld und heilt alle deine Krankheiten.“ Dieser Vers könnte auch irgendwo in einem Paulusbrief stehen. Er sagt ja nichts anderes, als: Gott sieht deine Missetat, die Dinge, die bei dir schieflaufen, nicht mehr an. Sondern er ist gnädig. Umso stärker dieser Zuspruch! Er vergibt! Er heilt! Dich und deine Ich-sucht. Dich und deine Verletzungen. Dich und deinen Zweifel, deinen Zerbruch. Und Er wird es auch sein, der dich und deine Krankheit heilen wird – ob irdisch oder himmlisch (und ja, ich weiß, die himmlische Heilung ist manchmal ein sehr schwacher Trost..). Aber:

Vers 4ff„Er rettet dich mitten aus Todesgefahr, krönt dich mit Güte und Erbarmen.“ Das, was spannend ist, an allen Versen: Es ist ein reiner Zuspruch. Er sagt dir das zu. Damit können seine Worte wirksam werden in dir. Auch hier: „Gott ist dein Retter. Er gibt dir in deinem Leben viel Gutes – überreich bist du beschenkt! Wie sich bei einem Adler das Gefieder erneuert, so bekommst du immer wieder jugendliche Kraft. Der Herr vollbringt große Rettungstaten, allen Unterdrückten verhilft er zu ihrem Recht.“
Gott ist dein ‚Gut-tuer‘, dein ‚Befreier‘, dein ‚Schuldvergeber‘, dein ‚Erretter‘, dein ‚Versorger‘ und deine ‚Kraftquelle‘. Wie vollmundig und satt sind diese Titel, die Gott hier bekommt. Wie groß sind diese Worte, komprimiert auf wenige Verse. Und doch mit so einer Weite und Tiefe, dass sie mich echt nur staunen lassen. All das ist Gott. Und noch viel mehr. Er ist und bleibt ein geheimnisvoller Gott. Sein Zuspruch an mich ist abwechslungsreich, ist vielfältig. Und er hebt das Schwache, Kranke und Kaputte in mir hoch! Und heilt es.

Und Gott schreibt Geschichte: Vers 7„Er gab Mose zu erkennen, wie er handelt, und den Israeliten zeigte er seine mächtigen Taten.“ Jeder Israelit, der dieses Lied gesungen hat, der hatte auch immer die Geschichte mit Gott und seinem Volk vor Augen – denn er selbst war Teil davon. Und viele Psalmen erinnern an die großen Taten Gottes und machen damit deutlich: Gott ist heute noch genauso.
Denn: Vers 8ff„Barmherzig und gnädig ist der Herr, er gerät nicht schnell in Zorn, sondern ist reich an Gnade. Nicht für immer wird er uns anklagen, noch wird er ewig zornig auf uns sein. Er handelt an uns nicht so, wie wir es wegen unserer Sünden verdient hätten, er vergilt uns nicht nach unseren Vergehen. Denn so hoch, wie der Himmel über der Erde ist, so überragend groß ist seine Gnade gegenüber denen, die ihm in Ehrfurcht begegnen.“ Ich finde diese Verse so treffend. Mich treffend. Wir denken ja manchmal, Gott ist derjenige, der zornig ist, der wütend ist. Und es gibt vieles, das denke ich zumindest, auf das Gott auch zornig ist. Wenn wir sein Ebenbild sind – und wir sind manchmal zornig – dann kann ich mir vorstellen, Gott ist das auch. Aber: Wir dürfen nicht den Fehler machen, Gott einen Haufen menschlicher Eigenschaft anzuhängen und Gott ‚runterzumenscheln‘. Als wäre er einer von uns. Nein, Gott steht über den Dingen. Sein Zorn ist wichtig. Aber seine Gnade auch. Wenn er so handeln würde, wie wir es verdient hätten, dann könnte er uns nicht vergeben. Unsere Perspektive wäre aber keine Schöne! Aber in Gott finde ich diesen Ort, an dem die Gnade zählt. Und zwar denen, die ihm in Ehrfurcht begegnen, wie wir lesen können. Und er befreit uns von unseren Vergehen und handelt nicht so, wie wir es verdienen würden. Vers 12„So fern, wie der Osten vom Westen ist, so weit schafft er unsere Vergehen von uns fort.“ Weiter weg geht nicht. Superlative in hebräischer Sprachform. Bildgewaltig. Unübertreffbar.

Und jetzt kommt einer der wenigen alttestamentlichen Verse, in dem Gott als Vater bezeichnet wird. Aber was für ein Vater ist das? Lest selbst: Vers 13ff„Wie ein Vater seinen Kindern voller Güte begegnet, so begegnet der Herr denen, die ihm in Ehrfurcht dienen. Denn er weiß ja, was für Geschöpfe wir sind, er denkt daran, dass wir nur aus Staub gebildet wurden. Der Mensch – seine Lebenstage sind so vergänglich wie das Gras. Er gleicht einer Blume auf dem Feld, die aufblüht, wenn aber ein starker Wind über sie hinwegfegt, dann ist sie nicht mehr da. Dort, wo sie einmal blühte, gibt es keine Spur mehr von ihr.“
Gott ist es bewusst: Der Mensch ist zerbrechlich. Du bist zerbrechlich. Ich bin es. Wir sind vergänglich. Wie Gras. Hin und her weht der Wind mich (und vielleicht auch dich). Und es bleibt von uns nichts übrig. „Doch die Gnade des Herrn ist immer und ewig über denen, die ihm in Ehrfurcht dienen. Und noch an ihren Kindern und Enkeln erweist er seine Treue. So handelt er an denen, die sich an seinen Bund halten, die an seine Weisungen denken und danach leben.“
Und Gott ist der Herr! Er trohnt über allem: „Der Herr hat im Himmel seinen Thron errichtet, und seine Königsherrschaft umschließt das All.“

Der Psalm, dieses Gebetes, endet, wie viele unserer Gebete enden sollten! Mit einem großen Halleluja! Einem großen Lob! Den Fokus auf Gott gerichtet: Vers 20ff„Preist den Herrn, ihr seine starken und gewaltigen Engel, die ihr sein Wort ausführt und seiner Stimme gehorcht, sobald er spricht. Preist den Herrn, ihr alle, die ihr zu seinem himmlischen Heer gehört, ihr seine Diener, die ihr ausführt, woran er Freude hat. Preist den Herrn, ihr alle seine Werke, an allen Orten, über die sich seine Herrschaft erstreckt! Ja, preise den Herrn, meine Seele!“ Oh ja. Amen!

Ich hoffe, euch hat die Beschreibung etwas genutzt und du konntest gute Impulse mitnehmen. Was dieser Psalm aber auf alle Fälle macht: Er macht den groß, der groß ist: Gott! Und malt diese Größe in so viele schöne Bilder, die sofort in meinem Herzen erklingen, wenn ich diesen Psalm lese und höre. Und ich hoffe, dass es dir auch so geht.

Macht’s gut und auf bald,
Lukas