In dieser Welt werden wir an der Größe der Spuren gemessen, die unsere Füße hinterlassen. Manche schleichen durch’s Leben, sodass man kaum die Abdrücke ihrer Zehen zu sehen vermag. Andere wiederum stampfen derart stark auf, dass die Halme des Grases unter der Wucht unwiederbringlich zerknicken.
„Dreistigkeit siegt“ ist en vogue. „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“ ein Grundsatz unserer Gesellschaft. Profit ist der Maßstab des Erfolgs und Erfolg wiederum ist die moderne Definition eines guten Lebens. Was war das Leben wert, wenn man nichts geleistet hat?
Diese Frage habe ich mir auch hin und wieder gestellt. Welcher Platz sollte meinen Leistungen eigentlich zugedacht sein? Arbeit gibt mir Energie und inspiriert mich. Leerlauf oder Stillstand lässt mich unruhig und träge werden, weshalb ich mich gern beschäftigt halte. Mit dieser Arbeitsmoral und dem Maß an Fleiß passe ich sehr gut in unsere leistungsorientierte Gesellschaft. Ich merke immer wieder, dass es reizvoll ist, sich über seine Arbeit zu definieren, wenn man sie gut macht. Doch darin liegt auch eine große Gefahr. In der Vergangenheit habe ich meinen Körper schon häufig an seine Grenzen getrieben in dem ich Essen, Schlaf und sozialen Kontakten im Vergleich zu meiner Arbeit wenig Priorität einräumte. Dank meiner Freunde hielt es sich meist in einem verträglichen Rahmen. Sie haben mir immer wieder vor Augen geführt, dass Arbeit nicht alles im Leben ist.
Allein konnte ich mir dies nie wirklich sagen. Mein Perfektionismus führte bei meiner Arbeit häufig dazu, dass ich nur sehr selten mit meiner Leistung zufrieden war und meine Ziele nie wirklich erreichte, weil diese meist zu hoch gesteckt waren. Somit arbeitete ich stets viel, um meinen Zielen ein Stück näher zu kommen. Doch ich wurde mit der Zeit immer frustrierter, weil ich aus meiner Perspektive immer wieder mit meinem eigenen Scheitern konfrontiert wurde.
Diese Phase liegt nun schon ein kleines bisschen zurück, doch fertig werde ich mit diesem Thema wahrscheinlich nie wirklich sein. Ich bin eher der Typ, der immer wieder in Arbeit versackt und versucht, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Mittlerweile bin ich in der Lage, mir realistischere und gesündere Ziele zu stecken und mich und andere nicht mehr so stark über Leistung zu definieren. Ich habe gemerkt, dass ich stets unzufrieden sein werde, wenn ich versuche, den Sinn allein in Arbeit zu finden.
Und letzten Endes ist Gottes Plan für unser Leben größer, als es ausschließlich mit Arbeit zu füllen. Er hat uns zu Gestaltern dieser Welt auserkoren. Wir sollen in ihr leben und sie gut pflegen. Doch ich habe das Gefühl, dass wir dies manchmal missverstehen und Arbeit als den Sinn selbst erachten.
In unserer Gesellschaft definieren wir den Wert einer Person schnell über ihre erbrachte Leistung. Ich habe dies in den vergangenen Jahren auch sehr häufig getan. War jemand fleißig, war er in meinen Augen ein ‚wertvolleres‘ Mitglied unserer Gesellschaft.
Ich habe aber gelernt, dass Gott das Leben nach anderen Maßstäben bewertet als ich. Er hat uns mit einer Sehnsucht in diese Welt gestellt. Mit einer Sehnsucht, sie und uns besser zu verstehen. Und mit dem Glaube daran, dass das alles irgendeinen Sinn haben muss, damit wir uns auf die Suche nach Ihm machen. Denn Er will uns zeigen, wer wir wirklich sind und wie er in dieser Welt mit und durch uns handeln will.
Doch Gott ist für uns anscheinend nicht immer die naheliegendste Lösung auf diese Fragen. Wir versuchen den Sinn eher in weltlichen Dingen zu finden, machen uns abhängig von Geld und definieren uns über unseren Erfolg. Diese Dinge erscheinen uns greifbarer und kontrollierbarer zu sein und wir nutzen Sie, um unsere eigenen Bewertungsmaßstäbe zu kreieren.
Doch da stoßen wir auf ein Problem. Wir Menschen sind nicht in der Lage ein vollkommenes System zu schaffen. Gemessen an unseren eigenen Maßstäben, werden wir immer Menschen mit bestimmten Stärken bevorzugen, während wir andere vernachlässigen. Arbeit ist da ein gutes Beispiel. Sie nicht jedermanns Stärke. Manche sehen sie eher als eine Bürde oder Last und unser System ist in dieser Hinsicht gnadenlos. Jeder, der nicht in der Lage ist, seinen Beitrag zu leisten, wird separiert und bekommt nur wenig Unterstützung. Und genau dieser Umstand unterscheidet uns von Gott, denn Er ist in der Lage, alle Menschen gleich zu sehen und jeden Einzelnen zu lieben, obwohl wir so unterschiedlich sind.
Diese Grundlage relativiert für mich den messbaren Erfolg, der momentan als so hohes Gut angesehen wird. Ich glaube, es geht im Leben vielmehr darum, dass wir uns unseres Wertes und des Wertes unserer Mitmenschen bewusst werden. Gott liebt uns um unserer selbst willen und freut sich darüber, wenn wir unsere Gaben erkennen und sie für Ihn einsetzen. Wenn man dies als Grundlage nimmt, ist jede Arbeit die man beginnt, jeder Schritt den man geht, schon von Anfang an wertvoll. Und es ist nicht mehr wichtig, wie groß am Ende der Erfolg ist.
Mittlerweile bin ich an einem Punkt, wo ich nicht mehr zwischen Arbeit und Freizeit trenne. Ich kann all meine Aufgaben und Projekte mit einer tiefen Ruhe bewerkstelligen. Und ich bin nicht mehr so stark darauf angewiesen, dass mir meine Leistung am Ende in irgendeiner Form anerkannt oder vergolten werden muss. Mir gelingt es, schneller einen Schlussstrich zu ziehen und das Imperfekte besser auszuhalten. Ich verspüre mehr Freiheit darin, Pausen zu machen und mich mit anderen Dingen zu beschäftigen, die Zeit mit Freunden zu genießen und die schönen Momente des Lebens zu feiern.
Das Leben fühlt sich auf diese Weise ganzheitlicher an. Ich kann alles, was ich tue, mehr genießen und habe mehr Freiheit auch mal „Nein“ zu sagen. Mein Wunsch ist es, dass wir alle in dieser Hinsicht mehr wachsen können und verstehen, dass wir uns nicht damit überfordern müssen, irgendjemandem gerecht zu werden. Unsere Arbeit sollte uns nicht stressen oder krank machen. Vielmehr sollte sie uns Kraft geben. Das ist meiner Meinung nach jedoch nur möglich, wenn wir uns auf Gott fokussieren und unseren Wert nicht von den gesellschaftlichen Normen abhängig machen.
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