Allgemein mag ich Entscheidungen zu treffen. Sie schaffen klare Verhältnisse, klären Vorgehensweisen, können zu Veränderungen führen. Deutlich anstrengender empfinde ich den Prozess dahin, die Entscheidung treffen zu können. Ich wäge ab, schreibe Listen, gehe mögliche Eventualitäten durch, schiebe es auf. Letztlich versuche ich Kontrolle auszuüben. Aus der Angst, dass es mir entgleiten oder nicht gut werden könnte.
Der Prozess zur Entscheidung
Heute berichte ich von zwei Entscheidungen. Eine beschreibt das aktiv werden, die andere das Abwarten. Im November 2020 habe ich mich dazu entschieden mein Studium abzubrechen. Das war hart. Seit Oktober 2016 habe ich Pharmazie studiert. Das Studium war nicht schlecht gewesen. Ich hatte es begonnen, weil es sich so ergab. Dann habe ich weiter gemacht, weil ich Angst vor dem Aufhören hatte. Schließlich sah ich keine Alternative. Außerdem dachte ich, stellen andere die Erwartung an mich. Es sind viele Stunden und Geld (Dank meiner Eltern) hineingeflossen. Das Schlimmste aber war, dass ich gegen meine eigenen Prinzipien verstoßen musste.
Normalerweise bin ich ein Fan davon Dinge zu Ende zu bringen, auch wenn es mal nicht so läuft. Aber hier war mehr. Der wirklich ausschlaggebende Punkt war die Erkenntnis, dass ich keine Apothekerin werden möchte und es mir nicht vorstellen kann in dem pharmazeutischen Bereich zu arbeiten. Mag vielleicht komisch klingen, dass mir das ein Semester vor Ende auffällt. Rückblickend kann ich sagen, ich habe jegliche Gedanken dazu verdrängt, um der Entscheidung und den möglichen Konsequenzen aus dem Weg zu gehen.
Das wofür ich die letzten vier Jahre gearbeitet habe, will ich nicht. Als ich das begriff, machte es für mich kein Sinn mehr weiter zu studieren. Andererseits waren da die vielen Abers: Komm, das eine Semester kannst du jetzt auch noch machen. Zieh das Ding einfach durch. Dann hast du was in der Tasche und bist abgesichert. Danach kannst du immer noch was anderes machen…
Die Freiheit Entscheidungen treffen zu dürfen
Vielleicht kennst solche Situationen. Das dauernde Abwägen, ob du willst oder nicht. Der Kopf arbeitet, echt zermürbend. Ich wusste, dass es das „Richtige“ ist, das Studium abzubrechen und musste es „nur“ noch machen. Trotzdem war es so schwer, denn irgendwie erschien es auch dumm. Ich betete viel, Jesus sprach mir Mut zu mich zu entscheiden.
Ich hätte mir manchmal gewünscht, dass Jesus mir klar gesagt hätte, was ich machen soll. Aber er tat es nicht. Das war meine Entscheidung. Kurz danach redete ich mit Jesus darüber und er meinte: Ich finde es gut. Aber ich hätte auch den anderen Weg gesegnet. Du hast den freien Willen. Und genauso ist es. Jesus lässt und Entscheidungsfreiheit. Und wir dürfen Verantwortung übernehmen, indem wir Entscheidungen treffen und Konsequenzen tragen.
Für mich wäre es bequemer gewesen das Studium zu Ende zu bringen. Ich hatte keinen Alternativplan, viel Angst, aber auch Vorfreude. Ich hatte noch nie eine Entscheidung getroffen bei der ich wusste, dass sie so „richtig“ und gleichzeitig so anders ist als ich gedacht habe. Doch ich bereue es bis heute nicht. Das heißt nicht, dass es leicht ist. Irgendwie ahnte ich auch, dass nach der Entscheidung es erst richtig losgehen würde. Aktuell habe ich viele Ideen, aber keinen festen Plan. Ich bin gerade ohne ein konkretes Ziel – das ist grausam für mich. Manchmal fühle ich mich leer und orientierungslos.
Hat es sich wirklich gelohnt?
Ja! In den letzten Monaten habe ich so viel über mich gelernt, wie mein ganze Leben nicht. Ich stelle fest, wie sehr ich auf Jesus angewiesen bin. Das fällt mir schwer einzugestehen, denn am liebsten würde ich niemand brauchen. Doch ich will seine Pläne annehmen und ihn ins Zentrum stellen. Dafür muss ich manche Dinge streichen.
Täglich weist mich Jesus direkt, aber liebevoll, auf meine Schwächen hin. Mein Stolz, meine Ungeduld, meine falsche Stärke, mein großes Ego, mein Wunsch nach Kontrolle. Es zeigt mir, dass ich Angst davor habe, Jesus zu hundert Prozent zu vertrauen. Ihm Kontrolle abzugeben und daran zu glauben, dass seine Gnade allein und die Beziehung zu ihm genügt. Er gibt mir Sicherheit, er versorgt mich und wünscht mir ein gelingendes Leben. Er weiß, was kommt. Jesus fordert mich auf Geduld zu haben, auf seine Zeitpunkte zu warten, statt voreilig zu sein. Diese Spannung macht mich manchmal verrückt. Ich will ein Ziel haben, daraufzugehen, Entscheidungen für meine Zukunft treffen. Aber eben nicht irgendwie und irgendwelche. Ich lerne Dinge sein zu lassen, die ich nur irgendeines Ziels wegen verfolge. Also übe ich mich im Abwarten, geduldig sein, Kontrolle abgeben, bedingungslos vertrauen und zur Ruhe kommen.
Mit Jesus entscheide ich anders
Wie triffst du Entscheidungen? Aus Ungeduld oder voreilig? Oder verdrängst du sie? Ich glaube oft hindert uns Angst. Sprich mit Jesus darüber, wenn du durch ihn bestimmt Entscheidungen treffen willst. Er wünscht sich, dass du und ich verantwortungsbewusst und frei von Angst Entscheidungen treffen können. Aber wunder dich nicht, wenn das Resultat anders ist, als du es dir je gedacht hast.
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