Folgendes schrieb ich Anfang des Jahres:
Es sind nur drei Worte. Ich liebe dich. Nicht kompliziert, jeder hat sie schon mal gehört und kennt sie. Trotzdem kommen sie mir nur ganz schwer über die Lippen. Oder besser gesagt, ich kann mich nicht daran erinnern, es mal ausgesprochen zu haben. Doch lag das rückblickend nicht an den fehlenden Möglichkeiten.
Worte schaffen Realität
Wenn ich Gedanken laut ausspreche, habe ich das Gefühl, es wird dadurch wirklich real. Es fühlt sich an, als ob dadurch etwas Neues entsteht. Ich verspüre dem Gegenüber eine Verantwortlichkeit und fühle mich verpflichtet, dem Ausgesprochenen auch nachzukommen. Einmal ausgesprochen, ist es nicht mehr rückgängig zu machen. Die Dinge erhalten dadurch eine neue Dimension, sie erhalten ein größeres Gewicht.
Natürlich erzähle ich auch mal gerne einfach Quatsch oder pöbel ein bisschen rum. Manchmal gehe ich dabei auch zu weit und bin froh, wenn ich darauf hingewiesen werde, wenn ich eine Grenze überschritten habe.
Aber bei den Dingen, die mir wirklich wichtig sind, werde ich sehr vorsichtig. Allgemein kommen mir Worte, die Emotionen ausdrücken, nur sehr schwer über die Lippen. Dann kann es passieren, dass ich so tue, als ob die Situation oder die Menschen mich nicht berühren, ich blocke ab. Manchmal stelle ich es auch sehr rational dar und blende die emotionale Ebene so gut wie möglich aus.
Es fällt mir leichter, die Gedanken als Text zu formulieren. Bis ich es aussprechen kann, braucht es bei mir oft mehr Zeit. Ich möchte mir wirklich sicher sein, dem was ich sage, auch gerecht werden können. Das ist an sich kein schlechter Ansatz. Aber kann ich dem jemals vollständig gerecht werden?
Was ist Liebe?
Ich finde Liebe ist ein Wort, dass alles und gleichzeitig nichts bedeuten kann. Es wirkt irgendwie so schwammig und unkonkret, nicht richtig zu greifen. Ähnlich wie das Wort Glück. Werde ich gefragt, ob ich glücklich bin, kann ich nur schwer spontan eine Antwort geben. Was heißt es, glücklich zu sein? Vor allem kann mein Gegenüber etwas anderes unter Glück verstehen als ich. Ähnlich geht es mir, ob ich eine Person liebe. Aussagen wie „Ich liebe dich“ oder „Ich bin glücklich“, möchte ich nicht in einem emotionalen Hoch aussprechen. Meine Emotionen können natürlich dazu beitragen. Aber ich möchte verhindern, dass diese Aussagen nur auf Grundlage der Emotionen getroffen werden. Warum?
Ich glaube, dass Liebe vor allem eine Entscheidung ist. Wenn ich „Ich liebe dich“ ausspreche, stellt das für mich eine Zusammenfassung von ausgesprochenen Fakten dar. Für mich kann sich die Aussage aus folgenden Punkten zusammen setzen. Wenn ich weiß, dass ich mit der Person zusammen leben möchte und zwar auf unbegrenzte Zeit. Dabei ist mir bewusst, dass es auch Tiefen geben wird, bei denen ich nicht weglaufe. Ich bin also bereit, alles zu teilen. Es ist nichts, was emotional überladen ist. Ich meine es wirklich so, wenn ich es sage. Wenn ich es aus meinen Emotionen heraus ausspreche, habe ich Angst, etwas zu sagen, was ich später bereue oder gar nicht so meine. Ich will damit meiner Aussage mehr Fundament geben. Das klingt hart unromantisch, aber vor allem möchte ich dadurch verhindern, etwas auszusprechen, dem ich nicht gerecht werden kann.
Das Hohelied der Liebe
Der Bibelklassiker zum Thema Liebe ist 1. Korinther 13. Spätestens wenn ich diese Verse lese, bekomme ich Panik. Erst heute war wieder so ein Moment, wo ich dachte „Scheiße, ich kann das nicht. Ich schaffe das nicht.“ Ich denke dann manchmal, dass es einfacher wäre alleine zu bleiben. Ich bin mir sicher, dass ich den Anforderungen nicht gerecht werden kann. Liebe beinhaltet so viele Dinge. Die Liebe wird hier als geduldig, freundlich, nicht verbissen, weder prahlend, noch herabschauend, nicht verletzend und selbstsüchtig beschrieben. Sie lässt sich nicht reizen und sie ist nicht nachtragend. Sie freut sich nicht am Unrecht, sondern an der Wahrheit. Die Liebe nimmt alles auf sich, sie verliert nie den Glauben oder die Hoffnung und hält durch bis zum Ende.
Ich weiß, dass ich nicht mal eine Sache davon erfüllen kann. Nicht in meiner Familie und nicht bei meinen Freunden. Wie könnte ich einer Aussage wie „Ich liebe dich“ also jemals gerecht werden?
Lieben wie Jesus
Als ich das realisierte, war ich etwas verzweifelt und ich sprach mit Jesus. Er erinnerte mich daran, dass ich es nicht alleine machen muss. Ja, ich kann es alleine gar nicht schaffen und diesen Anforderungen der Liebe aus dem Korintherbrief auch nur annähernd gerecht werden. Zu wissen, dass ich dem Ziel alleine nicht nachkommen kann, finde ich etwas demotivierend. Andererseits sehe ich, wie anziehend Jesus in seiner Art von Liebe war. Das, was Jesus tat, ergab sich aus der Sicht, die er auf die Menschen hatte. Und diese Sicht ergibt sich aus seinem Verständnis über Liebe und Beziehungen. Und wieder einmal wird mir bewusst, wie weit weg ich von dem bin, was ich mir eigentlich wünsche und wo ich eigentlich hin will. Ich möchte da, wo ich jetzt bin, nicht stehen bleiben, weiß aber auch das ich es ohne Jesus nicht schaffe. Ich bin von Jesus anhängig. Es erleichtert mich zu wissen, dass der Heilige Geist es in und mit mir tun möchte. Er hilft mir, Gottes bedingungslose Liebe für mich anzunehmen. Denn das ist, glaube ich, der erste Schritt, auch wenn es mir oft noch nicht leicht fällt. Dadurch wird es nicht von jetzt auf gleich perfekt, aber die Last zu lieben wird leichter, denn ich brauche dem nicht alleine gerecht werden, kann ich gar nicht. Dadurch fällt es mir leichter, mich für die Liebe zu entscheiden, auch wenn es irgendwie außerhalb meiner Komfortzone ist. Gott hat den Menschen für Beziehung und Gemeinschaft zu ihm und untereinander geschaffen. Tiefe Beziehungen war der Anfang und ist das Ziel. Oft kann ich mir nicht konkret vorstellen, was das wirklich bedeutet. Aber ich glaube, dass wenn es Gott schon immer so wichtig war, es gar nicht so schlecht sein kann.:)
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