Manchmal sind die täglichen Aufgaben so viele, dass ich vergesse innezuhalten und bewusst wahrzunehmen, dass jeder einzelne Tag mit meinen Kindern so kostbar ist, ja sogar jeder einzelne Moment.

Achtsamkeit in der Erziehung

Für mich ist Frühstück machen, Zähne putzen, spielen, der Weg zum Kindergarten etc. Alltag, doch für sie ist es ihre Kindheit. Es ist ihr Fundament. In dieser Zeit stellen sie die wichtigsten Fragen ihres Lebens: „Wer bin ich? Bin ich bedingungslos liebenswert? Bin ich in Sicherheit? Darf ich so sein, wie ich bin? Nimmst du mich an, wenn ich in Not bin? Wie kann ich meine Gefühle regulieren? Wie gehe ich mit anderen um?“

Diese Fragen stellen Kinder nicht wortwörtlich, aber durch ihr Verhalten jeden einzelnen Tag. Wenn wir diese Fragen hinter ihrem Verhalten nicht sehen, verstehen sie die falschen Antworten.

„Ok dann bin ich wohl nervig, zu laut, zu viel, zu anstrengend. Wenn ich schreie, werde ich abgelehnt. Ich bin allein in meiner Not, ich muss meine Gefühle unterdrücken, um geliebt zu werden. Andere sind wichtiger als ich..etc.“

Diese Antworten können dann zu Glaubenssätzen werden, die das ganze Leben prägen.

Deshalb ist es mir in dieser vorerst letzten „Vom wilden Herzen einer Mutter“ Kolumne überaus wichtig darüber zu schreiben, dass wir achtsam hinsehen, hinhören, hin fühlen müssen, um zu verstehen, was unsere Kinder bewegt. Der Alltag, der Haushalt, selbst der Job, die Pünktlichkeit, gehen nicht vor, wenn das Kind gerade in Not ist. Es sind diese Momente, die zu Schlüsselmomenten werden. Denn unser Gehirn funktioniert so, dass es mit starken Emotionen verknüpfte Erinnerungen als besonders wichtig einordnet und diese auch immer wieder, zum Teil unwillkürlich, hervorruft, vor allem wenn es Gefühle wie Wut, Angs & Trauer sind. Denn davor möchte unser Gehirn uns schützen und lässt Alarmsignale tönen, wenn eine Situation ähnlich erscheint.

Alles eine Frage der Prioritäten

Ich merke jetzt selbst, beim Aufarbeiten meiner Kindheit, wie vermeintliche Kleinigkeiten, an die sich meine Eltern womöglich nicht mehr erinnern, weil es irgendwie ein unbewusster Teil ihres Alltags war, bei mir tiefe Wunden hinterlassen haben. Denn was ein Trauma ausmacht, ist nicht das objektive Ausmaß der Sache die einem passiert ist. Es ist entscheidend, wie das Nervensystem auf diese Situation reagiert hat, ob es zu bewältigen erschien und ob ich mich alleine gefühlt habe.

So können Dinge, die in den Augen von Erwachsenen Kleinigkeiten sind, Kindern großen Schmerz zufügen.

Doch das passiert nur, wenn Eltern dauerhaft mit ihrer Aufmerksamkeit nicht bei ihren Kindern sind, ihre Augen nicht sehen, ihre Äußerungen übergehen und nur ihre eigenen Prioritäten im Blick haben.

Kostbare Momente

Was macht eine Kindheit aus? Eine unbeschwerte gute Kindheit?

Ist es wichtig, wie viel Spielsachen ein Kind hat oder wie oft es in Freizeitparks geht?

Ich habe als Familienhelferin so viele Familien gesehen, die vollgestopfte Kinderzimmer haben und in denen die Kinder vor dem Bildschirm sitzen. Die Eltern wollen ihre Ruhe und kaufen immer wieder neue Dinge, um die Kinder zu beschäftigen, doch Kinder wollen nicht beschäftigt werden. Beschäftigt sein erfüllt in keinster Weise unser menschliches Herz, das im Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Denn wir wurden aus Beziehung, aus Liebe heraus für Beziehung, für Liebe geschaffen. Alles, was uns davon entfernt, wahrer Bindung und Liebe näher zu kommen, trennt uns auch von Gott. Nur weil ein Kind ruhig im Zimmer sitzt, heißt nicht, dass es ihm gut geht.

Selbst auf Spielplätzen sehe ich so oft, wie Eltern am Handy sind und ihr Kind alleine spielt, und selbst wenn es ruft, wird ohne hochzuschauen „ja ja“ gesagt. Jeder Moment mit unseren Kindern ist kostbar. Jeder Moment ist eine Gelegenheit Ihnen zu zeigen, wie geliebt sie sind und wie wichtig uns eine gute Beziehung zu Ihnen ist und, was auch so wichtig ist, dass wir Freude an Ihnen haben.

Denn ich möchte, dass meine Kinder eines Tages nicht nur wissen, dass sie geliebt sind, sondern dass ich mich unendlich an ihrer bloßen Existenz erfreue, dass meine Begeisterung für das Wunder das sie sind, nicht abebbt, das Vertrauen von Gott diese Schätze bei mir haben zu dürfen.

Ein Alltag voller Liebe

Ganz ehrlich, der Job als Mama ist echt nicht leicht, aber was ich daraus lernen darf, ist alles wert und dass ich diesen zwei Menschen ihre Kindheit mit prägen darf, ist die größte Verantwortung, Herausforderung und Freude in meinem Leben.
Wenn mein Alltag ihre Kindheit ist, möchte ich, dass mein Alltag geprägt ist von Lachanfällen, spontaner Kunst, Tänzen durch die Küche, lautem Gesang, erkunden, gemeinsam putzen, backen, kochen, kuscheln, durch Pfützen springen, barfuß laufen, träumen, klettern, mit dem Einkaufswagen durch die Gänge flitzen, Schokolade teilen, Tiere streicheln, Geschichten ausdenken, Musik hören, über Gott reden, lesen, Neues wagen, um Verzeihung bitten, hinfallen, Trost finden, weinen dürfen, Stürme kommen und gehen lassen, versöhnen, lieben, vertrauen, Sicherheit, Geborgenheit und Nähe…

Mein Alltag soll von Leben gefüllt sein, von Beziehung und von Freude. Dann ist es auch von Gott gefüllt und das ist das Wertvollste, was ich meinen Kindern mitgeben möchte. Ein Leben in Beziehung zu Gott, der sie für seine Liebe geschaffen hat. Alles, was ich hier auf Erden für sie tue, soll ein Abbild dieser Liebe sein.

Fragen:

  • Wie sieht dein Alltag mit Kind(ern) aktuell aus?
  • Wie sieht ein Leben in Fülle und tiefer Beziehung für dich aus?
  • An was wird sich dein Kind als erwachsene Person gerne erinnern?