Hey, da ist schon 2021. Ich wünsche dir sehr, dass da viel Gutes kommt in diesem Jahr – vor allem diese Art von Gutem, das gerade noch nicht in Sichtweite ist, aber dafür vielleicht umso mehr unerwartet und die Ecke gesprungen kommt, wenn du es nicht erwartest. Davon wünsche ich dir viel.

Mein Jahr hat mit ein paar Gedanken zum Thema Tod und Verlust begonnen, die ich heute gern teilen möchte. Woher diese dieses Thema zum Jahresanfang? Nichtsahnend bin ich für die Weihnachtsfeiertage zu meiner Familie gefahren, dachte mir„Puh, jetzt aber mal bitte mal Pause von diesem komischen Jahr“ und dann – zack – stirbt das Familienkaninchen sehr plötzlich, sehr schnell und sehr grausam aus unerfindlichen Gründen und hat damit eine existentielle Fragenkette bei mir ausgelöst. Und wieder das Bewusstsein, wie schnell und unerwartet Dinge enden können. Nicht nur Kaninchenleben, sondern auch Träume. Pläne. Gedanken.

Wenn Jahre beginnen, dann sehen wir da oft die Möglichkeiten. Das Potential, das dieser neue, vor einem liegende Abschnitt mit sich bringt. Die Gedanken und Pläne, die ich in diesen Abschnitt schon einmal hineinlege, und die Aufregung, die das mit sich bringt. Das, was alles neu, alles anders und besser und sowieso toller werden soll.
Ich habe mich gefragt, was es heißt, das Jahr aus einer Verlustperspektive anzuschauen. Denn so sehr ein neues Jahr Neuanfänge mit sich bringt, so bringt es auch Verlust mit sich. Träume verabschieden sich vielleicht. Hoffnungen werden begraben. Manchmal geht das schneller, als einem lieb ist – zack, tot. Und das klingt jetzt hier so aufgeschrieben alles dramatischer, als ich es eigentlich meine. (Vielleicht verlieren wir auch Sachen, bei denen wir merken, dass es ohne sie viel besser geht. Auch cool.)

So oder so: Verlust ist kein gern gesehener Gast in unserer Gleichung von einem guten Jahr. Und das macht auch Sinn, denn Verlust ist sehr schwer voraussehbar. Ja, da ist schon diese neblige Vorahnung im Kopf, dass dieser Lebensabschnitt, den ich gerade so liebe, irgendwann eben auch vorbei sein wird. Oder dass, wie ich die Welt jetzt sehe, sich in 10 Jahren vielleicht falsch anfühlen wird. Aber für den Moment ist das doch ganz schön und ein anderes Modell ohne all das ist zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellbar.

Und Verlust ist meistens schmerzhaft. Punkt.
Ich bin keine große Freundin davon, alles, was passiert, zu glorifizieren und darin krampfhaft das Gute auszupressen. Ich glaube, dass Schwarz so stehen bleiben darf und ich nicht schnell bunt drüber kritzeln muss.

Was ich aber trotzdem sagen möchte: die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Jahr in deinem Leben Dinge sterben werden, ist hoch. Sehr hoch sogar. Haltungen. Ansichten. Kontrolle. Pläne (denk an 2020 – hupsi). Erwartungen, die nicht erfüllt werden. Die Welt ein bisschen mehr, weil Klimawandel. Konstellationen, Gruppengefüge, Lebensabschnitte. Die Galapagosschildkröte, die man damals in der Naivität gekauft hatte, dass sie einen ein Leben lang begleiten würde.

Und ich möchte sagen: Auch der Verlust von Dingen trägt Reichtum in sich, die ein Schatz in deinem Jahr sein kann. Brüche können auch Schönheit in sich tragen, wenn ich den Bruch zulasse. Und das schließt Schmerz nicht aus. Und es lohnt sich, sich diese Verluste anzuschauen, wenn sie denn dann vor einem stehen, weil in ihnen und in ihrem Tod auch ganz viel Hoffnung liegen kann.

Hoffnung, dass vieles, was jetzt so ist, nicht so bleiben muss. Auch die Hoffnung, dass ich die Dinge nicht konservieren muss, bis sie bitter und eklig und steril, aber ungenießbar sind. Denn genau das kann auch das Gegenteil von Verlust, von Aufgeben sein: Konservierung. Und die ist bei bestimmten Lebensmitteln in Dosen ganz praktisch, aber bei Erwartungen zum Beispiel oft eben auch nicht.

Scott Erikson, ein amerikanischer Autor und Illustrator, hat dazu Ende Dezember folgendes veröffentlicht:

The year is ending and maybe you still feel the weight of your dreams.
Things you’d hoped you’d accomplish.
A life you hoped was possible.
Situations you hoped would flourish.
Sometimes it sucks to be a dreamer.
My hope for all of us as we end 2020 is that we’d give Grace to ourselves. The dreamers. To dream is to want, and to want is to be here, and we dreamers have decided to be here. Which in a culture of distraction and escapism is really something.

Und das wünsche ich dir: bleib Träumer*in. Träume mutig und lauf mutig los in dem Wissen, dass da auch Verluste sein werden, und dass egal, wo du hingehst, du genauso auch Schönheit finden kannst. Und dass auch in alldem die Hoffnung versteckt liegt. Diese in allem, im Guten und im Brüchigen, im Geplanten und Ungeplanten, dieses Jahr entdecken zu können, das wünsche ich dir.

(Falls dich das Thema Hoffnung interessiert: Für die Uni betreibe ich bis März ein Blogprojekt über das Thema Hoffnung. Dort führe ich Interviews mit Menschen zum Thema Hoffnung und übersetze diese Interviews in literarische Texte. Wenn du Lust hast, in den nächsten Wochen mehr über Hoffnung zu lesen, schau gern vorbei: https://hoffnunghochzwei.wordpress.com/ )