In dem Hausgemeinden Kollektiv in dem ich bin, beschäftigen wir uns zur Zeit mit einem Arbeitsheft zum Thema Berufung. Ich habe zwar schon eine recht klare Vision meiner Berufung und lebe sie auch schon zum Teil sowohl beruflich (was gerade allerdings wegen Mutterschutz pausiert), als auch privat. Deshalb hab ich erstmal nicht viel von diesem Thema erwartet.

Wir haben zuerst unsere Lebensgeschichten angeschaut, große Wendepunkte und Visionen daraus hervorgehoben und haben uns dann unserem persönlichen Wertesystem zugewandt. Ich hatte, ehrlich gesagt, gar keine klare Vorstellung davon, was genau jetzt meine Werte sind. Aus einer langen Liste sollte man Werte auswählen und ich fand die meisten darin waren mir super wichtig: Beziehungen, Ehrlichkeit, Familie, Treue.. Doch am Ende war das Ziel es auf so wenig wie möglich herunter zu bringen und ein Grundwert herauszukristallisieren.

Was bei mir rauskam, hat mich noch eine ganze Weile beschäftigt. Ich kam immer wieder zu dem Wert „Intimität“ zurück. Je mehr ich darüber nachdachte und die anderen eingekreisten Werte betrachtete, wurde mir bewusst, dass so gut wie alle Werte, die mir wichtig sind, in diesem einen und zwar „Intimität“, vereint werden können.

Zuvor hatte ich mir nicht viele Gedanken zu Intimität gemacht, doch unbewusst hat es für mich immer schon eine unfassbar große Rolle gespielt. Ich habe mich schon immer nach tiefen Beziehungen gesehnt, nach ehrlicher, verletzlicher Nähe, Herz zu Herz Konversationen, mein Gegenüber wirklich sehen und selbst gesehen werden, intensiv zu leben, zu lieben, zu fühlen. So versuche ich jede bedeutsame Freundschaft in meinem Leben zu gestalten. Es passiert bei mir immer unbewusst.
Ich kann kein Smalltalk. Konnte ich noch nie. Da rede ich lieber gar nicht. Aber wenn ein Gespräch in eine tiefe, ehrliche, bedeutende Richtung geht, werde ich Feuer und Flamme und fühle mich auf einmal ganz lebendig. Wenn mir jemand sein Herz ausschüttet, weint, sich verletzlich vor mir macht, bedeutet mir das unendlich viel. Wenn ich das auch selbst vor jemandem machen kann, weiß ich, dass ich angekommen bin bei dieser Person. Die Masken könne fallen, wir können durch atmen, einander sehen.

Seit ich Gott kenne, sehne ich mich nach nichts mehr als nach Intimität mit ihm. Das mag für den ein oder anderen vielleicht komisch klingen. Oft wird Intimität mit körperlicher Nähe, ja auch sexueller Art assoziiert. Das ist für mich aber was Intimität angeht ziemlich unbedeutend. In Beziehung mit Gott Intimität zu erleben, ist das, wofür ich brenne. Das ist, was lebendigen Glauben von Religion ganz klar trennt. Ich diene Gott nicht nur, ich darf Ihn kennen lernen, fühlen wie er mein Herz berührt, mir Dinge zeigt, mich heilt, mit mir spricht. Gott ist so real und so nah.
Wenn ich aufwache, möchte ich mit Gott sprechen, wenn ich unter mächtigen Baumkronen gehe, spüre ich Gottes Atem durch mich fließen und in der endlosen Weite des Ozeans fühle ich, wie er mich von allen Seiten ummantelt und ich kann mich in Geborgenheit komplett fallen lassen. Ich kann sein, wer ich bin in Gottes Nähe. Ich darf Fehler machen, seine Liebe, seine Gnade annehmen, ich darf mich entfalten, kreativ, wild frei sein. Das ist es doch, was es bedeutet lebendig zu sein, oder? Wirklich lebendig. Deshalb sehne ich mich seit ich mit Gott gehe nach immer mehr dieser lebendigen Intimität zu meinem Schöpfer.

  1. Was bedeutet dir das Wort „Intimität“?
  2. Gibt es Menschen in deinem Leben, mit denen du „Intimität“ leben kannst?
  3. Was bedeutet für dich „Intimität“ zu Gott?