Hallo, es ist Samstagmorgen. Nicht, wenn du diese Kolumne liest, aber als ich sie schreibe. Gut, ich bin ehrlich. Es ist schon Mittagszeit. Aber ich will euch eine kurze Anekdote erzählen, die heute morgen passierte und die, wie die sprichwörtliche Faust, auf das dazugehörige Auge passt.
Es ist also Samstagmorgen. Und ihr müsst wissen: Meine Frau und ich neigen manchmal dazu, uns gegenseitig zu ärgern. Und nein, das ist keine blumige Sprache für irgendwas anderes: Wir ’necken‘ uns, würde man sagen. Einer von uns macht einen Spruch. Oder einen Spaß. Jemand kitzelt einen anderen. Oder zieht seine Decke weg und macht das Fenster auf. Oder wir machen absichtlich die Brille des anderen dreckig. So in etwa. Und dann schaukelt sich das manchmal hoch und wir ärgern uns, lachen und wissen aber auch: Das ist nicht bös, sondern lustig gemeint. Und dann versöhnen wir uns immer wieder, denn Versöhnung finden wir beide ziemlich dufte. Heute Morgen, war das der Fall. Es war eine ’neckische‘ Atmosphäre. Und so setzten wir uns also an den Frühstückstisch und ich sage zu ihr: „Schatz, lass uns doch mal fromm sein (indirekt verbunden mit dem leichten Unterton: Wir sind es sonst nicht!) und lass uns mal die Losung lesen.“* Meine Frau daraufhin, etwas genervt, ob der schlechten Stimmung: „NEIN!“ Und ich: „Ach komm, ich bin doch ein Frommer..!“ Und dann lese ich ihr folgenden Vers vor:

Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.

– Sprüche 15, 1

Wir müssen beide lachen. Als hätte Gott mitgemacht und seinen Senf zu unseren Kampeleien und zu unseren gespielt harten Worten gegeben. Und meine Frau fasst treffend zusammen: „Gott hat echt Humor.“

Meine Frau wusste nicht, dass ich genau dazu eine Kolumne schreiben wollte. Aber: Jetzt habe ich den perfekten Einstieg dafür gefunden. Hat Gott Humor? Ist Jesus lustig gewesen? Hat Jesus Witze erzählt? Wir wissen auf jeden Fall, dass es Witze ÜBER Gott und Jesus gibt. Auch über den Heiligen Geist. Aber darf man das? Darf man Witze ÜBER Gott machen? Oder mit Gott? Oder für Gott?

Ich mag zum Beispiel den Film ‚Das Leben des Brian‘. Den kennst du vielleicht aus dem Reli-Unterricht oder bist genau so wie ich Fan der Komikergruppe Monty Python. Und ich weiß, viele finden den echt schrecklich. Blasphemie. Gotteslästerung, ist der Vorwurf. Und ich kann jeden Einwand an der Stelle voll und ganz verstehen. Deswegen kommt dieser Film bei vielen in den Giftschrank zu den anderen blasphemischen Filmen, die man eh nur hat, um sie nicht zu gucken. Ich aber mag ihn. Und ergänze an der Stelle meistens, dass der Film gar nicht von Jesus handelt, sondern es um einen Jungen geht, der auch zur gleichen Zeit in Bethlehem geboren wurde, wie Jesus. Dessen Biografie ist sehr ähnlich, wie die von Jesus, aber er ist alles andere als Jesus selbst. Er kann, will und ist kein Messias. Kein Gottessohn. Und das stellt er ganz oft klar. Er mag Jesus tatsächlich sogar und hört ihm beim Reden zu. Und ja, es stimmt, einige zentrale Bibelverse werden zwar lustig gemacht, wie „Selig sind die Skifahrer..“ zum Beispiel. Aber eigentlich stellt diese Szene nur die Frage: Konnte man rein akustisch eigentlich immer alles verstehen, was Jesus gesagt hat? In der Antike? In einer Zeit ohne Mikrofon? Brian wird von seinem Umfeld zum Messias ‚gehypet‘ und der Umgang mit Religion und Fanatikern wird auf’s Korn genommen. Darum geht’s im Film und nicht um Gott. Nicht um Jesus. Sondern um Religion und zu welchen komischen Stilblüten Religion Leute bringen kann. Gut, die Kreuzigungsszene finde ich nach wie vor zu krass. Zu bagatellisierend. Bei anderen Szenen muss ich aber immer herzlich lachen – auch wenn ich sie schon kenne. Und ich zitiere gerne aus dem Film: ‚Jehova! Jehova!‘ „Ist hier Weibsvolk unter uns?“„Nein, nein...

Ok, dieser Text soll keine Verteidigungsschrift für meine Vorliebe von Monty Python werden, aber die Frage ist schon legitim: Hat Gott Humor? Der Film ‚Dogma‘ zum Beispiel, würde darauf antworten: „Natürlich. Schauen sie sich einfach mal das Schnabeltier an!“ Ich habe geschrien, als der Spruch kam. Weil er eigentlich nichts über Gott aussagt, sondern wie wir Menschen seine Schöpfung bewerten. Und ehrlich gesagt: Das Schnabeltier sieht echt lustig aus.

Genug mit den Filmen. Die Frage ist: Hat Gott Humor? Darf ich über Filme wie ‚Das Leben des Brian‘ lachen? Wenn ich die Bibel lese, kommt sie mir immer mehr wie ein ernstes Wort vor. Das ist sie auch. Wir können nicht so tun, als würde Jesus nicht über Sünde, Hölle, das Reich Gottes und Rettung reden. Wir sollten auch keine ernsten Themen lächerlich machen. Das will ich auch nicht. Aber heißt das im Umkehrschluss, dass Christen nie lachen dürfen? Auch nicht bei Witzen, die sich über Glaubensvorstellungen, Religion oder Kirche lustig machen?

Bei offenen Fragen schaue ich gerne auf Jesus. Nirgends in den vier Evangelien steht der Satz: „Jesus lacht.“ Oder irgendeine Abwandlung davon. In den apokryphen Evangelien zwar schon, aber die nehme ich – ehrlich gesagt – nicht für voll. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Jesus auch nicht mal von Herzen gelacht hat? Wie komisch wäre das denn?
Was Jesus auf jeden Fall gemacht hat, ist, dass er in bestimmten Situationen mit witzigen Aussagen, Menschen entlarven konnte und plötzlich wurde etwas wieder gerade gerückt, was Schieflage hatte. Jesus übertreibt manchmal, damit er von einem Extrem, die Mitte anzeigen kann. Und das ist ehrlich gesagt gesund. Jesus verzerrt manchmal Bilder, damit man richtig sehen lernt (wie beim Kamel und Nadelöhr), er macht das Kleine groß, damit man es in der echten Größe sehen kann, die es in Wahrheit vor Gott hat (wie beim Scherflein der Witwe), er lässt sich Fresser und Säufer nennen, damit die Menschen das mit der Wirklichkeit vergleichen können. Er sagt „Lazarus schläft noch“, obwohl der schon gestorben war. Er bezeichnet die Götter (bzw. den Polytheismus) anderer Menschen seiner Zeit als dumm (Matthäus 6, 7). Das macht er nicht einfach so, sondern gezielt. Jesus bringt Menschen zum Lachen oder zumindest rückt er mit kurzen spitzen Antworten Situationen wieder ins richtige Licht. Jesus benutzt Über- und Untertreibungen. Und von beidem lebt guter Humor.

Der tiefere Grund für den Humor Jesu ist Freiheit. Jesus ist frei von so vielen Dingen, die unser Leben schwer machen. Zum Beispiel: Frei von Angst. Wenn ich jemandem eine Geschichte erzähle, wecke ich bei ihm Emotionen, vielleicht sogar Angst. Eine Form des Fragens: Was wird er jetzt tun? Und dann kommt die Auflösung. Bei Witzen die Pointe. Die wird bewertet und falls sie gut ist, gelacht. Und so liegt bei gelingendem Humor immer eine Art von lächelndem Einverständnis zu Grunde. Ich erlaube dir, zu übertreiben und verstehe deine eigentliche Absicht. Jesus würde ich die immer erteilen. Dahinter steckt eine simple Sache: Erzähler und Zuhören wissen beide, dass die Sache eigentlich gar nicht so groß, schrecklich, wundervoll oder spektakulär ist, aber ich verstehe deine Forderung, die du damit vermitteln möchtest. Humor ist daher auch immer Risiko, denn die Bewertung des anderen, kann auch ganz anders sein („Find ich gar nicht witzig.“ – „Da kann ich nicht drüber lachen.“ – „Das war daneben.“ etc.) Aber Jesus benutzt dieses Risiko und seine Übertreibungen in seinen Reden, um uns seine Ernsthaftigkeit zu zeigen. Er provoziert damit eine Reaktion. Im ersten Moment ist das vielleicht auch mal ein kräftiges Lachen. Auch mit dem Ziel uns herauszufordern, einen höheren Horizont zu zeigen. Manchmal stellt Jesus auch rhetorische Fragen: „Niemand wirft Perlen vor die Säue!“ Nach dem Motto: Stell dir das mal vor? Wie dumm, wäre das denn? Jesu Humor ist nicht zu vergleichen mit Mario Barth (GOTT SEI ES VON HERZEN GEDANKT!!!) oder einem anderen Komiker unserer Zeit. Aber einen Jesus, der nicht witzig ist und der nicht lacht, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Denn Jesus ist auch manchmal witzig! Auch wenn wir diese Perspektive (zu) selten auf seine Worte haben.

Und wie ist das mit Gott? Ein guter Freund von mir, sagt immer: „Gott hält unsere Witze aus!“ Und ich möchte ergänzen: „Aber vielleicht halt ich es nicht immer aus!“ Ich bin tatsächlich von der felsenfesten Überzeugung, dass Gott Witze aushält, denn er ist zutiefst souverän. Und wer souverän ist, der hält Witze oder andere Verballhornungen problemlos aus. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass ich nicht immer so souverän bin, in meinem Bild von Gott. Bestimmte Witze machen Gott eben doch lächerlich und damit auch klein. Kleiner als er ist. Und unheilig. Daher denke ich: Die Grenze zwischen Witze über den Glauben(den) oder Gott und mir ist manchmal echt eng, aber sie sollte nicht überschritten werden. Denn es kann mir und meiner Gottesbeziehung nicht gut tun. Und das sollten wir immer wieder reflektieren.
Ich denke: Ob in Alltagssituationen, bei Witzen, Filmen oder Sketchen – Lachen ist erlaubt! Humor ist erlaubt und hilft, manche Situation, wie ich sie am Anfang bei meiner Frau und mir geschildert habe, aufzulösen. Ich lache gerne. Aus tiefsten Herzen. Und auch Gottes Ewigkeit stelle ich mir vor, dass es ein Ort ist, an dem ständig und viel gelacht wird. Vielleicht auch über’s Schnabeltier – oder mit dem Schnabeltier. Wer weiß?!

Macht’s gut und auf bald, Lukas

*Die Herrnhuter Losungen sind im Vorfeld geloste Bibelverse – für jeden Tag des Jahres gibt es einen Vers aus dem Alten Testament. Dazu wird eine passende Auslegung mit einem Vers aus dem Neuen Testament, ergänzt. Viele Christen lesen die Losungen jeden Tag. Und noch ganz kurz witzig dazu: Manche nennen es auch ‚Christen-Horoskop‘. Kann man ja mal drüber nachdenken..