Kinder brauchen Grenzen, das höre ich sehr oft und ich stimme dem auch zu, aber ich muss zugeben, dass ich lange nicht genau wusste, was damit jetzt gemeint war.
Ich war immer ein Fan von bindungs- und beziehungsortientierter Erziehung. Dass Grenzen dabei ganz besonders wichtig sind, war aber etwas, was ich gern ausgeblendet habe.
Die Grenzen der Kinder kann ich erkennen und respektiere sie auch sehr, doch was ich immer wieder überschreite, sind meine eigenen Grenzen. Das Spannende ist, dass ich ja schon einige Jahre mit extremer Wut zu tun habe und für was ist die Wut zuständig? Richtig! Abgrenzung!
Ich schlucke so viele Grenzüberschreitungen, weil ich die Wut ständig versuche still zu halten und dann bricht scheinbar plötzlich die Wut los. Doch diese Kraft, die damit einhergeht, dieses Gefühl zu fühlen und sich zu fragen „Worauf bin ich gerade wirklich wütend? Was steckt dahinter?“ Diese Reflexion lässt mich sehen, dass es sich aufbaut und dass ich im Grunde das große Bedürfnis habe, meine Grenzen zu schützen. Andererseits möchte ich das einfach nicht, weil ich denke ich bin dann abgeschnitten von den anderen.

Was sind Grenzen für mich?

Ich habe letztens im Rahmen eines Weiterbildungsseminars eine schöne Übung mitmachen dürfen. Es ging um einen sicheren Ort, wir sollten ihn visualisieren und einem Gegenüber beschreiben, während der oder diejenige Fragen dazu stellte. Mein Ort war wirklich wunderschön und ich wollte am liebsten für immer dort sein. Doch dann ging es um die Grenzen, die Abgrenzung und den Schutz nach außen und ich verkündete fast schon stolz, dass mein Ort keine Zäune und keine Mauern hat. Es geht gleich in den Wald und ich kann ungehindert jederzeit frei rausrennen, ohne irgendwas öffnen oder schließen zu müssen. Das fand ich auch eine ganze Weile toll, bis ich ungefähr eine Woche später bei einem Mentoring Gespräch war und der Satz von ihr fiel: „Ich hab den Eindruck du hasst Grenzen, weil du damit nur Negatives verbindest.“

Puh, das saß und das war so wahr.

Ich brauche Grenzen

Grenzen wahrnehmen und verteidigen ist wirklich eine ständige Herausforderung für mich persönlich, beruflich und in Beziehungen.
Ich tendiere dazu in Extremen zu sein. Entweder bin ich sehr zurückgezogen und keiner weiß, wie es mir wirklich geht. Ich ziehe dann hohe Mauern ganz eng um mein Herz. Oder ich öffne es ganz weit und lass ungefiltert alle wissen, was gerade bei mir los ist, auch wenn es mein Gegenüber vielleicht überfordert.

Als Kind hab ich persönliche Grenzüberschreitungen erlebt und hatte keine Macht meine Grenzen wirklich wirksam zu verteidigen. Gleichzeitig war es schwer für mich mitanzusehen, wie Menschen in meinem Umfeld, aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen sehr hohe und enge Grenzen zogen und diese immer wieder schnell erreichten.

Ich nahm mir früh vor da mehr auszuhalten, grenzenlos für andere da zu sein, alles zu schaffen, was ich mir vornehme, mit meinen Gaben und Talenten Menschen zu helfen und sogar zu retten. Das klingt für mich irgendwie immer noch super und erstrebenswert, doch auch ich habe Grenzen und ich brauche auch Grenzen.

Freiheit innerhalb von Grenzen

Was ich gerade lerne, ist, dass Grenzen nicht bedeuten, dass ich um meinen „sicheren Ort“ eine hohe Betonmauer ziehe und den Wald nicht mehr sehe und völlig vereinsame. Sondern ich kann auch erstmal ganz subtil eine Begrenzung andeuten, oder sogar durchsichtige Mauern und ein kunstvoll gestaltetes Tor, das ich öffnen aber auch schließen kann.

Nur innerhalb von Grenzen sind wir frei. Das ist auch, was mein Glaube für mich bedeutet. Ich darf frei sein, weil meine Grenzen durch seine Kraft stabil sind, ich darf mich entspannen denn für meine Sicherheit ist wirklich gesorgt. Wenn mein sicherer Ort ohne Abgrenzung ist, muss ich immer auf der Hut sein und kann nicht im Moment sein, mich verletzlich machen, mich wirklich entspannen und auf die Beziehung zu Jesus und zu meinem eigenen Herzen fokussieren.

Ich glaube es wird so viel Ruhe reinbringen diese Grenzen zu kennen und zu bewahren un,d ich darf dadurch lernen, was es bedeutet, wirklich sicher zu sein.

Fragen:

  • Wie geht es dir beim Umgang mit Grenzen?
  • Wie fühlt sich für dich eine Grenzüberschreitung an?
  • Wie sieht sein „Sicherer Ort“ aus?