Es ist Sonntag, kurz nach 10:30 Uhr. Ich sitze hier pünktlich und ordentlich im Gottesdienst. Um mich herum andere Personen. Und ich muss sie tragen – die Maske, der Mund-Nasen-Schutz, der Schnutenpulli. Es ist ziemlich egal wie das Ding heißt, wie es aussieht oder ob ich es schon einen Tag zu lang getragen habe. Eigentlich will ich keine Maske im Gottesdienst aufsetzen – aber mir bleibt keine andere Wahl. Es ist immer noch befremdlich und kein Wohlfühlelement für mich.

Würde Jesus eine Maske tragen?

In den letzten Wochen habe ich auf diversen Facebook- und Youtubeseiten immer mal wieder ein Predigt- und/oder Diskussionsthema gelesen: „Würde Jesus eine Maske tragen?“. Hab keinen der Beiträge länger als 30 Sekunden ausgehalten. Die einen sagen wohl JA – u.a. weil er andere schützen und sich gesellschaftlich anpassen wollte/konnte. Andere sagen wieder NEIN – er hat sich nicht von der Angst versklaven lassen und noch ein paar andere dieser Aussagen. Ich sag einfach: Ich weiß es nicht – und es ist mir auch nicht wichtig. Wenn ich mich entscheiden müsste, würd ich eher zum JA tendieren. Ist aber nur so ein Gefühl.

Aber zurück zum Gottesdienst. Ich merke so ’nen inneren Zwist in mir. Meine alte Eitelkeit, mein Stolz, meine mir immer noch geliebte Selbstbestimmtheit – bei dem Thema Maske kommen all diese Gefühle und Gedanken hoch. Auch wenn sie nicht immer präsent sind – sie klopfen immer mal wieder an meine Herzenstür und wollen reingelassen werden. Innerlich frage ich mich, was denn das Problem sei – nicht mit der Maske sondern mit mir. Warum wehre ich mich innerlich so vehement? Warum suche ich immer argumentative Lücken?

Meine eigenen Masken

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, solche Sachen mit Gott zu besprechen – er hat immer gute Ideen, Antworten, Nachfragen und auch Auswege. Schon bevor ich anfange mit ihm darüber zu sprechen, ist es so, als ob Gottes Geist mir zeigt, was er zu diesem Thema zu sagen hat. „Gott hat kein Problem mit dieser Art von Maske“ ist einer meiner ersten Gedanken, meiner ersten Wahrnehmungen.
OK, es gibt ein paar, die sehen wirklich sch**ße aus, aber das scheint er nicht zu meinen. Es gibt ja auch andere. Ein Arbeitskollege von mir hatte neulich eine Maske mit „He takes care of me“ auf. Sah ganz ok aus. Fast so gut wie mein „Jesus – till the day I die“ – Cap, die ich fast immer trage (weil ich will – nicht weil ich muss oder sollte). Sanft – fast liebevoll – zeigt Gottes Geist mir einige Masken, die er nicht mag. Meine Masken. Meine Verkleidung vor Menschen.

Eitelkeit, Stolz und Selbstbestimmtheit hat ich ja schon erwähnt. Gut verpackt in „Alles gut, ich brauch keine Hilfe“, „alles weglächeln“ oder auch „ich hätt da noch ne kleine Anmerkung, noch was zu sagen“. Auch meine Selbstzweifel und der Wunsch, verstanden zu werden, sind oft getarnt. Und dann die Maske „Ist schon ok, ich hab Verständnis“ – hab ich oft auf, strengt mich aber mega an und mein Magen nervt dann rum. Solch Maskerade tut mir nicht gut.

Wer will ich sein?

Scheinbar ist das, was ich nach außen trage nicht immer deckungsgleich mit meinem Inneren, mit meinem Herzen. Manchmal wirke ich barmherzig – bin es aber nicht. Masken darf ich fallen lassen. Immer ’ne Gradwanderung, aber oft heilend und befreiend. Vor Gott fällt es mir einfach, vor Menschen schwerer – und meine Frau sieht das sowieso.
Manchmal tut es gut, maskenlos zu sein. Nicht bei jedem, nicht immer – aber halt manchmal. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass einige dieser Masken, die ich nicht mehr tragen muss, in der Vergangenheit schon fast ein Teil von mir gewesen sind. Aber hier habe ich Gnade und Freiheit erfahren.

Gerade ist es so, als ob Gottes Geist mich fragt: Was willst Du denn, wen die Leute sehen, wenn sie dich sehen? Wen sollen sie wahrnehmen? Was sollen sie sehen? Bevor ich die fromme Floskel „Jesus“ raushaue (es gibt auch fromm aussehende Masken – ein paar bin ich schon losgeworden, einige entdecke ich aber manchmal noch) denk ich doch mal lieber drüber nach..

Ich will Jesus gefallen. Ihn ehren. Für ihn leben. Durch ihn leben. Und ich denke, dass es dazu gehört, dass ich Menschen mehr und mehr erlaube, mich so zu sehen, wie ich bin – mit meinem Charme, meinen Wünschen, meinen Verletzungen, meinen Ängsten, meinem Mut, meiner Leidenschaft, meinen Fragen und auch meinem „es ist mir eigentlich egal – ich mach es trotzdem“. Zeit für das Unmaskieren.

“Weil ihr Gottes reiche Barmherzigkeit erfahren habt, fordere ich euch auf, liebe Brüder und Schwestern, euch mit eurem ganzen Leben Gott zur Verfügung zu stellen. Seid ein lebendiges Opfer, das Gott dargebracht wird und ihm gefällt. Ihm auf diese Weise zu dienen ist der wahre Gottesdienst und die angemessene Antwort auf seine Liebe.“
– Röm 1: 12: Das ganze Leben – ein Gottesdienst