Wo ist nur der Roller unseres Sohnes? Das fragten wir uns schon seit einigen Tagen. Ist ja jetzt nicht etwas, was einem unbemerkt aus der Hosentasche fällt. Und trotzdem war er weg. Und je mehr wir darüber nachdachten desto unsicherer wurden wir, wann und wo wir den Roller das letzte Mal gesehen haben.
Seine Spur verschwindet irgendwann zwischen einem Freitagabend und einem Sonntagnachmittag. Innerlich sind wir mehrmals die letzten Tage durchgegangen – wann waren wir wo und mit wem. Bestimmte Orte sind wir sogar mehrmals abgelaufen. Und wir sind auch dort gewesen, wo der Roller überhaupt nicht hätte sein können – wo die Verzweiflung einen manchmal halt hinführt. Aber er war unauffindbar – einfach weg. Kein Suchen brachte den gewünschten Erfolg. Ärgerlich – sehr ärgerlich sogar. Es gibt da so’ne Postkarte: „Vom Mond aus betrachtet, spielt das Ganze gar keine so große Rolle“. Mag sein – aber hier auf Erden spielte der Roller für unseren Sohn eine sehr große Rolle. Sein Lieblingsroller – weil sein einziger Roller. Letztlich ist aber auch ein Lieblingsroller ersetzbar – was wir dann auch taten.

Verlust ist Teil des Lebens

Ich merke, dass ich mit dem Thema Verlust nie so richtig durch bin. Früher dachte ich immer, dass Verlust prinzipiell etwas Negatives sei. Etwas was ich unbedingt vermeiden sollte. Geld verlieren, Schlüssel verlieren, die Beherrschung verlieren – das waren meine ersten Assoziationen. Heute betrachte ich es differenzierter. Verlust ist Teil des menschlichen Lebens. Und es gibt tatsächlich Verluste, die nicht negativ, sondern positiv sind. Angst verlieren zum Beispiel. Oder auch Gewicht (zumindest in meinem Fall). Hier würde mir der Verlust keine Unruhe bereiten.

Aber es gibt auch Dinge, die ich nicht verlieren möchte: Mein Fahrrad. Meinen Job. Zwei Dinge, an denen ich hänge, die aber letztlich doch ersetzbar wären. Ebenso wie wahrscheinlich einzelne Ziele oder auch bestimmte Beziehungen, wo durch Vergebung eine Wiederherstellung möglich wäre.

Und dann gibt es ganz schlimme Verluste. Gestern Morgen habe ich mir ein Interview mit Rick Warren angeschaut – dort berichtet er vom Suizid seines Sohnes. Ein Verlust, den man nicht in Worte fassen kann.

Manchmal habe auch ich Angst, etwas oder jemanden zu verlieren. Und das, obwohl ich weiß, dass Gott es gut meint und nichts geschehen wird, was er nicht zulässt. Aber da ist auf der einen Seite diese leise, fiese Stimme die sagt: „Sollte Gott wirklich bedingungslos gut sein?“ Und dann gibt es da auch noch diese Sorge, das – obwohl er gut ist – er einen Verlust zulässt, der mir nicht gefällt, mich traurig macht, mich enttäuscht oder verzweifeln lässt. Kennt ihr das?

Ich merke, dass diese Gedanken trotz Gebet, Gesprächen mit anderen und unendlich vielen guten Momenten mit Gott immer mal wieder anklopfen. Und wenn ich dann die Tür zu weit aufmache, bringen sie gleich noch viel mehr Sorgen und Zweifel mit. Aber je mehr ich Jesus kennenlerne, desto besser gelingt es mir, mit diesen ungebetenen Anklopfern umzugehen. Das macht mich froh und dankbar. Wo wäre ich ohne ihn?

Es gilt noch viel zu verlieren

Ein Verlust, den ich seit Jahren durchlebe, ist die immer mehr abnehmende Menschenfurcht. Früher war ich in mir selbst gefangen und wollte es meinem Umfeld und auch mir beweisen. Meine Identität bestand zu einem Teil daraus, was andere über mich dachten (bzw. wie ich dachte, das andere über mich dachten..), wie sie mich einschätzten, mich beurteilten – natürlich ganz eng verknüpft mit meiner Leistung bzw. dem was ich tat. Irgendwann durfte ich aus dieser Matrix raus – und noch tiefer in Gottes Realität treten.

Mein Gebet ist sehr oft, dass ich in erster Linie Jesus gefalle. Ob ich anderen auch noch gefalle spielt dann nicht mehr so die entscheidende Rolle. Natürlich gibt es noch Menschen, denen ich gefallen möchte – und das ist auch gut so. Prinzipiell möchte ich aber nicht mehr durch den Applaus der Leute leben – dann würde ich nämlich durch deren Kritik sterben.

Für mich habe ich die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, Dinge, Eigenschaften, Macken, Schwächen, sogar Rechte und schöne Dinge zu verlieren – auf der einen Seite um Jesu Willen, aber auch um noch mehr so zu werden wie er. Und da bin ich noch längst nicht am Ende – es gilt noch viel zu verlieren. Lies einfach mal Philipper 3, 7-11.

Über welchen Verlust bist Du dankbar?