Ich habe einen sehr starken Willen. Schon immer. Meine Mama meinte mal: „Dich konnte man als Kind nicht erziehen.“. Es hat trotzdem ganz gut funktioniert.. finde ich. Aber darum soll es jetzt gar nicht gehen.
Dieser starke Wille hat Vor- und Nachteile. Wenn ich etwas wirklich will, für mich als gut ansehe und durchziehen möchte, mache ich auch alles dafür, um genau das umzusetzen. Dabei kann ich eine krasse Motivation und Begeisterung aufbringen und habe im Kopf das Ziel und den Weg dahin schon zu Beginn fertig geplant.
Und genau da kommt auch der größte Nachteil ins Spiel. Ich kann sehr schwer ertragen, wenn meine gemachten Pläne nicht umgesetzt werden bzw. nicht funktionieren. Das macht mich oft unflexibel und kann für mich selbst, als auch für Menschen im meinem Umfeld, sehr anstrengend sein. Ich entwickle dabei eine gewisse Sturheit und bin manchmal nicht bereit, die bereits fertigen Pläne noch einmal anzupassen oder zu verändern. Vor allem dann nicht, wenn ich merke, dass meine Gedanken vielleicht nicht die besten für die Situation waren und andere bessere Ideen haben. Ich weiß selbst, dass diese Einstellung einer positiven Entwicklung im Weg stehen kann und schaffe es trotzdem viel zu oft nicht, diesen Stolz abzulegen und die Gedanken von anderen anzunehmen und als Bereicherung anzusehen.
Psychologie vs. Soziale Arbeit
Ein Beispiel für diesen starken Willen ist die Entscheidung, was ich nach dem Abitur machen möchte. Seitdem ich 14 war, hatte ich mir in den Kopf gesetzt, Psychologie zu studieren. Ich sah den Studiengang bzw. die möglichen Tätigkeiten danach als für mich perfekt passend an. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr ergab dieser Plan Sinn für mich. Das Problem in Deutschland ist dabei allerdings, dass der NC für ein Psychologiestudium sehr hoch ist und meine Noten in der Schule damals eher Mittelmaß waren. Mit meinem Abiturschnitt war also ein Psychologiestudium auf konventionellem Weg nicht möglich. Da ich aber nach dem Abi keinen anderen Plan hatte, habe ich erstmal ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht. Nach diesem Jahr habe ich, weil ich irgendetwas machen musste, angefangen in einem Studiengang zu studieren, von dem ich eigentlich schon am Anfang wusste, dass das nichts für meine Zukunft sein wird.
Während dieser 2 Semester habe ich parallel angefangen, für die Aufnahmeprüfung in Österreich für das Psychologiestudium zu lernen, um meinen Traum doch noch umsetzen zu können. In dieser Prüfung war ich dann aber nicht unter den besten 500, die einen Studienplatz bekommen haben. Statt mich mit diesem Ergebnis anzufreunden und zu akzeptieren, dass ich nicht Psychologie studieren werde, habe ich mein begonnenes Studium abgebrochen, bin nochmal für ein Jahr bei meinen Eltern eingezogen und wollte die Zeit nutzen, um mich intensiver auf die Aufnahmeprüfung vorzubereiten und es im nächsten Jahr erneut zu probieren. Long Story short.. ich war auch diesmal nicht unter den Studierenden, die einen Studienplatz bekommen haben.
Da ich aber nicht noch ein Jahr „untätig“ sein wollte und endlich ein Studium beginnen wollte, akzeptierte ich diesmal das Ergebnis und begann Soziale Arbeit zu studieren, wofür ich mich als Backup, falls es wieder nicht klappt, schon beworben hatte.
Die Soziale Arbeit und ich
Soziale Arbeit. Ich weiß nicht, welches Bild du von diesem Studiengang im Kopf hast. Meins war damals nicht unbedingt positiv bzw. störte es mich am meisten, dass der Ruf des Studiums in der Gesellschaft so schlecht ist. Ich wollte (und will), dass andere Menschen ein positives, leistungsfähiges und zielstrebiges Bild von mir haben. Und ich dachte, dass dies mit Sozialer Arbeit als Studium nicht gegeben wäre. Außerdem hatte ich damals eine falsche Vorstellung davon, welche Inhalte das Studium haben würde und war mir auch der vielseitigen Möglichkeiten im Berufsleben nicht bewusst. Ich war davon überzeugt, dass das Studium nicht zu mir passt und meine (berufliche) Zukunft schlecht wird. Trotzdem habe ich es angefangen. Als Plan Z sozusagen, weil ich irgendetwas studieren musste (bzw. wollte).
Scheinbar sind meine Pläne doch anpassbar
Im Laufe der Semester wurde für mich dann immer klarer, WIE gut dieses Studium zu mir passt und meine Fähigkeiten abbildet. Ich durfte sehen, dass ich die Punkte, die ich an Psychologie und dem späteren Berufsleben, teilweise in abgewandelter Form auch als Sozialarbeiterin umsetzen kann und nicht komplett aufgeben musste. In meinem Praxissemester im psychosozialen Bereich konnte ich erkennen, dass meine Begabungen und mein Charakter sehr passend für dieses Arbeitsfeld sind. Das wurde mir von anderen gesagt, ich hab es aber auch selbst gemerkt. Seitdem habe ich nochmal eine neue Leidenschaft für mein Studium entwickelt und freue mich auf die Zukunft im Berufsfeld der Sozialen Arbeit. Die Vorurteile zum Studium waren unbegründet und ich habe erkannt, welches Potential in mir in Verbindung mit diesem Studium steckt.
Und was hat Gott damit zutun?
Ich will nicht lügen. Meinen Plan des Psychologiestudiums aufzugeben war extrem herausfordernd für mich. Ich erinnere mich noch gut an die vielen Tränen und die Verzweiflung, die ich damals gespürt habe. Umso mehr kann ich jetzt erkennen, wie Gott diese Situation geleitet hat und mittendrin war.
Auch heute ist es für mich manchmal noch unverständlich, wieso ich mich für das Studium entschieden habe. Ich hatte wirklich ein schlechtes Bild davon. Wenn ich dann mit anderen darüber spreche, beschreibe ich es oft so, dass Gott mich in diese Richtung schubsen musste. Allein wäre ich wahrscheinlich nicht hingegangen. Damals hab ich es allerdings gar nicht so wahrgenommen.
Diese Entscheidung für ein Studium hat mir ganz konkret gezeigt, dass Gott so viel mehr Weitsicht hat, als wir es jemals haben können und seine Pläne perfekt zu uns und unseren Begabungen passen. Manche Türen, durch die wir gehen wollen, bleiben verschlossen. Aber wir dürfen darauf vertrauen und manchmal auch ein bisschen Verantwortung abgeben, dass andere Wege vielleicht noch viel besser sind als unser ursprünglicher Plan.
Gott lässt uns die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen und wir sind herausgefordert, das auch zu tun. Trotzdem glaube ich daran, dass er uns leiten will und dass sein Plan nur das Beste für uns bereithält. Wir müssen unsere Wünsche und Sehnsüchte nicht immer komplett aufgeben, sollten aber flexibel und neugierig sein, was daraus werden kann.
Ich bin immer noch oft herausgefordert, Verantwortung abzugeben und eigene Pläne loszulassen. Aber in Situationen, in denen ich mit meinen Plänen die Kontrolle behalten will, erinnere ich mich gern daran, was Gott mit meinem Studium gemacht hat und dass ich keine Angst vor der Zukunft haben muss.
Ich möchte dich ermutigen, dass du mit deinen Begabungen und Fähigkeiten genau so richtig bist, wie du bist. Gott hat Großartiges mit dir und deinem Leben vor.
Egal, wohin du gehst. Er ist immer dabei!
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