Noch vor wenigen Tagen bin ich mit einer Gruppe und meiner Familie in Israel unterwegs gewesen. Ein Land, das einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen hat: Faszinierend, bunt, modern und voller spannender Widersprüche. Wenn ihr mal die Gelegenheit haben solltet, dorthin zu reisen, macht das! Selten treffen verschiedene Kulturen und Religionen so stark aufeinander wie hier.

„Ein Stimmengewirr aus verschiedensten Sprachen“

Bei unserem Programm durfte natürlich auch ein Besuch der Grabeskirche nicht fehlen. Also machten wir uns auf den Weg in die Altstadt Jerusalems. Der Überlieferung nach soll dort die Kreuzigung stattgefunden haben und das Grab Jesu sein. Ein beliebter Pilgerort, an dem sich jedes Jahr tausende Gläubige aus der ganzen Welt versammeln.

Als wir ankamen strömten unzählige Besucher hinein und man konnte sich kaum dagegen wehren, von der Menge einfach mitgetragen zu werden. Ein Stimmengewirr aus verschiedensten Sprachen erfüllte den Raum. Es war unheimlich laut und völlig chaotisch. Da im Moment in einem Abschnitt gebaut wird, musste man gleichzeitig noch darauf achten, nicht von einem kleinen Gabelstapler erfasst zu werden. Absolut grotesk.

Während ich mich durch den Menschenstrom schlängelte, habe ich versucht, diesen verrückten Ort auf mich wirken zu lassen. Seine Faszination zu verstehen. Warum kommen Menschen seit Jahrhunderten hierher? Was treibt sie an?

„Zwischen all den Traditionen und Ritualen“

Neben denen, die wahrscheinlich wirklich einfach nur eine berühmte Sehenswürdigkeit fotografieren wollten, sah ich in ergriffene Gesichter. Ich bekam eine Ahnung davon, wie viel ihnen dieser Besuch bedeutete. Manche rieben ihre mitgebrachten Tücher hingebungsvoll über den Salbungsstein, küssten ihn. Kerzen wurden angezündet und Altäre zärtlich berührt. Gläubige in den unterschiedlichsten Roben gingen umher. Ein Meer aus Reizen, die mein Hirn gar nicht verarbeiten konnte. Ich war überwältigt von all den Gerüchen, Farben und Geräuschen. Das Raunen unzähliger Gebete hing in der Luft.

Ich spürte, wie etwas in mir den ganzen Rummel als oberflächlich abstempeln wollte. Aber da war noch eine andere Stimme, die sich zu Wort meldete. Mit welchem Recht urteile ich über den Glauben dieser Menschen? Ich begann zu begreifen, dass Gottes bunte Familie mehr Facetten hat als meine kleine Welt das manchmal abbildet. Wichtig ist allein ein hingegebenes Herz, das IHN sucht. Die Formen spielen dabei keine große Rolle. Zwischen all den Traditionen und Ritualen, die mir so fremd sind, habe ich Gottes Gegenwart ganz stark gespürt. Ich war berührt davon, mit wie viel Hingabe dort gebetet wurde. Alle hatten die gleiche Adresse und nur darauf kommt es am Ende an.