Unser Sohn ist nun in dem Alter, in dem er versteht, was „Nein“ bedeutet. Er weiß sogar schon, welche Dinge er nicht darf, oder welche Dinge er nicht anfassen darf. Das merkt man unter anderem daran, dass er manchmal etwas Verbotenes anschaut, „nein nein nein“ sagt und den Kopf schüttelt. Ab und zu krabbelt er auch gehorsam daran vorbei, aber manchmal hält er sich nicht an das „Nein“ und ist dann traurig, wenn wir ihn von dort wegholen.
Eines Tages wird er verstehen, dass die Verbote, die wir ihm als Eltern setzen, nur zu seinem Besten sind und diese ihn sogar schützen. Auch wenn er in dem Moment nicht versteht, warum er dieses oder jenes nicht anfassen oder essen darf. Irgendwann wird er verstehen, dass Gehorsam seinerseits lebenswichtig und in vielen Fällen auch überlebenswichtig ist.

„..leider neigen wir Menschen dazu, selbst entscheiden zu wollen, was gut und richtig ist.“

An diesem Punkt sind wir manchmal noch nicht, was Gott angeht. Manchmal denkt man sich vielleicht, dass Vertrauen in Gott, und dass er das Beste für mich im Sinn hat, wichtig ist. Aber sich deshalb im Leben auch mal einzuschränken, das geht zu weit. Sich selbst zu hinterfragen und sein eigenes Denken und Handeln nicht als Nonplusultra zu sehen, fällt dann doch manchmal schwer. Es soll einem selbst doch schließlich gut gehen. Und leider neigen wir Menschen dazu, selbst entscheiden zu wollen, was gut und richtig ist. Davon erzählt die Bibel auch ziemlich viel, letztendlich ist das sogar die „Ursünde“. Damit erheben wir uns selbst über Gott.

Gehorsam zu sein – in diesem Fall Gott gegenüber – heißt also unter anderem, dass man den Hinweisen nachgehen sollte, wie Gott sich ein Leben vorstellt, das gut und richtig ist. Dazu haben wir die Bibel. Es gibt da etwas, das nennt sich Prosadiskurs.
Solche Texte finden sich sehr häufig in der Bibel, nämlich in Gesetzestexten, in der Weisheitsliteratur (z. B. Hiob, Sprüche, Prediger und einige Psalmen) und in den Briefen. Solche Texte sollen uns dazu animieren, die in ihnen enthaltene Logik und auch die Konsequenzen zu ermitteln und dann auch dementsprechend im Leben danach zu handeln. Ja, Gehorsam zu sein heißt in dem Fall auch mal, seinen Grips anzustrengen. Aber glücklicherweise bewirkt der Heilige Geist in uns auch das Wollen. Das Wollen, Gott gehorsam zu sein. Und gleichzeitig bewirkt der Heilige Geist auch die Erkenntnis, dass Gott es gut mit uns meint. Dass Gott wirklich nur das Beste im Sinn hat. Dass er uns liebt. Dich und mich. Das heißt natürlich auch, dass wir manchmal die Konsequenzen unserer eigenen Verfehlungen erleiden. Das ist dann nicht Strafe, sondern einfach nur logische Konsequenz.

Jesus war für uns „gehorsam“

Gehorsam zu sein heißt aber auch, Gott und seinem Wort zu vertrauen. Gottes Handeln zu vertrauen – sowohl jetzt, als auch das, was bereits längst geschehen ist. Und Gottes krassestes Handeln war und ist, dass Jesus Mensch wurde, diese „Ursünde“ des Ungehorsams (und auch den ganzen anderen Mist) für uns auf sich genommen und überwunden hat, dass er für uns gehorsam war, diesen ganzen Ballast mit ins Grab genommen hat und wieder auferstanden ist. Er hat Vergebung erwirkt. Dir ist vergeben. Mir ist vergeben.
In Jesus, durch seine Vergebung, kann ich ein neuer Mensch sein – bin ich ein neuer Mensch. Der Heilige Geist flüstert es in mir – mir ist vergeben. Manchmal muss er das auch brüllen, weil ich es nicht annehmen kann. Und genau hier heißt es gehorsam zu sein. Gehorsam in der Annahme der Vergebung. Wenn ich mir selbst, aber auch anderen nicht vergeben kann, stelle ich mich damit über Gott, weil ich mich selbst dann automatisch für gerechter als Gott erkläre. Die Vergebung in und durch Jesus ist das Fundament für alles weitere und für jeglichen weiteren Gehorsam.

Denn mein Gehorsam Gott gegenüber in meinem Lebenswandel bewirkt nicht die Vergebung. Vergebung ist bereits geschehen. Aber mit meinem Gehorsam Gott gegenüber in meiner Lebensführung, ehre ich Gott, drücke mein Vertrauen ihm gegenüber aus und vermeide damit auch Fehler, die Gott als Vater uns Kinder lieber nicht erleben lassen will – eben weil sie vermeidbar sind.

Befreiung pur

Gehorsam Gott gegenüber ist nicht einengend, sondern befreiend. In jeder Hinsicht. Die Erkenntnis, dass mir vergeben ist, ist Befreiung pur. Das nimmt eine unglaubliche Last. Die Last der Selbstbeschuldigung und auch des Selbsthasses (der sich im ungünstigsten Fall auch im Hass auf andere äußert – aber das ist ein anderes Gebiet). Vergebung befreit zum Vergeben. Und das nimmt die Last der Wut und der Schuldzuweisung. Es lässt einen aus der Opfermentalität entrinnen, da der Heilige Geist einem zeigt, dass unser Gegenüber auch nur ein vergebungsbedürftiger Mensch ist. Und Gehorsam in der Lebensführung befreit einen von blöden Konsequenzen seiner eigenen überheblichen Dummheit, es besser wissen zu wollen als Gott und nicht aus den Fehlern anderer zu lernen, selbst wenn sie vor 3000 Jahren schon denselben Fehler gemacht haben und auch die gleichen Konsequenzen erleiden mussten.

Natürlich heißt das auch, dass man mal nicht alles machen kann, worauf man gerade Bock hat. Dass man eben nicht jedem Gefühl und jeder Laune nachjagt, sondern dass man auch mal seinen gottgegebenen Verstand anstrengen muss. Aber auch das ist sehr befreiend. Und das kann im besten Fall nicht nur das eigene Leben schützen, sondern auch das der anderen.

„Danke, dass ich nicht alles darf.“

Wir sind also oftmals im Gehorsam nicht anders als ein Kleinkind. Man versteht zwar, dass man manche Dinge nicht darf, und dass manches eigentlich anders ist, als man es empfindet. Auch wenn uns das traurig und manchmal auch echt bockig machen kann. Aber glücklicherweise können wir weiterdenken und uns hinterfragen und Zusammenhänge erkennen und auch darauf reagieren.

Und da lohnt es sich, sich selbst zurückzunehmen und zu sagen: Danke Gott, dass du mir vergeben hast. Und danke, dass ich nicht alles darf. Hilf mir, dass ich in beiderlei Hinsicht die Freiheit verstehe und erfahre, die du mir darin gibst. Amen.