Eines Morgens ging ich mit meinem Sohn Kaleb draußen im Regen spazieren. Ich hatte einen Regenschirm und Kaleb war in der Babytrage mit einem zusätzlichen Regenschutz. Der Regen wurde immer stärker und ich war wirklich dankbar für den Regenschirm und auch für den Regenschutz von Kaleb. Da sah ich einen Obdachlosen, der schnell Unterschlupf bei einem Spielplatz suchte. Er tat mir leid. Wie gut, dass ich einen Regenschirm hatte.

„Ich hatte ein schlechtes Gewissen“

Ich hatte plötzlich eine Art Karikatur vor Augen – zwei Menschen auf einer Bank im Regen, einer wird nass, der andere hat einen Regenschirm und dankt Gott für den Regenschirm, während der andere nass im Regen sitzt. Zusätzlich hatte ich den starken inneren Drang, dem Obdachlosen den Regenschirm zu schenken.

Dieser extrem starke Impuls konnte nur von Jesus kommen, also fing ich an nach Ausreden zu suchen. Letztendlich gab es aber keine Ausrede, denn Kaleb wäre auch ohne Regenschirm trocken geblieben. Ich gab nach und schlenderte Richtung Spielplatz, wo der Obdachlose sich vor dem Regen schützte. Der Regen war nicht mehr so stark und Kaleb war gerade eingeschlafen. Ich wollte Kaleb durch ein Gespräch nicht aufwecken, also bog ich wieder ab. Gleichzeitig sah ich, wie der Obdachlose aus seinem Unterschlupf kam und weiterging. Ich hatte ein schlechtes Gewissen.
Eine Woche vorher habe ich noch gebetet, dass ich gehorsam sein will und Gehorsam lernen möchte. Und nun hat sich eine Gelegenheit geboten und ich habe es nicht einmal geschafft, dem Impuls zu folgen meinen Regenschirm zu verschenken.

Ich entschuldigte mich bei Jesus und ging weiter. Und siehe da, der Obdachlose saß auf einer Bank unter einem Baum. Ich ging auf ihn zu und fragte, ob ich ihm meinen Regenschirm schenken dürfe. Erfreut und freundlich antwortete er: „Ach wo, ich brauche keinen Regenschirm, außerdem darf das Baby doch nicht nass werden.“ Damit habe ich nicht gerechnet. Ich wollte ihm den Regenschirm ja auch nicht aufquatschen, damit hätte ich seine Würde und Autorität verletzt. Also fragte ich Jesus auf dem Nachhauseweg, was das denn sollte.

„Gehorsam zu sein heißt nicht automatisch erfolgreich zu sein.“

Es kam mir in den Sinn, dass ich ja Gehorsam lernen wollte. Und Gehorsam setzt eine gehorsame Grundhaltung voraus.
Mir kamen einige Menschen der Bibel in den Sinn, die gehorsam waren und trotzdem nicht erfolgreich. Im Extremfall führt Gehorsam zum Märtyrertod. Der Apostel Paulus kannte alle Seiten des Gehorsams. Mal war er aufgrund seines Gehorsams arm, in anderen Zeiten wiederum nicht. Letztendlich starb er gehorsam.

Doch bei meinem Regenschirm ging es nicht um Leben und Tod, sondern um eine Übungslektion. Wenn ich nicht gehorsam bin, meinen Regenschirm zu verschenken, werde ich auch nicht in größeren Dingen gehorsam sein. Es ging darum, an meiner Grundhaltung zu arbeiten. Und außerdem wurde mir klar, dass Gehorsam nicht immer zu Situationen führt, die man sich so oder so ausgemalt hat. Gehorsam zu sein heißt nicht automatisch erfolgreich zu sein. Jedenfalls laut unserer Definition des Erfolgs. Gehorsamsschritte zu gehen heißt nicht, dass unsere Vorhaben im Gehorsam unbedingt gelingen werden. Aber Gottes Vorhaben werden dadurch erfüllt werden, auch wenn dies manchmal anders aussieht, als wir es uns vorstellen. Wenn wir gehorsam einen bestimmten Schritt oder Weg gehen, dieser aber anders verläuft, als wir uns dachten, oder der „segensreiche“ Erfolg nicht zu sehen ist, heißt das nicht, dass wir falsch abgebogen sind. Das heißt vielleicht eher, dass wir unsere Perspektive von Gottes Perspektive auf die Dinge verändern lassen sollten.

Dass der Obdachlose meinen Regenschirm nicht wollte, heißt nicht, dass der Impuls, ihm den Regenschirm zu schenken, falsch war. Ich bin durchaus verändert aus dieser Situation herausgegangen. Und das ist nur ein kleines Beispiel, das aber überaus lehrreich für das Leben ist. Ich bin gespannt, was für Übungen Gott noch so mit mir vor hat und ich bin auch gespannt, was für Gehorsamsübungen du schon erfahren hast, oder was du noch erfahren wirst. Eins steht fest. Gott lässt dich dabei nicht unbeaufsichtigt – er ist immer bei dir.